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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Gegenstand entgegen, und sein Vater, der sich für einen Augenblick in seine Mutter verwandelte, sagte: »Wie sagt man?« Worauf Klein-Sam mit einem Strahlen über das ganze Gesicht und einem »Danke« antwortete, gefolgt von einem: »Bitte nichts reinkritzeln. Ich darf Bücher auch nicht vollkritzeln.«
    Während Klein-Sam überglücklich die Seiten seines neuen Buches umblätterte, machte sein Vater die Bekanntschaft mit einem dick gepolsterten Sessel. Fräulein Kefer enteilte mit einem Lächeln in Richtung Küche, und Mumm blieb nicht viel mehr übrig, als sich in einem Zimmer voller Bücherregale umzusehen, zwischen denen noch mehr dick gepolsterte Möbel standen, eine ausgewachsene Konzertharfe und eine Wanduhr in Gestalt einer Eule, deren Augen sich hypnotisch im Rhythmus des Tickens hin und her drehten – vermutlich so lange, bis man entweder Selbstmord beging oder sich einen der Schürhaken vom Kamin schnappte und auf das verdammte Ding eindrosch, bis seine Federn heraussprangen.
    Mumm hing diesem Gedanken eine Weile nach, bis er merkte, dass er beobachtet wurde. Er sah sich um und blickte in das erschrockene Gesicht und auf den vorstehenden Unterkiefer des Goblins namens Tränen-des-Pilzes.
    Er schaute instinktiv zu Klein-Sam hinüber, und mit einem Mal war die größte Rosine im Kuchen seiner Befürchtungen die: Wie wird der Junge reagieren? Wie viele Bücher hat er gelesen? Hoffentlich hatte man ihm keine dieser hässlichen Geschichten über Goblins erzählt oder zu viele jener unschuldigen, farbenprächtigen Märchen, in denen es vor Schreckgestalten, die sich auf einen stürzen wollen, nur so wimmelt – alles unnötige Ängste, die ihm eines schönen Tages Probleme bereiten würden.
    Aber Klein-Sam marschierte nur quer durchs Zimmer, blieb vor dem Mädchen stehen und sagte: »Ich weiß viel über Kaka. Kaka ist sehr interessant!«
    Tränen-des-Pilzes sah sich panisch nach Fräulein Kefer um, während Klein-Sam völlig ungezwungen zu einer kleinen Ausführung über Schafkaka ansetzte. Daraufhin sagte das Mädchen mit Worten, die wie kleine Backsteine gegeneinanderschlugen: »Wozu … ist … Kaka … gut?«
    Klein-Sam runzelte missmutig die Stirn, als wollte jemand sein Lebenswerk in Frage stellen. Dann sah er sie strahlend an und sagte: »Ohne Kaka würdest du platzen – Peng! « Er stand da, strahlte übers ganze Gesicht, denn damit hatte er den Sinn des Lebens restlos ergründet.
    Und Tränen-des-Pilzes lachte. Es war eher ein stakkatohaftes Lachen, das Mumm an das Lachen gewisser Frauen nach dem Genuss gewisser Mengen Gin erinnerte. Aber es war ein Lachen – unverfälscht, ursprünglich und unaffektiert –, und Klein-Sam sonnte sich darin und kicherte, ebenso wie Sam Mumm, dem der Schweiß im Nacken schon wieder abkühlte.
    Dann sagte Klein-Sam: »Du hast schöne große Hände. Ich nicht. Wie heißt du?«
    Auf die abgehackte Art und Weise, an die sich Mumm langsam gewöhnte, antwortete das Goblin-Mädchen: »Ich heiße Tränen-des-Pilzes.«
    Sofort schlang Klein-Sam die Arme so weit um sie herum, wie sie reichten, und rief: »Pilze können nicht weinen!«
    Den Blick, den das Goblin-Mädchen Mumm zuwarf, hatte er schon auf vielen Gesichtern gesehen, die sich einer von Klein-Sams Umarmungen ausgesetzt sahen: eine Mischung aus Überraschung und etwas, das Mumm nur mit absoluter Ratlosigkeit bezeichnen konnte.
    In diesem Augenblick kam Fräulein Kefer ins Zimmer zurück und reichte Tränen-des-Pilzes einen Teller. »Sei doch so lieb und bediene unsere Gäste, mein Schatz.«
    Tränen-des-Pilzes nahm den Teller entgegen und hielt ihn zögerlich in Mumms Richtung, wobei sie etwas sagte, das sich anhörte, als rollte ein halbes Dutzend Kokosnüsse die Treppe hinunter. Trotzdem gelang es ihr, die Silben für Sie und essen und ich mache dazwischen unterzubringen. In ihrem Gesichtsausdruck lag etwas Flehendes, als wollte sie unbedingt, dass er sie verstand.
    Mumm sah sie eine Weile an, dann dachte er: Hm, ich könnte sie verstehen, oder? Es wäre einen Versuch wert. Also schloss er die Augen, ein recht dubioses Unterfangen, wenn man sich von Angesicht zu noch längerem Angesicht mit einem solchen Unterkiefer befindet. Die Augen fest geschlossen und eine Hand darüber gelegt, um auch den letzten Rest Licht auszuschließen, sagte er: »Würdest du das noch einmal sagen, junge … junges Fräulein?« Und in der Dunkelheit seines Schädels vernahm er ziemlich deutlich: »Ich habe heute Kekse gebacken, Herr

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