Steilufer
Küche, denn am Donnerstag hatte Fouhad seinen freien Tag.«
»Sie meinen, in Ihrer Restaurantküche? Was macht er da?«
»Er arbeitet da, er ist unser Pâtissier.«
»Was heißt das, ist er Konditor?«
»Oh, non! Er ist für die Nachspeisen zuständig, das kann auch einmal Gebäck sein, aber er macht alles, ob Crème brûlée, Millefeuille oder eine Mousse von Aprikosen.«
»Das hört sich sehr gut an!«, nickte Angermüller anerkennend, während Jansen ihm einen genervten Blick zuwarf und fragte dann: »Sie sprechen ausgezeichnet Deutsch, Madame – wo haben Sie es gelernt?«
»Meine Mutter war Lübeckerin.«
»Ah, so.« Es war Georg Angermüller anzumerken, dass er das Gespräch liebend gern auf dieser privaten Ebene fortgesetzt hätte – seine alte Liebe zu Frankreich und seine Neigung für exquisite Gaumenfreuden machten Anna Floric für ihn zu einer höchst interessanten Gesprächspartnerin. Aber er hatte hier anderes zu tun und mit Jansen im Nacken war eine entspannte Unterhaltung über sein Lieblingsthema ohnehin kein Vergnügen.
»Zurück zu Herrn Ferhati: Wie ging es ihm in letzter Zeit? Hat er irgendwelche persönlichen Probleme gehabt?«
»Nicht, dass ich wüsste. Fouhad ist trotz der schlimmen Erlebnisse in seiner Vergangenheit ein erstaunlich fröhlicher, positiv eingestellter Mensch. Natürlich fehlen ihm seine Familie und seine Heimat. Aber seit einigen Monaten hat er ja dieses Mädchen in Travemünde und macht seitdem einen richtig glücklichen Eindruck auf mich.«
»Was ist mit Drogen?«, wollte Jansen wissen.
»Rührt Fouhad nicht an.«
»Ich meine jetzt nicht als Konsument – könnte es sein, dass er mit Drogenhandel zu tun hat? Nordafrikaner, da liegt das ja nahe.«
»Woher nehmen Sie eigentlich die Unverschämtheit für so eine Behauptung? Nimmt die deutsche Polizei platte Vorurteile als Grundlage für ihre Ermittlungsarbeit? C’est incroyable!«
Anna Floric war empört, doch Jansen ließ sich davon nicht schrecken.
»Tscha, wir haben so unsere Erfahrungswerte und die Frage nach Verbindungen zur Drogenszene ist danach leider naheliegend«, sagte er achselzuckend und sah sie abwartend an.
»Natürlich hat Fouhad nichts mit Drogenhandel zu tun. Wir hatten hier noch nie Probleme mit Dealern. Die Leute, die hierher kommen, sind an einer echten Arbeit interessiert. Sie haben ihr, wenn auch bescheidenes, Auskommen und ich glaube, sie fühlen sich bei uns wohl.«
Die Antwort der Restaurantchefin klang jetzt wieder ruhig und sachlich und Angermüller fragte:
»Wann hat Herr Ferhati denn am Mittwoch Feierabend gehabt?«
»Ich denke, das muss gegen halb 11 gewesen sein, da haben wir die Küche geschlossen. Es war nicht besonders viel los am Mittwoch.«
»Wissen Sie, ob er dann nach Hause ging, oder ist er noch einmal weg?«
»Ich habe irgendwann noch seinen Roller knattern hören – aber da fragen Sie besser seine Mitbewohner, die wissen das bestimmt genauer.«
»Wo finden wir die?«
»Gleich hier. Das ist unsere Remise und einige unserer Mitarbeiter wohnen hier.«
»Aha, die jungen Männer, mit denen Sie vorhin sprachen, als wir ankamen!«, mischte sich Jansen ein. »Habe ich mich getäuscht oder sind Ihre Mitarbeiter alle Ausländer?«
»Sie haben sich getäuscht, Herr Kommissar! Wir sind zwar eine sehr gemischte Truppe, aber einige meiner Mitarbeiter sind durchaus echte Holsteiner!«
Jansen schaffte es spielend, seine Fragen auf eine Art zu stellen, die Anna Floric sofort in Harnisch brachte. Sie wurde wohl des Öfteren nach der Zusammensetzung ihres Teams gefragt und schien die ständigen Rechtfertigungen leid.
»Wenn Sie aber die meinen, die in der Remise wohnen, die kommen alle aus Algerien. Sie sind wegen der Zustände in ihrem Heimatland hier und das legal. Sie haben alle eine Genehmigung, in Deutschland zu arbeiten und Ihre Kollegen kommen auch häufig genug vorbei, um alles immer wieder zu kontrollieren!«
»Nu ma ganz ruhig, Frau Floric!« Jansen, der sich keiner Schuld bewusst war, klang leicht gereizt. »Erstens sind wir nicht die Ausländerpolizei und zweitens haben Sie sich an uns gewandt wegen Ihres verschwundenen Mitarbeiters.«
»Entschuldigung, tut mir leid! Aber wissen Sie, wenn man ewig dieselben Fragen hört. Keiner hat was gegen Ausländer, aber alle wollen immer von mir wissen, warum ich bei der hohen Arbeitslosigkeit so wenig Einheimische beschäftige.« Anna Floric geriet wieder in Rage: »Jedes Mal muss ich mich rechtfertigen, dass das Angebot
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