Steife Prise
Poh-lie-zischt. Ich habe mir auch die Hände gewaschen«, fügte sie aufgeregt hinzu. »Sie sind sauber und schmackhaft. Das habe ich gesagt, und so stimmt es auch exakt.«
Von einem Goblin gebacken, dachte Mumm, als er die Augen wieder aufmachte und einen knubbeligen, aber appetitlich aussehenden Keks von dem Teller vor ihm nahm. Dann schloss er die Augen wieder und fragte: »Warum weint der Pilz?«
Im Dunkeln hörte er, wie das Goblin-Mädchen erschrocken die Luft anhielt. Dann sagte sie: »Er weint, damit noch viele andere Pilze entstehen. So viel ist sicher.«
Mumm hörte das leise Klirren von Geschirr hinter sich, aber als er die Hände von den Augen nahm, sagte Fräulein Kefer: »Nein, bleiben Sie lieber im Dunkeln, Herr Kommandeur. Dann stimmt es also, was die Zwerge von Ihnen behaupten.«
»Keine Ahnung. Was behaupten die Zwerge denn von mir, Fräulein Kefer?«
Mumm schlug die Augen auf. Fräulein Kefer setzte sich auf einen Sessel fast direkt gegenüber, während Tränen-des-Pilzes auf weitere Keksaufträge wartete, und zwar mit der unverrückbaren Entschlossenheit desjenigen, der wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit wartete, wenn man ihm nichts anderes zu tun gab. Sie sah Mumm inständig an, dann wanderte ihr Blick zu Klein-Sam, der Tränen-des-Pilzes höchst interessiert betrachtete, wobei allerdings, wenn man Klein-Sam kannte, sein größtes Interesse wohl eher dem Teller mit den Keksen galt. Also sagte er: »Na schön, mein Junge, du darfst die junge Dame um einen Keks bitten. Aber vergiss dabei deine Manieren nicht.«
»Sie sagen, die Dunkelheit wohne in Ihnen, Herr Kommandeur, aber Sie hielten sie in einem Käfig gefangen. Ein Geschenk aus dem Koomtal, sagen sie.«
Mumm blinzelte ins Licht. »Ein zwergischer Aberglaube in einer Goblin-Höhle? Wissen Sie denn viel über Zwerge?«
»Ziemlich viel«, antwortete Fräulein Kefer. »Aber über Goblins weiß ich noch mehr, und die glauben an die Rufende Dunkelheit, genau wie die Zwerge; schließlich handelt es sich bei den einen wie den anderen um Höhlenbewohner, und die Rufende Dunkelheit existiert. Es spielt sich nicht alles in Ihrem Kopf ab, Herr Kommandeur: Ganz egal, was Sie da hören, ich höre es manchmal auch. Meine Güte, wer, wenn nicht Sie, müsste einen Aberglauben erkennen? Wo Sie doch davon besessen sind! Nein, es ist das Gegenteil von Aberglauben; es existiert wirklich, selbst wenn man nicht daran glaubt. Das hat mir meine Mutter beigebracht. Sie war eine Goblin.«
Mumm betrachte die hübsche braunhaarige Frau vor sich genauer und sagte höflich: »Nein.«
»Sie haben Recht, aber vielleicht sehen Sie mir den theatralischen Effekt und die kleine Irritation nach? In Wahrheit ist meine Mutter im Alter von drei Jahren von Goblins in Überwald gefunden und aufgezogen worden. Als sie ungefähr elf Jahre alt war – ich sage absichtlich ungefähr, weil sie sich selbst nie ganz sicher war, wie viel Zeit dort vergangen war –, dachte und handelte sie wie ein Goblin und nahm auch ihre Sprache an, die wahnsinnig schwer zu lernen ist, wenn man nicht damit aufwächst. Sie aß mit ihnen, hatte einen ihr zugewiesenen Abschnitt auf der Pilzfarm und war wegen der Art und Weise, wie sie sich um die Rattenfarm kümmerte, sehr angesehen. Sie hat mir einmal gesagt, dass bis zu dem Zeitpunkt, als sie meinen Vater kennenlernte, die Jahre in der Goblinhöhle ihre schönsten Erinnerungen waren.«
Fräulein Kefer rührte ihren Kaffee um. »Sie hat mir auch von ihren schlimmsten Erinnerungen erzählt, von denjenigen, die sie in ihren Alpträumen heimsuchten und die, wenn ich das sagen darf, auch in meinen herumspuken: von dem einen Tag, als einige Menschen aus der Gegend erfahren hatten, dass ein goldhaariges, rosawangiges Menschenmädchen sich bei den bösen, hinterhältigen Scheusalen, die, wie jedermann weiß, kleine Kinder fressen, unter der Erde herumtreibt. Sie hat geschrien und wild um sich geschlagen, als sie sie dort wegholten, auch weil die Leute, die sie bisher für ihre Familie gehalten hatte, rings um sie herum niedergemetzelt wurden.«
Fräulein Kefer machte eine Pause. Mumm schielte etwas ängstlich zu Klein-Sam hinüber, der sich aber dankenswerterweise wieder dem Buch Spaß mit Ohrenschmalz widmete und rings umher überhaupt nichts mitbekam.
»Ihr Kaffee wird kalt, Herr Kommandeur. Ihr haltet ihn bloß in der Hand und seht mich an.«
Mumm nahm einen großen Schluck von dem noch sehr heißen Kaffee, was ihm in diesem Moment durchaus
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