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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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recht komfortabel und vielleicht sogar beträchtlich schneller als normal absitzen können.
    »Vielen Dank, Edi«, sagte er, »ich kümmere mich darum. Bis dahin überlasse ich dich den fähigen Händen von Hauptwachtmeister Aufstrich, dem ein Gefangener so heilig ist wie sein liebes altes Muttchen, glaub mir.« Er zog den Schlüssel aus der Tasche, um die Tür wieder aufzuschließen, hielt jedoch inne, als wäre ihm rein zufällig noch ein wichtiger Punkt eingefallen. »Ein Zwei-Ochsen-Schiff? Fährt das doppelt so schnell?«
    Schon wurde aus Flatter ein ausgemachter Flussschiffexperte: »Eigentlich nicht, aber man kann mehr Fracht ziehen, sogar über Nacht, versteht Ihr? Ein Ein-Ochsen-Schiff muss über Nacht an einer Viehanlegestelle anhalten, damit das Tier etwas fressen und vor Tagesanbruch ein wenig ruhen kann, und das kostet vor Ort natürlich Zeit und Geld.«
    Gefangener hin oder her, Edi präsentierte sich jetzt als selbsternannter Dozent vor dem armen Unwissenden. »Mit zwei Ochsen hingegen, tja, da kann sich der eine ein bisschen ausruhen, während der andere das Schiff weiter vorantreibt. Soweit ich weiß, waren hinter diesem Schiff noch drei oder vier Kähne angehängt, was um diese Jahreszeit nicht zu viel für einen Ochsen flussabwärts ist.« Er schniefte. »Ich wollte mal Ochsenschifflotse werden, aber dann haben diese verdammten Zoons 26 alles an sich gerissen. Ich habe eine Saison auf einem Schiff gearbeitet, ausmisten und füttern, aber da sind mir Truthähne lieber.«
    »Und wie heißt das Schiff?«, erkundigte sich Mumm vorsichtig.
    »Ach, das weiß doch jeder! Es ist das allergrößte hier auf dem Fluss. Jeder kennt die Dicke Ditte! «
    Innere Monologe können sich sehr schnell abspulen, und der in Mumms Kopf ging so: Mal überlegen. Ah ja, da gab es so gut wie sicher mal einen Kapitän, dessen Frau vermutlich auf den Namen Dorothea getauft war. Das ist natürlich viel zu lang, aber er hat das Schiff trotzdem nach ihr benannt, weil er sie sehr liebte. Da haben wir’s schon: Es hat keinen Sinn, länger über dieses Thema nachzugrübeln, denn es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Wörtern und Buchstaben und Silben, die der Zunge zur Verfügung stehen, und wenn man damit nicht klarkommt, braucht man morgens gar nicht erst aufzustehen.
    Und nachdem er sein Gehirn wieder sortiert hatte, lockerte er die Klammern an seinem dümmlich-verlegenen Gesichtsausdruck und sagte: »Vielen Dank für deine Mitarbeit, Edi, aber wenn du uns das früher gesagt hättest, hätten wir dieses verflixte Schiff vielleicht noch einholen können!«
    Flatter sah ihn verwundert an. »Die Ditte einholen? Aber das schafft sogar ein Einbeiniger! Sie ist schließlich ein Frachtschiff, kein Rennboot! Selbst wenn sie die ganze Nacht durchgefahren ist, dürfte sie jetzt nicht mal an Fenders Biegung vorüber sein. Der Fluss besteht eigentlich fast nur aus Biegungen, ich würde mal sagen, man kommt kaum eine halbe Meile weit ohne Biegung! Außerdem ist alles voller Felsen. Im Ernst, auf dem Trügerischen Alten muss man so viel im Zickzack fahren, dass man mehr als einmal sein eigenes Kielwasser kreuzt.«
    Mumm nickte. »Eine letzte Sache noch, Edi: Wie sieht dieser Herr Straßfurt eigentlich aus?«
    »Ach, das ist einer von den Typen, die kennt Ihr garantiert auch, Euer Gnaden, irgendwie total durchschnittlich. Keine Ahnung, wie alt er ist. Vielleicht fünfundzwanzig. Vielleicht zwanzig. Farblose Haare. Keine sichtbaren Narben, eigentlich merkwürdig!« Edi schien diese mangelhafte Information ein wenig peinlich zu sein, und er zuckte die Achseln. »Irgendwie mittelgroß, sieht aus wie jeder andere, jedenfalls bis er wütend wird« – Edis Gesicht erhellte sich – »denn dann, Sir, dann sieht er genau aus wie Straßfurt.«
    Willikins saß auf der Bank unter der großen Kastanie. Seine Hände ruhten friedlich auf den Knien. Er besaß ein Talent zum Ausruhen, das Mumm abging. Wahrscheinlich können das nur Bedienstete, dachte Mumm: Wenn es nichts zu tun gab, tat man auch nichts. Und in diesem Augenblick kam auch ihm eine Pause gerade recht. Gut möglich, dass sein Beweismaterial flussabwärts schipperte, während er hier herumstand, aber nach allem, was er gehört hatte, ging das mit einer Geschwindigkeit vor sich, die auch zu Fuß leicht wieder wettgemacht werden konnte. Bedauerlicherweise hatte Sybil Recht: In seinem Alter musste man vernünftig sein. Dazu gehörte auch, dass man manchmal Luft holen musste, solange man noch welche

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