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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zupasskam. »Stimmt das?«, fragte er. »Tut mir leid, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    Tränen-des-Pilzes musterte ihn aufmerksam; sollte ihn plötzlich der dringliche Wunsch nach einem Keks befallen, wäre sie bereit. Die Kekse schmeckten übrigens wirklich ziemlich gut, weshalb er, um seine Verwirrung zu kaschieren, sich bei ihr bedankte und sich noch einen nahm.
    »Da sagt man am besten überhaupt nichts«, meinte Fräulein Kefer. »Alle niedergemetzelt, ohne jeden Grund. So was kommt vor. Wo doch jeder weiß, wie wertlos dieses Volk ist. Eins will ich Ihnen sagen, Herr Kommandeur: Es stimmt leider, dass einige der grässlichsten Dinge auf der Welt von Menschen getan werden, die wirklich davon überzeugt sind, dass sie damit nur das Beste tun, und besonders dann, wenn es im Namen irgendeines Gottes geschieht. Jedenfalls brauchte es viel Rechtfertigung und noch mehr Zeit, um ein kleines Mädchen davon zu überzeugen, dass sie keiner dieser widerwärtigen Goblins mehr war, sondern zu den Menschen gehörte. Diese Menschen waren überhaupt nicht widerwärtig, denn sie waren davon überzeugt, dass das Mädchen eines Tages verstehen würde, dass die schrecklichen Sachen, die sie ihm antaten, nur zu seinem Besten waren: der Eimer mit dem kaltem Wasser und die Schläge jedes Mal, wenn sie in der Goblin-Sprache redete oder gedankenverloren ein Goblin-Lied sang. Zum Glück war sie, auch wenn sie es damals noch nicht wusste, sehr stark und klug, und sie lernte rasch; sie lernte, ein braves Mädchen zu sein, lernte, dass man ordentliche Kleider anzog und mit Messer und Gabel aß und dass man sich hinkniete und sich mit einem Gebet für all das, was man bekam, bedankte, auch für die Schläge. Sie lernte, kein Goblin mehr zu sein, und zwar so erfolgreich, dass man ihr erlaubte, im Garten zu arbeiten, wo sie prompt über die Mauer sprang und davonlief. Sie haben sie nie gebrochen, und sie hat mir erzählt, dass immer ein bisschen Goblin in ihr zurückgeblieben ist. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt. Meine Mutter sagt, er sei ein anständiger, arbeitsamer Mann gewesen, auch fürsorglich und verständnisvoll, vermute ich.«
    Fräulein Kefer erhob sich und strich sich übers Kleid, als wollte sie die Krümel der Vergangenheit wegwischen. Wie sie so in dem einfachen Zimmer mit der Harfe stand, sagte sie: »Ich weiß nicht, wer diese Menschen waren, die die Goblins umgebracht und meine Mutter geschlagen haben, aber wenn ich es je herausfinde, schlachte ich sie ohne mit der Wimper zu zucken ab, denn gute Menschen haben kein Recht darauf, sich so niederträchtig aufzuführen. Gut ist das, was man tut. Nicht das, wofür man betet.
    Und so ging es weiter«, sagte sie. »Mein Vater war Juwelier, und er fand schon bald heraus, dass meine Mutter in dieser Hinsicht absolut begabt war, denn ihre Vergangenheit bei den Goblins hatte ihr ein untrügliches Gespür für Steine eingebracht. Das hat ihn sicherlich dafür entschädigt, mit einer Frau verheiratet zu sein, die, wenn sie sehr wütend war, auf Goblin fluchte – und glauben Sie mir, ein richtiger Goblin-Fluch kann bis zu einer Viertelstunde dauern. Sie hatte es nicht so mit Büchern, wie man sich denken kann, aber mein Vater schon, und eines Tages dachte ich mir, wie schwer kann das mit dem Schreiben denn sein? Schließlich sind die meisten Wörter ja bloß und, der-die-das und ich und es und so weiter, obwohl man eigentlich aus viel mehr Wörtern auswählen kann, also ist einem von daher schon sehr viel Arbeit abgenommen worden. Das war vor siebenundfünfzig Büchern, und es sieht ganz so aus, als hätte es geklappt.«
    Fräulein Kefer setzte sich wieder in ihren Sessel und beugte sich vor. »Die Sprache der Goblins ist derartig kompliziert, das können Sie sich nicht vorstellen, Herr Kommandeur. Die Bedeutung eines jeden Wortes hängt von den Worten davor und danach ab, vom Sprecher, vom Hörer, der Jahreszeit, dem Wetter und, ach, von so vielen anderen Dingen! Sie haben sogar etwas, das dem, was wir unter Dichtkunst verstehen, gleichkommt; sie benutzen und kontrollieren das Feuer … Und vor ungefähr drei Jahren sind alle hier in dieser Gegend zusammengetrieben und weggeschafft worden, weil sie irgendwie gestört haben. Sind Sie nicht eigentlich deshalb hier?«
    Mumm holte tief Luft. »Eigentlich bin ich hierhergekommen, Fräulein Kefer, um mir den Besitz der Familie meiner Frau anzusehen und damit mein Junge etwas über das Landleben erfährt. Dabei bin ich bis

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