Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
Vom Netzwerk:
gestorben ist und sein ältester Sohn Husski Khan wurde.«
    »Ja«, sagte Wazzek, »und dieser Husski brannte darauf, Arnis Leuten die Demütigung heimzuzahlen, die er von ihnen hatte einstecken müssen. Er hat auf diesem Zug selber die Horde angeführt, und als er mit Narzia abgerechnet hatte, zog er mit den Reitern weiter ins Tal von Arziak. Bald standen dann schon die Eisenhütten in den oberen Seitentälern in Flammen, doch dadurch wurden die Leute in Arziak gewarnt, und der Erzmeister konnte die waffenfähigen Männer sammeln, ehe die Reiter vor der Stadt waren. Noch in dieser Nacht kamen ein paar Männer herüber ins Flachtal und holten alle reitbaren Pferde und die Knechte dazu über den Berg. Ich blieb allein hier zurück mit ein paar Fohlen. Was dann weiter geschah, habe ich erst viel später erfahren, als alles vorüber war; denn hierher ins Tal sind die Beutereiter nicht gekommen. Nur Arnilukka lag eines Tages draußen bei den Fohlen. Das Kind hatte vor Angst fast den Verstand verloren, aber ich war froh, daß ich jetzt wenigstens einen Menschen bei mir hatte.
    Promezzo ritt mit seinen Leuten der Horde entgegen, und es kam zu einer mörderischen Schlacht, in der viele ihr Leben lassen mußten. Auch Husski war unter den Toten, und seine Reiter wählten noch am gleichen Tag seinen Bruder Trusski zum Khan. Promezzo gelang es, den Ortskern von Arziak zu verteidigen, aber die Einzelhöfe draußen auf dem Land konnte er nicht schützen und mußte zusehen, wie die Beutereiter dort plünderten und Feuer legten. Dann verschwanden sie in den Wäldern.
    Die meisten nahmen damals an, der Spuk sei vorüber, aber nach wenigen Tagen überfiel die Horde talabwärts ein Dorf. Als Promezzo mit seinen Männern endlich zur Stelle war, fand er nur noch Leichen und rauchende Trümmer vor, aber von den Mordbrennern fehlte jede Spur. Das gleiche wiederholte sich noch ein paarmal, und dieser Kleinkrieg zog sich über Wochen hin, bis es Promezzo gelang, die Horde in eine Falle zu locken. Er hatte sich an den Fingern abzählen können, welches Dorf als nächstes an der Reihe sein würde, und dort quartierte er sich eines Nachts in aller Heimlichkeit mit seiner Streitmacht ein. In der Morgendämmerung brach dann die Horde aus dem Wald hervor und preschte auf das Dorf zu, aber Promezzo hielt seine Leute zurück und wartete, bis die Reiter zwischen den Häusern waren. Dann gab er das Zeichen zum Angriff. Etwa die Hälfte der Beutereiter samt ihrem Khan Trusski kam bei diesem Gemetzel ums Leben, aber auch Promezzo wurde von einem Pfeil getroffen und starb noch am Abend dieses Tages, nachdem es dem Rest der Horde geglückt war, sich wieder in die Wälder zurückzuziehen.
    Danach hörte man ein paar Tage nichts mehr von ihnen. Promezzos Frau Akka blieb nicht viel Zeit zum Trauern. Sie nahm ohne weitere Umstände in Arziak die Zügel in die Hand, ließ die Toten begraben und half den Bauern, deren Höfe niedergebrannt waren. Als sie schließlich auch noch der Form halber zur Erzmeisterin gewählt wurde, war dies nur noch die Bestätigung eines Zustandes, der bereits eingetreten war.
    So standen die Dinge, als etwas Merkwürdiges geschah. Einer der Pferdeknechte, die hier bei mir arbeiten, war damals dabei und hat es mir erzählt. Es begann damit, daß eines Morgens drei Beutereiter langsam vom Wald herunter auf Arziak zutrabten. Als sie näher kamen, sah man, daß sie ohne Waffen waren. Trotzdem hätten die Leute sie wohl nicht ungeschoren durch die Straßen reiten lassen, wenn Akka, die man sogleich unterrichtet hatte, nicht den Befehl gegeben hätte, die drei Reiter in Frieden zu lassen. So gelangten sie bis vor das Haus der Erzmeisterin, die schon unter der Tür stand, als die drei abstiegen. Einer von ihnen trat vor, verbeugte sich und sagte, er heiße Belarni und sei von jenem Rest der Beutereiter, die Promezzos Hinterhalt entkommen waren, zum Khan gewählt worden. Und als Akka fragte, was er hier wolle, sagte Belarni, er sei gekommen, um Frieden zu schließen.«
    »Ich kenne diesen Belarni«, sagte Lauscher, »deshalb wundert es mich nicht, daß er diesem Morden ein Ende setzen wollte. Er hielt sehr viel von seinem Onkel Arni und hat schon damals dessen Gedanken besser begriffen als jene, die sich Arnis Leute nannten.«
    »Ich weiß, daß er oft mit Arni zusammen ausgeritten ist«, sagte Wazzek, »und er war im Lager auch einer der wenigen, die ein gutes Wort für einen Sklaven wie mich übrig hatten. Aber die Leute in Arziak fanden

Weitere Kostenlose Bücher