Steife Prise
Poh-lie-zischt bin. Hilfspoh-lie-zischt Stinky!«
Mumm betrachtete seine Worte als die beste Abschiedsrede, die er unter diesen Umständen erwarten konnte. In diesem Moment stemmte Volker den Deckel eines großen Fasses auf, von denen mehrere auf dem Deck hin und her rollten. Sofort verdoppelte sich der Gestank in dem Kahn, und er wich, die Hände auf den Mund gepresst, zurück. Stinky hingegen schnupperte anerkennend. »Alle Wetter! Truthahnmägen! Die Speise der Götter! Verflucht mörderische Reise, aber eins a Catering.«
Mumm starrte ihn an. Schön und gut, dachte er, er treibt sich viel bei Menschen herum, deshalb schnappt er ein gewisses Vokabular auf, aber das hier kommt mir verdächtig clever vor. Ob ihm Fräulein Kefer Sprachunterricht erteilt hat? Vielleicht ist er aber auch nur irgendein geheimnisvoller Abenteurer von Werweißwoher, der sich auf Kosten eines schwer schuftenden Bullen lustig macht. Wäre nicht das erste Mal.
Volker zerschnitt bereits die ersten Fesseln, und Mumm versuchte, so viele Goblins wie möglich in der gebotenen Eile wieder zum Leben zu erwecken. Keine Aufgabe für jemanden, der sich groß um Hygiene scherte oder auch nur entfernt wusste, was das Wort bedeutete – doch nach einer Stunde inmitten eines Unwetters auf dem Trügerischen besaßen derlei Überlegungen ohnehin keine Bedeutung mehr. Die Goblins kamen schwankend auf die Beine, brachen wieder zusammen, krochen zu dem umgekippten Fass mit den Truthahnstückchen und wankten dann über das glitschige Deck zu einem schwappenden und jetzt halbleeren Wassertrog, den Volker entdeckt hatte und den er jetzt auffüllte, indem er einfach immer wieder einen Eimer in den Fluss hielt. Allmählich kehrten sie wieder ins Leben zurück; die meisten jedenfalls.
Erneut prallte der Kahn von einer Uferböschung ab, und Mumm suchte inmitten durcheinanderkugelnder Goblins nach einem Halt. Das Boot war halbvoll mit Fässern, die – wie sich bestätigte, wenn man auch nur kurz die Nase in ihre Nähe hielt – garantiert nicht mit süßen Rosen gefüllt waren. Er trotzte erneut dem schlingernden Deck und sagte: »Ich glaube nicht, dass das hier als kleiner Ausflug ans Meer gedacht war! Das sind mehr Fässer mit stinkenden Truthahninnereien, als diese armen Teufel hier in einer Woche verputzen können! Da hat sich jemand auf eine lange Reise eingestellt! Herrschaft nochmal!«
Der Kahn war gegen etwas gedonnert, und dem Klang splitternden Glases nach zu schließen, war dieses Etwas zerdrückt worden. Volker erhob sich, hielt sich an einem Tau fest, wischte sich die Truthahnfetzen von der Jacke und sagte: »Eine Seereise, Kommandeur. Diesen ganzen Kram hier würde man für eine Fahrt über Land überhaupt nicht brauchen. Ich schätze mal, dass sie sehr viel weiter weg sollen!«
»Sieht das für dich nach einer Ferienreise übers Meer aus, in die Sonne, mit Strand und Badespaß?«, fragte Mumm.
»Keineswegs, Kommandeur«, antwortete Volker. »Außerdem hätte das den Goblins sowieso nicht gefallen. Sie halten sich lieber im Dunkeln auf.«
Mumm schlug ihm auf die Schulter. »Na schön, Hauptwachtmeister Aufstrich. Schlagen Sie keinen, der sich ergibt, und wenn einer seine Waffe fallen lässt, passen Sie ein bisschen auf, dass er nicht irgendwo noch eine andere stecken hat, klar? Im Zweifelsfalle niederschlagen. Wie das geht, wissen Sie ja: Das gute alte Bang Suck Cling Buck dürfte völlig genügen.«
»Alles klar. Das ist zwar ein Rezept für Schuhcreme, Kommandeur, aber ich versuche, daran zu denken.«
Mumm wandte sich zu Stinky um, der schon ein bisschen dicker als sonst aussah. »Stinky, ich habe keine Ahnung, was als Nächstes geschieht. Deine Kollegen machen ja schon einen etwas lebendigeren Eindruck, also habt ihr die gleiche Chance wie wir anderen auch: Schwimmen oder Untergehen, mehr kann ich euch momentan nicht anbieten. Auf geht’s, Volker.«
Aus dieser unmittelbaren Nähe war die Dicke Ditte ein stampfendes, knarrendes Ungetüm, das teilweise von abgerissenen Pflanzenstrünken und Stöcken bedeckt war. Aber abgesehen von dem Sturm und dem Klappern und Knarren ihrer Antriebsvorrichtungen war an Bord alles still.
»Alles klar«, sagte Volker leise. »Wir gehen am besten durch die Viehluke am Heck rein oder, wie Ihr sagen würdet, ›hinten‹. Kein allzu schwieriger Sprung, denn dort gibt es jede Menge Griffe zum Festhalten, weil der Lademeister von da aus nach den angehängten Kähnen schauen muss. Seht Ihr die Doppeltür mit der
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