Stehaufmaennchen
Nummer drucken zu lassen.
30. Juli 1981
Schleppe mich müde zur Arbeit. Die ganze Nacht kein Auge zugetan wegen der Juckerei. Als ich abends nachhause komme, begrüßen mich Willi und die komplette sechste Armee der Flöhe. Setze mich an den Tisch. Abendessen. Willi labt sich an meiner Leberwurst, die Flöhe an meinem Blut, ich mich an Superpremium.
31. Juli 1981
Setze Chemie ein. Gegen die Flöhe. Aber wohl auch ein bisschen gegen Willi, denn prompt kotzt er mir auf den Teppich. Um frische Luft zu schnappen, gehen wir raus. Frage im Supermarkt, ob ich die restlichen neun Dosen Hundefutter gegen Leberwurst umtauschen kann. Nein, die Lebensmittelverordnung würde das nicht gestatten. Wenn es was anderes wäre, Babynahrung oder so, da würde man schon mal ein Auge zudrücken. Toll!Hundefutter wird in Deutschland besser geschützt als Babynahrung. Kaufe meine Leberwurst und nehme entrüstet die Dosen wieder mit.
Draußen kriege ich Streit mit einer jungen Frau in Latzhose, die sich empört über Willis Kette äußert. (Damit er sich nicht wieder losreißen kann, um seinen sexuellen Eskapaden nachzugehen, hab ich seine Leine gegen eine stabile Kette getauscht.) Das sei Tierquälerei. Und ich soll mir die arme Kreatur doch mal ansehen. Die arme Kreatur guckt in dem Moment sehr gequält und lässt in perfektem Timing einen Heulton los. Weitere Passanten bleiben stehen und beschimpfen mich. Um meine Tierliebe öffentlich zu dokumentieren, gebe ich Willi meinen kompletten neu erworbenen Leberwurstvorrat. Für mich hab ich ja noch die neun Dosen Superpremium.
1. August 1981
Willi hat endlich kapiert, dass der Eingangsbereich vor unserer Haustür nicht der geeignete Ort für sein großes Geschäft ist, und sich eine andere Stelle ausgesucht. Den Europaplatz. Viel befahren. Mit einer Fußgängerampel, deren Grünphase vielleicht dreißig Sekunden dauert. Genug Zeit für einen durchschnittlich schnellen Fußgänger, die Straße zu überqueren. Nicht genug Zeit für Willis Verdauungsvorgang. Mitten auf der Kreuzung setzt er sich hin und startet seinen Giftgasangriff auf die Bevölkerung Siegburgs. Versuche, ihn wegzuziehen, doch Willi entwickelt ungeheure Kräfte (Leberwurst macht stark). Die ersten Autofahrer hupen. Willi ignoriert die Huperei und presst, was das Zeug hält. Mein Gott, will der hier ein Kind kriegen? Aus Not und damit ich nicht von einem wütenden Autofahrer überrollt werde versetze ich Willi verzweifelt einen Tritt in den Hintern. Eine Übersprungshandlung, die ich augenblicklich zutiefst bereue, als mein Blick auf meine vormals hellen Wildlederschuhe fällt. Nicht genug, registriere ich jetzt die Latzhosenfrau von gestern,die erzürnt zusammen mit einem Polizisten auf mich zustürmt. Willis Gespür für Timing könnte nicht besser sein. Gekonnt lässt er einen herzzerreißenden Heulton los. Könnte auch heulen, denn ich bekomme eine Anzeige wegen Verkehrsbehinderung und Tierquälerei.
3. August 1981
Willi ist wieder bei Mona. Bin erleichtert. Trotzdem fühl ich mich irgendwie leer. Kann es sein, dass ich Willi vermisse? Denke nach. Eigentlich waren wir uns gar nicht so unähnlich. Von den Interessen jetzt. Sex ... Leberwurst ... Und Haare fallen mir auch aus. Fühle mich einsam. Selbst Willis Flöhe haben mich verlassen. Meine Wohnung kommt mir plötzlich kalt vor. Um eine behaglichere Atmosphäre zu schaffen, öffne ich eine Dose Superpremium. Ich schließe das Fenster, damit sich der Duft des Hundefutters nicht so schnell verflüchtigt, und verteile ein paar Haare in meinem Bett. Besser.
Morgen werde ich Willi einen Besuch abstatten.
30. Kamasutra
16. Februar 1982
Manuela meint, sie hätte mit ihrer Freundin Helga ein interessantes Gespräch über die Rolle der modernen Frau in der Sexualität geführt. Mir wird mulmig. Eilig schlage ich vor, sie heute Abend zum Essen auszuführen. Sie darf sogar aussuchen, ob griechische Grillplatte oder jugoslawische. Der Trick funktioniert nicht. Manuela bleibt beim Thema. Komisch ... bei mir hätte der Trick mit der Essenseinladung funktioniert. Manuela meint, mit unserer Sexualität sei es genauso wie mit der Grillplatte. Wenig variantenreich. Und sie ist genau wie Helga der Meinung, dass ich mehr Abwechslung in unser Liebesleben bringen soll. Willige ein und schlage übermütig vor, sie könnte ja zur Abwechslung mal abends eine Freundin mitbringen, solange es nicht Helga ist. Prompt kriegen wir Streit.
17. Februar 1982
Problemgespräch mit Manuela. Sie
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