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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Jetzt erblickte sie Mumm und zeigte auf ihn, wobei sie ihr wildes Besenstielgefuchtel kurz unterbrach, um das Ende des Stiels wie einen Holzhammer auf den Fuß eines Mannes niedersausen zu lassen, der einen Schritt in die falsche Richtung gemacht hatte. »Seht ihr den Mann dort? Das ist mir mal ein Gentleman und außerdem ein großartiger Polizist! Man sieht gleich, wer ein richtiger Polizist ist, so wie mein Heiner, mögen die Götter seiner Seele gnädig sein, und wie auch Kommandeur Mumm, denn die haben richtige Dienstmarken, die schon tausend Mal zum Öffnen von Bierflaschen benutzt wurden, würde ich jedenfalls mal so behaupten, und glaubt mir, die Dinger tun ganz schön weh, wenn man man sie tief in die Nase geschoben kriegt. Diese Pappdinger, die ihr Jungs mir hier vors Gesicht haltet, sind doch lächerlich! Noch einen Schritt näher, Jockel Reipolt«, sagte sie zu dem Mann, der ihr am nächsten stand, »und ich ramme dir den Besenstiel ins Ohr, das kannst du mir glauben!«
    Mumm ließ den Blick über den Pöbel schweifen und versuchte dabei, die Hinterhältigen und Gefährlichen von den Unschuldigen und Dummen zu unterscheiden. Gerade als er eine Fliege von seinem Kopf verscheuchen wollte, hörte er ringsum alle erstaunt nach Luft schnappen. Dann sah er den Pfeil auf dem Pflaster liegen und Frau Aufstrich ungläubig auf ihren Besen starren, der in zwei Teilen auseinanderfiel.
    Eigentlich hätte Frau Aufstrich laut schreien müssen, aber da sie es schon sehr lange mit Polizisten zu tun hatte, zeigte sie nur mit rot angelaufenem Gesicht auf den kaputten Besen und sagte etwas, was nur ein altes Muttchen sagen konnte: »Der hat einen halben Dollar gekostet! Besen wachsen schließlich nicht auf Bäumen! Wer bezahlt mir den jetzt!«
    Sofort war das Klimpern von Kleingeld in hektisch durchsuchten Hosentaschen zu hören. Ein Mann riss geistesgegenwärtig den Hut vom Kopf, und schon regnete es Münzen hinein. Da etliche davon in aller Eile gepackte Dollars und halbe Dollars waren, würde sich Frau Aufstrich zweifellos bis an ihr Lebensende mit Besenstielen versorgen können.
    Aber als der Hut seiner Mutter dargeboten wurde, schlug ihn Volker wütend auf den Boden. »Nein! Das ist Bestechung, Mama! Jemand hat auf dich geschossen! Ich habe den Pfeil gesehen, er kam aus dieser Meute heraus, direkt aus ihrer Mitte! Ich möchte, dass du jetzt ins Haus gehst, Mama, denn ich will dich nicht auch noch verlieren, so wie Papa, hast du verstanden? Los, geh sofort ins Haus, Mama, und sobald du die Tür hinter dir zugemacht hast, will ich diesen ehrenwerten Männern hier Manieren beibringen!«
    Volker brannte lichterloh. Wäre eine Kastanie auf seinen Kopf gefallen, sie wäre sofort knisternd aufgeplatzt, und sein Zorn – reiner, rechtschaffener Zorn, der einen Mann auf den Gedanken brachte und ihn auch mit der nötigen Bereitschaft und Ausdauer versorgte, alle anderen ringsum totzuschlagen – brachte die verdutzte Meute sehr schnell von dem Gedanken ab, dass dort mindestens sechs Dollar auf dem Pflaster lagen, die man sich womöglich ungestraft aneignen konnte.
    Mumm sagte kein Wort. Es war nirgendwo Platz für ein zusätzliches Wort. Jedes noch so kleine Wort hätte die Bremse lösen können, die die drohende Vergeltung noch zurückhielt. Volkers Schlagstock seiner Vorväter, den er über die Schulter gelegt hatte, sah aus wie eine Warnung der Götter. In seinen Händen würde sie sich urplötzlich in Tod und Verderben verwandeln. Niemand wagte es davonzurennen, denn zweifellos würde man sich damit als Zielscheibe für das pfeifende Verderben aus Eichenholz empfehlen.
    Jetzt war die Zeit vielleicht gekommen. »Hauptwachtmeister Aufstrich, darf ich Sie kurz sprechen, so von Kollege zu Kollege?«
    Volker sah Mumm mit trübem Blick an, als würde er sich vom anderen Ende des Universums auf ihn konzentrieren müssen. Einer der Männer, die weiter hinten standen, sah die Gelegenheit zum Abhauen gekommen, was dazu führte, dass man hinter der Meute einen dumpfen Schlag hörte, gefolgt von Willikins’ Stimme: »Oh, tut mir leid, Euer Gnaden, aber dieser Herr ist über meine Füße gestolpert. Leider habe ich sehr große Füße.« Um seine Entschuldigung zu bekräftigen, hielt Willikins einen Mann hoch, dessen Nase Ende der kommenden Woche wahrscheinlich schon viel besser aussehen würde.
    Alle Augen richteten sich auf Willikins, nur Mumm war abgelenkt – denn dort, im Hintergrund, ein Stück von der aufgebrachten Meute entfernt,

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