Steife Prise
Stoß getan hatte, ehe er hüstelte und sagte: »Sehr gut, Kommandeur, und nach allem, was ich mitbekommen habe, ist Ihre Ladyschaft wegen der Sache mit dem Goblin sehr verstimmt. Diese Vermutung drängte sich auf, nachdem ich ihr vor einiger Zeit draußen auf dem Flur begegnet bin und sie sich einer Ausdrucksweise bediente, wie ich sie seit dem Ableben meiner Mutter, Gott sei ihrer Seele gnädig, falls sie jemals irgendwo auftaucht, nicht mehr von den Lippen einer Frau vernommen habe. Aah, auch das ein hervorragender Stoß, Herr Kommandeur.«
Mumm legte den Queue beiseite. »Ich will sie alle kriegen, Willikins. Es reicht nicht, einen der kleinen Fische hier aus der Gegend einzubuchten.«
»Allerdings, Herr Kommandeur. Es geht immer darum, die schwarze Kugel einzulochen.«
Mumm sah von seinem feurigen Getränk auf. »Wie ich sehe, spielst du auch nicht zum ersten Mal, Willikins. Hast du mal Pelvis Willems spielen sehen? Ein auf seine Art sehr religiöser Mann, wohnte mit seiner Schwester irgendwo in Henne-und-Küken – aber der konnte spielen, wie ich vorher und nachher nie wieder jemanden habe spielen sehen. Ich schwöre, der ließ den Ball vom Tisch springen, am Rand entlangrollen und dann genau dort wieder aufs Tuch springen, wo er ihn hinhaben wollte, nämlich direkt und sauber in die Tasche.« Mumm grunzte selbstzufrieden und fuhr fort: »Natürlich hieß es immer, das sei geschummelt, aber er stand nur da, als könnte er kein Wässerchen trüben, und wiederholte: ›Die Kugel ist drin.‹ Um die Wahrheit zu sagen, ist er wohl nur deshalb nie verprügelt worden, weil es ein Hochgenuss war, dem Mann zuzusehen. Einmal hat er eine Kugel versenkt, indem er sie an der Lampe und an einem Bierglas abprallen ließ. Aber, wie gesagt, die Kugel war drin.« Mumm entspannte sich. »Leider herrschen im wahren Leben wesentlich strengere Regeln.«
»Allerdings, Kommandeur«, sagte Willikins. »Dort, wo ich gespielt habe, gab es nur eine Regel: Wenn du deinem Gegner mit deinem Queue eins überziehst, solltest du sehr schnell rennen können. Ihre Ladyschaft hat mir zu verstehen gegeben, dass Ihr heute Nacht meine Dienste in Anspruch nehmen möchtet?«
»Ja, bitte. Wir fahren in ein Dorf namens Niednagel, ungefähr zwanzig Meilen flussaufwärts.«
Willikins nickte. »Sehr wohl, Herr Kommandeur, der Sitz der Familie Niednagel und ganz besonders von Oberrichter Niednagel, der sich bekanntermaßen etwas darauf einbildete, niemals einen Antrag auf ›nicht schuldig‹ auch nur in Erwägung gezogen zu haben, und zwar deshalb, weil ›alle Verbrecher lügen‹. Obendrein war er, wie es der Zufall wollte, der Hochverehrte Vorsitzende der Wohltätigen Gesellschaft der Seiler und Reepschläger. So einen wie ihn müssen wir hoffentlich nie wieder erleben.«
»Ausgezeichnet, Willikins! Unterwegs machen wir kurz Halt und nehmen unseren eifrigen jungen Dorfpolizisten mit, damit er mal sieht, was korrektes Vorgehen bedeutet. Darauf lege ich allergrößten Wert.«
»Ganz meine Meinung«, erwiderte Willikins, »aber eines solltet Ihr nicht vergessen: Was spielt es am Ende für eine Rolle, solange die Kugel drin ist?«
Frau Aufstrich machte die Tür auf und stieß einen kleinen Schrei aus. Dann schlug sie die Tür wieder zu, machte sie wieder auf, um sich dafür zu entschuldigen, dass sie sie zugeschlagen hatte, schloss sie dann ganz sachte und ließ Mumm draußen auf der Schwelle stehen. Dreißig Sekunden später riss Volker die Tür auf. Er hatte das Nachthemd halb in die Hosen gestopft. »Kommandeur Mumm! Ist was nicht in Ordnung?«, erkundigte er sich und versuchte tapfer, den Rest des Nachthemds auch noch hineinzustopfen.
Mumm rieb lebhaft die Hände aneinander. »Allerdings, Hauptwachtmeister Aufstrich. So gut wie alles. Aber wenigstens etwas davon können wir mit Ihrer Hilfe wieder in Ordnung bringen. Bezüglich des Mordes an dem Goblin-Mädchen verfüge ich über hinreichende Informationen, die die Festnahme zweier Männer zum Zwecke der Befragung rechtfertigen. Da wir uns hier in Ihrem Bezirk befinden, ist es nicht mehr als recht, dass Sie mir bei den Festnahmen behilflich sind.«
Mumm machte einen Schritt in die Diele, damit Willikins’ Gesicht sichtbar wurde, und fuhr fort: »Meinen Diener Willikins kennen Sie bereits. Er hat sich freiwillig bereit erklärt, meine Kutsche zu chauffieren und mich natürlich auch, sollte es erforderlich sein, mit einem sauberen weißen Hemd zu versorgen.«
»Geee-nau«, knurrte Willikins
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