Steife Prise
Dicken Ditte war die Roberta E. Biskuit ein Schiff, das seine Vorzüge ungeniert zur Schau stellte. Sie sah aus wie eine Dekoration zu Swinvater, und auf einem Deck versuchte eine kleine Kapelle verzweifelt, so zu spielen wie eine viel größere. Am Kai wartete ein Mann mit einer Mütze, wie sie sich jeder Flottenkapitän nur wünschen konnte. »Willkommen an Bord, Euer Gnaden, und natürlich auch Euer Ladyschaft. Ich bin Kapitän O’Farrell, Kapitän und Eigentümer der Roberta. « Er musterte Klein-Sam und fragte: »Möchtest du gerne mal am Steuerrad drehen, du Landratte? Das lässt sich machen! Und ich könnte mir vorstellen, dass dein Papa das auch gerne mal probieren würde.« Der Kapitän schüttelte emsig Mumms Hand. »Kapitän Sillenbrock hat nur Gutes über Euch berichtet! Und er hofft, Euch eines schönen Tages wiederzusehen. Aber jetzt ist es meine Pflicht, Euch zum König zu machen!«
Sam Mumms Gedanken rannten einander gegenseitig über den Haufen, weil jeder zuerst durchkommen wollte. Etwas an dem Wort »König« stand ihnen im Weg.
Immer noch lächelnd sagte der Kapitän: »Damit meine ich natürlich zum König des Flusses, eine kleine Ehre, die wir jenen Helden zuteilwerden lassen, die es mit dem Trügerischen aufgenommen und ihn bezwungen haben! Gestattet mir, Euch diese güldene Medaille zu überreichen. Es ist nur eine kleine Münze, aber wenn Ihr die egal wo hier am Fluss einem Kapitän vorzeigt, befördert er Euch kostenlos, von den Bergen bis hinab zum Meer, wenn Ihr das möchtet!«
Von der Rede regelrecht aufgepeitscht, brach die Menge in lauten Applaus aus, und die Kapelle stimmte den alten Gassenhauer »Jetzt biste platt« an, ein Blumenstrauß flog durch die Luft (woraufhin die Blumen sorgfältig wieder eingesammelt wurden, denn spare in der Zeit, so hast du in der Not). Die Kapelle schmetterte, und die Schaufelräder setzten sich in Bewegung, und das Wasser wurde schaumig gerührt, und Familie Mumm fuhr flussabwärts – der Beginn eines wunderschönen Urlaubs.
Klein-Sam durfte noch wach bleiben, um sich die Tänzerinnen anzusehen, verstand aber nicht so recht, was das Ganze sollte. Mumm hingegen schon. Es gab auch einen Zauberkünstler und die ganze Unterhaltungpalette, der sich die Leute freiwillig unterwarfen, wenn sie sich vergnügen wollten, obwohl auch Mumm einmal lachen musste, und zwar als der Zauberkünstler ihm heimlich in die Tasche griff, um das Pik-Ass hineinzuschmuggeln, und auf einmal ein Messer in der Hand hatte, das Sam für alle Fälle mitgenommen hatte. Immer dann, wenn man nichts erwartet, sollte man darauf vorbereitet sein!
Der Zauberkünstler hatte es nicht erwartet. Er starrte Mumm mit großen Augen an, dann stammelte er: »Ach, herrje, Sie sind er, stimmt’s? Kommandeur Mumm!« Und zu Mumms Entsetzen wandte er sich an die Menge und rief: »Verehrte Damen und Herren, ich bitte um einen großen Applaus für den Helden der Dicken Ditte! «
Letztendlich musste Mumm sich verbeugen, was natürlich hieß, dass Klein-Sam sich neben ihm verbeugte, was wiederum im ganzen Restaurant vielen Damen die Tränen in die Augen trieb. Und dann kreierte der Barmixer, der offensichtlich nicht Bescheid wusste, auf der Stelle den »Sam Mumm«, bei dem Sam später immer so tat, als sei es ihm peinlich, weil das Getränk zum festen Bestandteil der Trinkrituale in jeder Kneipe, jeder Bar und jedem anderen Trinkertempel der ganzen Ebene wurde – natürlich zusätzlich zu dem, bei dem die Gäste die Flaschen mit den Zähnen aufmachten. 33 Dabei war er von der ihm erwiesenen Ehre so überwältigt, dass er tatsächlich einen der Cocktails trank und dann noch einen hinterher, schon allein deshalb, weil Sybil unter diesen Umständen nichts dagegen sagen konnte. Dann signierte er Bierdeckel und irgendwelche Zettel und plauderte mit den Leuten, etwas lauter, als er sich normalerweise unterhielt, bis der Mann hinter der Theke den Feierabend einläutete und Sybil ihren beschwipsten Mann ins Bett schleppte.
Auf dem Weg zu ihrer Suite hörte Mumm ganz deutlich, wie eine Frau zur anderen im Vorbeigehen sagte: »Wer ist dieser neue Barmixer? Den habe ich auf dieser Reise heute zum ersten Mal gesehen …«
Die Roberta E. Biskuit pflügte weiter durch die Nacht und malte eine rasch wieder verschwindende weiße Spur hinter ihrem üppigen Heck auf den Fluss. Ein Ochse war in den Stall in den Speigatten gebracht worden, während der andere das Schiff auf seiner Vergnügungsfahrt mit angemessener
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