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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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Trinke aus dem Wasserhahn, bis mein Magen Gluckergeräusche macht, doch meine Blase weigert sich standhaft, jegliche Flüssigkeit aus meinem Verdauungstrakt zu importieren. Bin verzweifelt. Wie soll ich das Vaterland verteidigen, wenn ich im Ernstfall noch nicht mal Pipi in einen Becher machen kann?
    Ein Kollege kommt rein und strullt innerhalb einer Millisekunde seinen ganzen Becher voll. Bin neidisch. Gegen seinen Wasserstrahl sind die Niagarafälle ein Tropfen Tau. Frage ihn, ob er mir was abgeben könnte. Der Kollege guckt komisch und lässt seine Fontäne kurz in meinen Becher prasseln. Draußen gebe ich stolz meinen vollen Becher ab. Der Arzt wirft einen kurzen Blick auf den Inhalt und kippt den Becher dann in denAusguss. Das kostbare Nass! Fühle mich wie ein Verdurstender, vor dessen Augen gerade eine Flasche Wasser in den Wüstensand geschüttet wird. Dann bekomm ich das Ergebnis. T2 tauglich. Der Tauglichkeitsgrad reicht von T1 (voll verwendungsfähig) bis T5 (nicht wehrdienstfähig). T4 (vorübergehend nicht wehrdienstfähig) betrifft wahrscheinlich diejenigen, die ohne Beine bei der Musterung erscheinen.
4. Dezember 1979
    Einberufung. Die Logistik der Bundeswehr ist darauf eingestellt, ihren Soldaten einen möglichst heimatnahen Dienst zu ermöglichen. Das ist gut für mich, denn in Siegburg gibt es die Brückberg-Kaserne, keine fünf Minuten zu Fuß von mir entfernt. Die Logistik scheint in meinem Fall aber nicht richtig funktioniert zu haben, denn ich muss in die Oberschwaben-Kaserne. Die liegt in Mengen, in der Nähe des Bodensees. Füge mich. Wahrscheinlich bin ich ein Einzelschicksal.
5. Dezember 1979
    Ankunft in der Oberschwaben-Kaserne. Lerne meine Kameraden kennen. Keiner kommt aus der näheren Umgebung. Doch kein Einzelschicksal.
5. Januar 1980
    Bis jetzt viel gelernt in der Grundausbildung. Das Wichtigste für die Verteidigung des Vaterlandes ist offensichtlich ein aufgeräumter Spind. Ich bin sicher: Wenn der Feind kommt und sieht, wie aufgeräumt unsere Spinde sind, wird er vor Neid sofort das Handtuch werfen und sich kampflos ergeben.
    Die zweite wichtige Voraussetzung für einen erfolgreich geführten Kampfeinsatz scheint das Strammstehen zu sein. Find ich gut, denn darin hab ich Übung. Aus meiner Zeit als Vermessungstechniker. Stillstehen kann keiner so gut wie ich.
6. Januar 1980
    Bei den Schießübungen zielen wir auf Pappkameraden. Die stehen auch super stramm, und deswegen kann man sie auch gut treffen. Wahrscheinlich schickt die Bundeswehr vor lauter Personalmangel im Ernstfall auch Pappkameraden an die Front, und die Strammsteherei dient nur dazu, dem Feind die Unterscheidung zwischen Pappkamerad und echtem Soldaten nicht so leicht zu machen. Ganz schön pfiffig, die Bundeswehr.
15. Januar 1980
    Damit ich auch mal was Sinnvolleres tue als Spind aufräumen, hat sich die Bundeswehr entschlossen, mich zum Rettungssanitäter zu machen. Komme in die Sanitätsschule der Luftwaffe nach Klingholz. Das liegt bei Würzburg. Auch hier treffe ich keinen, der aus dem Umland kommt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Dialekte meiner Kameraden ist die Verständigung teilweise schwierig. Einer spricht sogar nur portugiesisch. Wahrscheinlich auch ein Opfer der Bundeswehrlogistik. Die Sanitätsschule in Klingholz hat zwar eine eigene Postleitzahl, nicht aber ein Militärkrankenhaus. Das befindet sich in Koblenz. Gut für mich, denn Koblenz ist nur knapp siebzig Kilometer entfernt von Siegburg. Freue mich auf meinen Praktikumseinsatz im heimatnahen Koblenz.
2. März 1980
    Versetzung in meine Stammeinheit nach Heide in die Wulf-Isebrand-Kaserne. Heide liegt in Schleswig-Holstein. Man kann sagen, was man will, aber beim Bund lernt man Deutschland kennen. In Heide gibt es kein Militärkrankenhaus. Also mach ich mein Praktikum in einem Zivilkrankenhaus. Verlebe eine schöne Zeit und lerne im Krankenhaus Angela kennen. Sie macht auch ein Praktikum, kommt aber im Gegensatz zu mir aus der Gegend. Damit die junge Liebe nach Ablauf des Praktikums nichtauseinandergerissen wird, beantrage ich, anschließend nach Siegburg versetzt zu werden. Auf die Logistik der Bundeswehr ist Verlass, denn es klappt! Ich bleibe in Heide.
4. Juni 1980
    Neben dem Spind scheint noch eine zweite wichtige Säule die Kampfkraft der Bundeswehr zu stützen: das
     Bett. Denn am Morgen gibt mir mein Leutnant den Schlüssel zum Bettenlager und erteilt mir den Befehl zur Inspektion und Kontrolle desselben. Zähle
     pflichtbewusst die Betten

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