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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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war. Die lieferte er umgehend.
    »Das ist ein weitverbreiteter Irrglaube, mein Herr, auf den ich persönlich nie viel gegeben habe, wenn man allein an die Schwierigkeiten denkt, vor die einen die, ich sage mal die körperliche Hygiene und dergleichen, stellen würde. Ich meine, derlei mag ja in weit entfernten Landstrichen angehen, wo es jede Menge Sand und Sonnenschein gibt, aber für mich wäre das nichts, nein, wirklich nicht.«
    Die Erscheinung streckte eine schmuddelige Hand aus, die hauptsächlich aus Fingernägeln bestand, und plauderte voller Stolz weiter: »Stumpf, Euer Gnaden, obwohl ich manchmal eher das Gegenteil bin, haha, kleiner Scherz meinerseits.«
    »So, aha«, entgegnete Mumm mit nach wie vor ausdruckslosem Blick.
    »Nur ein Scherz, Euer Gnaden«, sagte Stumpf. »Der einzige, den ich kenne. Ich übe das vornehme Gewerbe der Einsiedelei hier schon seit nahezu siebenundfünfzig Jahren aus, praktiziere Frömmigkeit, Abstinenz, Enthaltsamkeit und die Suche nach der unverfälschten Weisheit, so wie schon mein Vater, mein Großvater und mein Urgroßvater vor mir. Was Sie da in der Hand halten, ist übrigens mein Urgroßvater«, setzte er fröhlich hinzu. »Er glänzt wirklich prächtig, was?« Mumm schaffte es, den Schädel nicht sofort fallen zu lassen. »Ihr kleiner Junge ist wohl in meine Grotte spaziert«, fuhr Stumpf fort. »Ist ja nichts groß dabei, aber die hiesigen Dorfburschen sind manchmal ein bisschen sehr übermütig, und ich musste Großvater erst vor zwei Wochen aus dem Baum holen.«
    Es war Willikins, der sich als Erster geistig in der Lage fühlte, eine Frage zu stellen: »Sie bewahren den Schädel Ihres Urgroßvaters in einer Höhle auf?«
    »Allerdings, meine Herren, und den meines Vaters auch. Es handelt sich um eine Familientradition, verstehen Sie? Den von meinem Großvater auch. Eine ununterbrochene Tradition der Einsiedelei seit fast dreihundert Jahren, die allen, die uns aufsuchen, fromme Gedanken beschert, zusammen mit dem Wissen, dass alle Wege zum Grab führen, sowie etliche andere düstere Betrachtungen. Leider finden heutzutage nicht mehr allzu viele zu uns, wie ich zugeben muss. Ich hoffe, dass mein Sohn, wenn er einmal alt genug ist, dereinst in meine Sandalen tritt. Seine Mutter behauptet, er entwickle sich zu einem sehr ernsten jungen Mann, was meine Hoffnung nährt, dass er mir eines schönen Tages ebenfalls gewissenhaft den Schädel poliert. Erfreulicherweise ist auf dem Regal ganz hinten in der Grotte noch jede Menge Platz.«
    »Ihr Sohn?«, fragte Mumm. »Haben Sie nicht vorhin etwas von Enthaltsamkeit …?«
    »Sehr aufmerksam, Euer Gnaden. Wir bekommen jedes Jahr eine Woche Urlaub. Schließlich kann man nicht von Schnecken und den Kräutern des Flussufers allein leben …«
    Mumm deutete rücksichtsvoll an, dass sie noch einiges an Weg zurückzulegen hätten, und überließ den Einsiedler seinen Pflichten. Der trug die Familienreliquie in seine Grotte zurück, wo auch immer sie sich befinden mochte. Als sie sich außerhalb der Hörweite befanden, warf Mumm fassungslos die Hände in die Luft. »Warum? Jetzt mal ehrlich … warum?«
    »Ach, das ist nichts Außergewöhnliches. Nicht wenige der alteingesessenen Familien hielten sich früher auf ihrem Grund und Boden einen Einsiedler. Es galt als romantisch, eine Grotte mit einem Einsiedler zu haben.«
    »Er hat ein bisschen gemüffelt«, sagte Mumm.
    »Ich glaube, sie dürfen nicht baden. Außerdem solltet Ihr wohl wissen, dass er pro Woche eine Vergütung in Höhe von zwei Pfund Kartoffeln, drei Schoppen Dünnbier oder Apfelwein bekommt, dazu drei Laibe Brot und ein Pfund Schweineschmalz. Und vermutlich alle Schnecken und Kräuter entlang des Flussufers, die er runterkriegt. Ich habe mir die Geschäftsbücher angesehen. Keine schlechte Diät für einen dekorativen Gartenschmuck.«
    »Allerdings. Wirklich ganz ordentlich, wenn man etwas Obst und hin und wieder ein Abführmittel dazupackt«, meinte Mumm. »Dann sind Sybils Vorfahren also immer hierhergekommen und haben sich mit dem Einsiedler unterhalten, wenn sie ein philosophisches Enigma zu knacken hatten?«
    Willikins sah ihn verwirrt an. »Gütiger Himmel, nein, Herr Kommandeur, ich kann mir nicht vorstellen, dass einem von ihnen je so etwas eingefallen wäre. Mit philosophischen Enigmata 8 hatten sie nichts am Hut. Sie waren Aristokraten, versteht Ihr? Aristokraten scheren sich nicht um philosophische Enigmata. Sie ignorieren sie einfach. Zur Philosophie gehört,

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