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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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Prüfer hat, wenn er zur Nachprüfung muss.

26. Zwei Zimmer mit Bad

3. Juli 1978
    Sind wieder nach Siegburg gezogen. Seit dem Umzug geht mir eine Frage nicht mehr aus dem Kopf: Wie sieht die Wohnung von James Bond aus? In keinem Film sieht man, wo er lebt. Geschweige denn, dass er mal sein Zimmer aufräumt. Ein richtiger Mann räumt sein Zimmer nicht auf. Ein richtiger Mann wohnt auch nicht mehr bei seinen Eltern. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass James Bond von seiner Mama eine Kopfnuss bekommt, wenn er vergessen hat, den Müll rauszubringen. Fasse einen Entschluss. Ich werde Mama sagen, dass ich eine eigene Wohnung will. James Bond hat mit achtzehn auch nicht mehr zuhause gewohnt. Sie wird sich sträuben. Klar. Es wird einen harten Kampf geben. Logisch. Aber ich bin ein Mann. Und ich werde mich gegen Mama durchsetzen!
4. Juli 1978
    Bin am Boden zerstört! Mama hat einfach ja gesagt. Wie kann sie ihren Sohn nur so verstoßen? Nachts weine ich heimlich.
5. Juli 1978
    Habe mich etwas beruhigt. James Bond weint bestimmt auch nicht, wenn er umzieht. Und Mama ist ja auch nicht aus der Welt. Am besten wäre natürlich eine Wohnung im selben Haus. Schon wegen des Mittagessens. Aber Mama hat schon im Haus herumerzählt, dass ich ausziehen möchte. Für die anderen Mieter ein Grund mehr, hier wohnen zu bleiben. Muss mich also anderweitig umsehen und kaufe mir eine Zeitung.
6. Juli 1978
    2 Z, KDB, Court., Abst., vg. g. Chiffre 489635. Wohnungen lassen sich wahrscheinlich am besten durch diese Art Geheimcode vermieten. Sympathisch! Bondstyle! Schreibe zurück, dass ich Markus Maria Profitlich heiße, sehr interessiert bin, wie teuer die Wohnung sei und in welcher Straße sie liegt. Natürlich nicht im Klartext. Sondern in der Sprache der Makler: MMP s. i.! W. t.? W. S.?
9. Juli 1978
    Immer noch keine Nachricht vom Makler. Mama fragt, ob sie meinen Brief mal lesen kann. Sie lacht und schreibt für mich einen neuen Brief. Sie kann mich wohl nicht schnell genug loswerden!
11. Juli 1978
    Mamas Brief hat funktioniert. Ich habe einen Besichtigungstermin. Einen BT! Die Wohnung liegt in der Innenstadt, im zweiten Stock eines Neubaus. Ungefähr zehn Leute stehen vor der Haustür. Alle haben sich schick gemacht. Ich auch. Habe meine Schlaghose mit dem weitesten Schlag angezogen. Erhoffe mir dadurch Vorteile bei den Verhandlungen. Die anderen Bewerber mustern mich misstrauisch, bis der Makler kommt und uns die Wohnung zeigt. Sie ist okay. Nicht so schön wie bei Mama, aberokay. Das Einzige, was mich stört, ist die Küche. Wozu braucht ein Mann eine Küche? Ich frage den Makler, ob er nicht eine Wohnung ohne Küche hätte, aber mit einem Zimmer mehr. Der Makler versteht nicht. Ich wiederhole meine Frage im Maklercode und sage »3ZDB, nicht 2ZKDB«. Zur Antwort gibt er mir einen Fragebogen. Selbstauskunft. Was hat ein Mann schon über sich zu sagen? Ich setze mich in die K an einen T und schreibe. Dass ich gern laut Musik höre und Feten feiere. Mich für FKK interessiere und mir ein Motorrad wünsche. Das muss reichen. Als Beruf setze ich »Hilfsarbeiter« ein.
13. Juli 1978
    Die 2ZKDB sind vermietet. Aber nicht an mich. Bin verzweifelt. Nach einer Woche Suche immer noch keine Wohnung! Überlege, in einen Wohnwagen zu ziehen wie Detektiv Rockford. Kann mich jedoch nicht erinnern, Rockford jemals seinen Wohnwagen mit einem Mofa durch die Prärie ziehend gesehen zu haben. Verwerfe den Plan. Werde wohl nie ausziehen ...
14. Juli 1978
    Mama meint, ich soll doch die alte Wohnung meines Bruders übernehmen. Frage mich ernsthaft, was Mama gegen mich hat.
15. Juli 1978
    Denke nach. Die Wohnung meines Bruders wäre ideal. Sie liegt drei Straßen weiter. Im sechsten Stock. Zwei Zimmer! Sie ist billig und hat einen fast neuen, nur acht Jahre alten Teppichboden. Das absolut Beste an der Wohnung aber ist: Sie hat keine Küche!
20. Juli 1978
    Umzug! Habe mir einen großen Hänger geliehen und meine gesamte Habe darauf verstaut. Tisch, Stuhl, einen Flokati, meine LPs, die Anlage, mein Bett, Sweet-Poster, eine Kommode vonOpa mit Marmorplatte, eine Gabel, zwei Teller und einen Bierstiefel aus Glas. Der Bierstiefel ist multifunktional, denn aus ihm kann man auch Tri-Trop trinken. Oder Tee, wenn man krank ist.
    Peter hilft mir beim Umzug. Er hat sich extra ein Auto von seiner Tante geliehen. Einen VW Käfer. Ohne Anhängerkupplung. Wir befestigen den Hänger mit dickem Draht an der Stoßstange des Käfers und fahren los. Dann befestigen wir

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