Stehaufmaennchen
frischem Nachschub zu befüllen, entscheide mich aber dagegen. Als Kind musste ich auch immer aufessen. Gehen Gassi. Willi platziert sein Häufchen erneut direkt vor der Haustür.
23. Juli 1981
Der Napf fängt an, unerträglich zu stinken. Das Fenster öffnen darf ich nicht, denn Willi ist laut Mona ausgesprochenzugempfindlich an den Augen. Wohl ein Merkmal seiner Rasse. Welcher Rasse? Seegurke oder Wildschwein?
24. Juli 1981
Obwohl ich mit Willi jeden Tag denselben Weg gehe, hört er nicht auf, sein Gebiet weiter zu markieren. Willi muss ein ausgesprochenes Kurzzeitgedächtnis haben. Dagegen spricht allerdings, dass er sich vor unserer Haustür immer zuverlässig an sein großes Geschäft erinnert.
25. Juli 1981
Ändere die Route und gehe mit Willi an der Sieg entlang. Lasse ihn von der Leine, in der Hoffnung, dass Willi sein großes Geschäft mal in der freien Natur verrichtet und nicht auf den letzen Drücker vor unserer Haustür. Irgendwie kann ich ihn verstehen. Ich selber könnte bestimmt auch nicht, wenn ich eine Leine um den Hals hätte und mir jemand dabei zusieht. Begeistert stürmt Willi los und ist verschwunden. Suche fast eine halbe Stunde, bis ich ein mir bekanntes Geräusch höre. Willi hat sich seines Testosterons erinnert und beglückt gerade ein Dackelweibchen. Daneben steht ein kleines Mädchen, das mit großen Augen und offenem Mund Willis Treiben zuschaut. Entziehe mich der Antwort auf ihre Frage, was denn Willi da gerade mit ihrem Dackel anstellt, indem ich mich auf die Suche nach einem Eimer Wasser begebe. Nachdem Willi seine Dusche bekommen hat, entschuldige ich mich und gebe dem Mädchen zur Sicherheit Monas Telefonnummer. Leine Willi wieder an und gehe nach Hause.
Willi markiert wie bekloppt sein Revier. Häufchen vor der Tür.
26. Juli 1981
Koche abends Gulasch, als Mona anruft. Ob mit Willi alles in Ordnung ist und er auch gut frisst. Ja klar, alles super ... Lege auf und denke an Willis Napf, dessen Inhalt mittlerweileanfängt, die ersten sozialen Strukturen zu bilden. Gehe in die Küche und stelle fest, dass Willi tatsächlich gut gefressen hat. Mein Gulasch. Da ich großen Hunger habe und mein Kühlschrank leer ist, probier ich eine Gabel Superpremium. Gar nicht so schlecht. Willi sieht mich an und knurrt. Toll! Habe ich geknurrt, als er mein Gulasch gefressen hat?
Nachts stehe ich heimlich auf und probiere noch eine Gabel. Morgen wird mein Fell bestimmt schön glänzen.
27. Juli 1981
Die Nachbarn beschweren sich wegen des Geruchs vor der Haustür. Entferne Willis Hinterlassenschaften zwar immer, aber in seinem Verdauungstrakt muss eine einzigartige chemische Reaktion dafür sorgen, dass selbst winzigste Spurenelemente seiner Häufchen stinken wie ein Öltanker voller Schweinejauche.
28. Juli 1981
Mundhygiene ist nicht Willis Sache. Das muss ich feststellen, als ich morgens im Bett neben Willi aufwache und er mich freudig anhechelt. Das Vieh muss sich wohl nachts zum Kuscheln in mein Bett geschlichen haben. Schmeiße ihn aus dem Bett und entferne eine Tonne Haare, die einem Hund nachts offensichtlich meterweise aus der Haut sprießen. Prüfe genau, ob ich ein Haar übersehen habe. Entdecke nichts. Dafür entdecke ich einen Floh. Danke, Willi! Drücke den Floh fest mit dem Daumen auf die Matratze. Der Chitinpanzer eines Flohs ist auf solche Attacken ausgerichtet, denn als ich nachsehen will, ob der Floh sein Leben ausgehaucht hat, springt er los und besucht seine Kumpels, die auf dem Teppich auf ihn warten. Mache mich mit meinen Holz-Clogs auf die Jagd, bis es von unten heftig an die Decke klopft. Vertage meinen Vernichtungsfeldzug bis nach dem Frühstück und schaue in Willis Gesicht. Irgendeine graue Massetropft aus seinem Mund. Betrachte sie mir genauer. Vielleicht ist Willi ja krank und muss ins Tierheim! Ein kurzer Impuls der Freude durchfährt mich, doch dann nehme ich den Geruch von Leberwurst wahr. Renne in die Küche. Der Kühlschrank ist offen. Willi ist ganz schön ausgebufft.
29. Juli 1981
Jucken an den Waden. An meinen. Nicht an denen von Willi. Die Flöhe haben Willi nur als Flugzeugträger benutzt, um meine Wohnung zu besetzen. Gehe mit Willi in die Zoohandlung und frage nach Flohpulver. Für mich? Ähm, nein ... für einen Hund ... Kratze mich an der Wade und zeige nach draußen, wo ich Willi angebunden habe. Willi ist weg. Höre draußen Schreie. Diesmal beglückt Willi eine Zwergpudeldame. Gebe Monas Telefonnummer weiter. Überlege mir, Visitenkarten mit ihrer
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