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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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heimliche Vorliebe für diese oft als schwülstig oder kitschig bezeichneten Präraffaeliten gestanden und sogleich gemerkt, dass sie noch viel mehr Gemeinsamkeiten hatten. David war Kunstrestaurator, spezialisiert auf Kirchenmalerei und offensichtlich eine Kapazität auf seinem Gebiet, denn er reiste für seinen Beruf ständig in der Welt herum. Da er auch schon viel in Deutschland gearbeitet hatte, war sein Deutsch ziemlich gut. Er hatte eine offene, nette Art, gepaart mit einem trockenen Humor, was Angermüller sehr angenehm fand. Immer wieder sah Steffen zu David und es schien, als ob er sein Glück noch gar nicht fassen konnte.
    »Wir möchten den Rest unseres Lebens zusammen verbringen.« Steffen griff nach Davids Hand, der charmant dazu lächelte. »Und weil David ohnehin beruflich nicht an einen Ort gebunden ist, haben wir beschlossen, dass er zu mir nach Lübeck zieht. Mit zwei verschiedenen Wohnungen ist der Eine doch immer nur Gast beim Anderen.«
    Georg fühlte sich noch ein wenig unsicher in dieser Situation. Auch wenn Steffen aus seiner Homosexualität nie einen Hehl gemacht hatte, sie hin und wieder auch darüber scherzten, es war nie ein großes Thema zwischen ihnen. Georg hatte zwei, drei schwule Freunde von Steffen kennengelernt, aber offensichtlich hatte sich nie der Mann fürs Leben darunter befunden. Irgendwie rührte ihn die Verliebtheit der beiden Männer und vor allem freute er sich, Steffen so glücklich zu sehen.
    Im September wollten sie zusammenziehen und David war gekommen, weil sie sich an diesem Wochenende gemeinsam ein paar Wohnungen ansehen wollten.
    »Und wenn wir den Umzug hinter uns haben und eingerichtet sind, dann wird Hochzeit gefeiert!«
    Steffens Zustand konnte nur noch euphorisch genannt werden. Er wollte von nichts anderem mehr reden als von der gemeinsamen Zukunft, der neuen Wohnung, dem Ja-Wort in der Lindischen Villa und dass er sich seinen alten Freund Georg als Trauzeugen wünschte. Angermüller erkannte seinen sonst so zurückhaltenden Freund nicht mehr und auch David beobachtete Steffen mit stillem Amüsement. Sie bestellten ihre Desserts, auch für David, der angesichts der späten Stunde zuvor nur noch eine kleine Portion überbackene Jakobsmuschel gegessen hatte, und unterhielten sich blendend. David erzählte von seinen irischen Vorfahren, von denen der Familienname Reid stammte, was so viel wie rothaarig bedeutete und in seinem Fall ja auch hundertprozentig zutraf. Als David hörte, dass Georg aus der Nähe von Coburg stammte, fielen selbstverständlich die Stichworte Victoria und Albert und es war, als färbte das enge Verwandtschaftsverhältnis zwischen Sachsen-Coburg-Gotha und dem britischen Königshaus ein wenig auch auf ihre Beziehung ab.
    Eine laute Stimme erklang und jemand fragte in jovialem Ton:
    »Guten Abend, Herr Kommissar! Immer noch im Dienst?«
    »Guten Abend!«
    Georg Angermüller erhob sich überrascht und trat einen Schritt vom Tisch weg. Ein älterer Mann in einem hellgrauen Anzug, trotz der Wärme mit einem Einsteckschal im weißen Hemd, stand vor ihm. Das war doch dieser Anwalt, dem das Boot gehört hatte, in dem der Tote angetrieben worden war. Wie hieß der noch? Ach ja.
    »Nein, Herr Burmester, ich bin natürlich privat hier.«
    Mit unverhohlener Neugier musterte Burmester Steffen und David. Vielleicht hoffte er, dass sie ihm vorgestellt würden.
    »Ach so, ich dachte, es wäre wegen der Parolen, von denen das Fernsehen gestern berichtet hat.«
    »In diesem Fall ermittelt der Staatsschutz.« Er würde diesem neugierigen Alten ganz bestimmt nichts über vermutete Verbindungen mit anderen Straftaten auf die Nase binden.
    »Und, sind Sie schon weiter gekommen mit dem Toten aus meinem Boot? Deswegen waren Sie bei uns im Verein am Sonntag, nicht wahr? Dieser arme Teufel aus Nordafrika? Stand ja vor ein paar Tagen in der Zeitung.«
    Angermüller wollte Burmester so schnell wie möglich loswerden und sagte ausweichend:
    »Wir ermitteln weiterhin in alle Richtungen.«
    »Ja, der Herr Kommissar.« Drei Männer seines Alters in formellen Anzügen standen mittlerweile um sie herum und hörten ihrem Gespräch zu.
    »Der Herr Kommissar ist nicht sehr gesprächig, wenns um seinen aktuellen Fall geht, der tote Ausländer vom Steilufer, wisst ihr!?«
    Die Herren nickten mit lächelnden Gesichtern.
    »Na ja, diese Burschen kommen hierher, weil das für die ein Paradies ist bei uns. Aber es werden ja immer mehr, die kosten unser Geld, je mehr kommen, desto

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