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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und her. »Aber ich bin wirklich neugierig. Ich kann Sie zwar nicht leiden und werde Sie auf jeden Fall umlegen, aber tun Sie mir doch den Gefallen und sagen Sie mir, was Sie in meinen Augen gesehen haben. Bitte?«
    Stecher nutzte die Gelegenheit und hüpfte eilig die Treppe hinunter. Mumm antwortete Straßfurt mit einem Achselzucken: »Ich habe ein ermordetes Goblin-Mädchen gesehen. Welche Lügen hat sie Ihnen denn aufgetischt? Ich weiß, wie die Augen eines Mörders aussehen, Straßfurt, glauben Sie mir, weil ich schon oft in solche Augen gesehen habe. Und wenn ich eine kleine Erinnerung brauche, dann werfe ich einen Blick in meinen Rasierspiegel. Selbstverständlich habe ich Ihre Augen erkannt, und es interessiert mich sehr, was Sie jetzt vorhaben. Obwohl es womöglich, wenn ich jetzt darüber nachdenke, keine gute Idee war, Ihnen diese Armbrust zu überlassen. Vielleicht bin ich wirklich dumm, dass ich Ihnen hier und jetzt die Gelegenheit biete, sich zu ergeben – und dieses Angebot mache ich Ihnen nur einmal.«
    Straßfurt sah ihn mit offenem Mund an, dann sagte er: »Alle Achtung, Kommandeur, Sie stehen hier vor meiner Flinte und verlangen, dass ich mich Ihnen ergebe? Also, so leid es mir tut, aber wir beide sehen uns erst in der Hölle wieder!«
    Irgendwo auf der Welt gab es einen Ort, an dem die Armbrust hätte singen können, nachdem der grinsende Straßfurt den Abzug betätigt hatte. Dummerweise hörte sich das Geräusch eher wie das Wort Dunk an. Straßfurt starrte die Waffe entgeistert an.
    »Ich habe die Bolzensicherung rausgenommen und in den Mist getreten«, sagte Mumm. »Ohne Sicherung kann man das Ding nicht abschießen. Sie haben vermutlich noch ein paar Messer bei sich, und falls Sie vorhaben, sich den Weg an mir vorbei nach draußen freizusäbeln, bin ich Ihnen gerne dabei behilflich. Allerdings muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihnen das nicht gelingen wird, und zum anderen, falls Sie wirklich an einem Jungen vorbeikommen sollten, der auf den Straßen von Ankh-Morpork aufgewachsen ist, erwartet Sie dort unten ein Mann mit einem Schlag, der jeden Elefanten umhaut, und wenn Sie auf den einstechen, wird er nur noch wütender –«
    Diesmal trug die Woge das Schiff noch höher als je zuvor. Mumm knallte mit dem Kopf gegen das Kajütendach, ehe er direkt vor Straßfurt wieder herunterkam und ihm auf die offizielle Gesetzeshüterweise elegant in den Unterleib trat.
    »Ich bitte Sie, Herr Straßfurt, haben Sie denn keinen Ruf zu verlieren? Sie, als gefürchteter Killer? Sie sollten ein wenig Zeit in der Stadt verbringen, mein Guter! Aber dafür werde ich schon sorgen.« Straßfurt kippte nach hinten um, und Mumm fuhr fort: »Und dann werden Sie aufgehängt, was nicht mehr als recht ist, aber keine Sorge – Herr Truper hat den Bogen mit der Schlinge raus, angeblich tut es fast nicht weh. Ich sag Ihnen mal was, nur damit das Adrenalin in Bewegung bleibt: Stellen Sie sich vor, Herr Straßfurt, ich sei das Goblin-Mädchen. Sie hat um ihr Leben gefleht, schon vergessen? Ich weiß es. Und Sie wissen es auch noch. Sie sind gleich bei der ersten Woge zu Boden gegangen, Herr Straßfurt. Flussratten wissen, wie man sich da verhält. Sie wussten es nicht, obwohl ich zugeben muss, dass Sie gut gespielt haben. Hoppla!«
    Das »Hoppla!« sagte er, weil Straßfurt tatsächlich sein Glück mit einem Messer versuchte. Mumm drehte ihm das Handgelenk um und schleuderte das Messer die Treppe hinab; im gleichen Augenblick zerplatzte die Scheibe des Ruderhauses, und ein Ast, länger als Mumm selbst, bohrte sich herein, warf mit Blättern um sich und zog sturzflutartige Regengüsse und pechschwarze Dunkelheit hinter sich her.
    Beide Lampen waren ausgegangen und, wie sich herausstellte, auch Straßfurt. Hoffentlich durch ein zerplatztes Fenster, dachte Mumm, und hoffentlich in den eigenen Tod. Leider konnte er sich da nicht endgültig sicher sein. Er hätte ein endgültig vorgezogen, aber gerade jetzt konnte er sich nicht mehr um Straßfurt kümmern, weil schon die nächste Woge das Schiff erfasste und Wasser durch die scheibenlosen Fenster hereinströmte.
    Mumm riss die kleine Luke zum Lotsendeck auf und fand dort Herrn Sillenbrock, der sich mit Mühe aus einem Haufen hereingespültem Schutt befreite. »Ich hab mich verzählt! Ich hab mich verzählt!«, stöhnte er.
    Mumm zog ihn herauf und setzte den Mann auf seinen großen Stuhl, wo er wütend auf die Armlehnen eindrosch. »Und jetzt kann ich in dieser verdammten Suppe

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