Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
sicherstellen, dass Sie uns nicht überstürzt verlassen«, sagte Mumm und drehte den Schlüssel um. »Setzen Sie sich doch, Herr Steiner. Mit Ihnen wollte ich heute sowieso ein Wörtchen reden.«
    Der Gerichtsdiener ließ sich vorsichtig nieder. Man sah ihm an, dass ihm die ganze Sache höchst unangenehm war. Schützend hielt er eine Schriftrolle mit einem roten Wachssiegel vor sich, eines jener Siegel, die ein Dokument angeblich erst amtlich machten – zumindest wurden diese Dolumente dadurch teuer und schwer zu verstehen, was letztendlich auf dasselbe hinausläuft.
    In diesem Augenblick wurde Mumm klar, dass er während all der Jahre, in denen er sich mit Lord Vetinari hatte auseinandersetzen müssen, in Wirklichkeit seine Meisterklasse absolviert hatte, auch wenn ihm das nicht bewusst gewesen war. Und jetzt war die Zeit gekommen, die Meisterprüfung abzulegen. Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl, lehnte sich lässig an die Rückenlehne, stellte die Finger mit den Spitzen schräg gegeneinander und sah den Gerichtsdiener über die Finger hinweg missbilligend an. Und zwar volle zehn Sekunden – eine Zeitspanne, die ihn jedes Mal, wenn ihm das selbst widerfahren war, zutiefst verunsichert hatte. Genau deshalb würde es auch bei diesem kleinen Schleimscheißer funktionieren.
    Schließlich brach er das Schweigen: »Herr Steiner, vor drei Nächten wurde auf meinem Land ein Mord verübt. Landbesitz hat in dieser Gegend doch etwas zu bedeuten, oder täusche ich mich da, Herr Steiner? Allem Anschein nach wurde der Mord verübt, um meine Person mit dem Verschwinden eines gewissen Jethro Jefferson, des Dorfschmieds, in Verbindung zu bringen. Sie können sich denken, dass ich etwas verärgert war, aber das war noch nichts gegen das Ausmaß von Verärgerung, das mich ergriff, als ich die Bekanntschaft von Wachtmeister Volker Aufstrich machte. Der brave Dorfpolizist ist ein höflicher junger Bursche, stets freundlich zu seiner alten Mutter und so weiter, und doch war dieser Gesetzeshüter der Meinung, er sei einer geheimnisvollen Richterschaft verpflichtet und nicht dem Gesetz. Einer Richterschaft? Wer sind diese Richter? So etwas wie ein ortsansässiges Gremium? Diese Leute scheinen keiner Kontrollbehörde, keinem Kreisrichter und auch sonst niemandem unterstellt zu sein – ich habe noch nicht zu Ende gesprochen!«
    Herr Steiner sank mit grauem Gesicht auf seinen Stuhl zurück. Auch Mumm setzte sich wieder und versuchte tunlichst, Sybils Blick zu meiden, denn es konnte gut sein, dass sie lachte. Sein Gesicht wurde wieder zu einer völlig ausdruckslosen Maske, und Mumm fuhr fort: »Wie ich in Erfahrung gebracht habe, Herr Steiner, gelten Goblins in diesem Bezirk offiziell als Ungeziefer. Ratten sind Ungeziefer, auch Mäuse, und ich glaube, Tauben und Krähen zählen ebenfalls dazu. Aber die spielen nicht Harfe, Herr Steiner, sie stellen keine kunstvoll gestalteten Töpfe her, und, Herr Steiner, sie betteln nicht um Gnade, obwohl ich zugeben muss, dass ich schon gelegentlich gesehen habe, wie eine Maus genau das versucht hat, indem sie ganz niedlich mit der Nase wackelte, was mich tatsächlich dazu gebracht hat, den Hammer wieder sinken zu lassen. Aber ich weiche vom Thema ab. Goblins mögen erbärmliche, unhygienische und schlecht ernährte Kreaturen sein, und in dieser Hinsicht gleichen sie der Mehrzahl der Menschen. Wo wollen Ihre Richter da den Maßstab anlegen, Herr Steiner? Andererseits benutzen wir in Ankh-Morpork überhaupt keinen Maßstab, denn wenn die Goblins Ungeziefer sind, dann sind auch die Armen Ungeziefer, dann sind auch Zwerge Ungeziefer und Trolle ebenfalls. Das Mädchen war kein Ungeziefer – es hat darum gebettelt, nicht sterben zu müssen.«
    Er lehnte sich zurück und wartete, bis Herr Steiner bemerkte, dass er jetzt die Erlaubnis zu sprechen hatte. Als es so weit war, ging der Gerichtssekretär mit der Situation auf wahrhaft gerichtssekretärhafte Art und Weise um: Er ignorierte sie einfach. »Trotzdem, Herr Mumm, befindet Ihr Euch hier außerhalb Eures Zuständigkeitsbereiches, und falls Ihr, wenn ich das bemerken darf, Herrn Wachtmeister Aufstrich ermutigt, in gewisser Hinsicht zu denken und, wenn ich das ebenfalls bemerken darf, sich auf eine Art und Weise zu verhalten, die seiner Karriere nur schlecht bekommen kann –«
    Der Gerichtsdiener wurde energisch von Mumm unterbrochen. »Was denn für eine Karriere? Er hat keine Karriere! Er ist als Polizist hier ganz auf sich allein gestellt, mit

Weitere Kostenlose Bücher