Stehaufmaennchen
einem normalen Knochenbau so was hinbekommt. Arbeite mich ein und lerne Begriffe wie »Die querstehende Laute«, »Das schwebende Erdbeben« und »Vollmond«. Die in Indien scheinen viel Phantasie zu haben.
25. Februar 1982
Manuela und ich versuchen uns an der Stellung »Vollmond«. Nach zwei Stunden dürfen wir uns das erste Mal berühren. An den Ellbogen. Die in Indien scheinen auch viel Zeit zu haben. Aber Geduld zahlt sich aus. Und dann klappt es! Nach weiteren zwei Stunden sieht mein Gesicht tatsächlich aus wie ein Vollmond. Vor Anstrengung. Manuela scheint zufrieden zu sein.
26. Februar 1982
»Der gespaltene Bambus«. Wenn wir es unter acht Stunden schaffen, kann man vielleicht noch »Der eingeschlagene Nagel« hinterherschieben.
27. Februar 1982
Habe zwei Kilo abgenommen. Jetzt weiß ich, wieso die in Indien alle so dünn sind. Manuelas Laune hat sich gebessert.
1. März 1982
Bin zum Leistungssportler geworden. Der Ironman Hawaii ist ein Witz gegen eine indische Nacht mit Manuela. Heute wollen wir »Der eingetriebene Pflock« versuchen.
2. März 1982
Morgens in der Notambulanz. Der eingetriebene Pflock war zu viel für mich. Der Arzt betrachtet skeptisch die physischen Auswirkungen meiner Überdosis indischer Literatur und diagnostiziert einen Penisbruch. Muss an die Skihasen denken. Bei Max Hammer hätte man sich höchstens einen Knöchel verstaucht und wäre von sexy Krankenschwestern versorgt worden. Im Kamasutra kommen keine sexy Krankenschwestern vor. Im Krankenhaus Siegburg übrigens auch nicht. Muss eine Woche hierbleiben. Ich bitte Manuela, niemandem von meiner Schmach zu erzählen.
3. März 1982
Manuela hat niemandem was erzählt. Außer Helga natürlich. Und das Nachrichtenverbreitungssystem Helga funktioniert perfekt. Die Frau wäre bei Reuters bestens aufgehoben. Schon am Vormittag kommt Peter mit seinen Kumpels ins Krankenhaus. Alle grinsen und fragen mich, ob sie ihren Namen auf meinen Gips schreiben dürfen. Und ob sie ihn auf Deutsch oder Indisch schreiben sollen. Dann lachen sie laut und gehen.
Am Nachmittag erscheint die halbe Stadt. Niemand will sich die medizinische Sensation entgehen lassen. Einige Besucher trösten mich, aber alle machen denselben blöden Witz mit dem Namen auf dem Gips. Frage mich, ob heute Abend im Ersten ein Brennpunkt über mich und meinen Penisbruch läuft.
Am Abend kommt Manuela. Sie ist traurig. Nicht wegen meiner Verletzung, sondern wegen der medizinisch verordneten sechswöchigen Abstinenz. Wo ich doch gerade auf den Geschmack gekommen bin. Heuchele Betroffenheit. Mit Erfolg. Manuela kriegt Mitleid mit mir.
4. März 1982
Manuela hat wohl sehr viel Mitleid mit mir, denn am Nachmittag besucht sie mich wieder. Mit einer Überraschung. Zur Belohnung für meine Kamasutrabemühungen möchte sie nach den sechs Wochen Abstinenz mit mir in Urlaub fahren. Nach Indien. Hurra.
31. Happy Birthday
24. März 1983
Bin deprimiert. Eben mit Uschi gestritten. Es ging um Rechthaberei und dass ich immer Recht haben wolle und ein Dickkopf sei. Ich sagte, dass würde nicht stimmen, sie hätte Unrecht. Uschi sah mich scharf an:
»Da! Schon wieder! Schon wieder hast du Recht!«
Dachte einen Moment nach.
»Okay! DU hast Recht!«
»Das sagst du doch nur, damit du Recht behältst in deiner Aussage, du wärst kein Rechthaber!«
»Ähm ... okay. Dann hab ICH eben Recht!«
»Sag ich doch! Du bist und bleibst ein Rechthaber!«
So ging es hin und her. Schließlich haben wir uns regelrecht angeschrien. Irgendwann ist Uschi dann erbost abgerauscht. Habe das kommen sehen. Und ich hatte Recht mit meiner Voraussage.
25. März 1983
Wache um neun auf. Bin schlecht drauf. Heute ist mein Geburtstag. Bestimmt wird Uschi ihn vergessen. Das Telefon läutet. Will abheben, doch irgendwas lässt mich zögern. Was ist, wenn es Uschi ist, die natürlich nicht anruft, weil heute mein Geburtstag ist, sondern weil sie ihren Lippenstift liegengelassen hat? Das wäre mal wieder typisch für sie! Soll sie sich doch einen neuen kaufen und mir nicht damit auf den Sack gehen! Schon gar nicht an meinem Geburtstag! Starre böse dasTelefon an, bis es aufhört zu klingeln. Die Runde geht an mich!
Stehe gerade unter der Dusche, als das Telefon wieder läutet. Wahrscheinlich wieder Uschi. Scheint ihren Lippenstift wohl sehr zu vermissen. Will es klingeln lassen, als mir einfällt, dass es ja auch jemand anderes sein könnte. Jemand, der mir gratulieren möchte. Renne zum Telefon und rutsche mit den nassen
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