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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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wollen, und er weiß, daß er sich damit in unsere Gewalt begibt. Laßt uns erst einmal hören, was er im Sinn hat. Auf jeden Fall werden wir mit ihm eine Geisel in der Hand haben, die uns nützlich sein kann.«
    Das leuchtete allen ein, und so sahen wir also in Ruhe zu, wie der Mann mühsam heranruderte. Es war zu merken, daß er nicht gewohnt war, mit Riemen umzugehen, und manche lachten schon, wie er sich abrackerte und immer wieder aus dem Kurs fiel. Als er heran war, ließ er die Ruder im Wasser schleifen und hob die flachen Hände, um uns zu zeigen, daß er waffenlos und in friedlicher Absicht komme. »Mein Name ist Arni«, sagte er. »Mit wem von euch kann ich verhandeln?«
    »Mit mir«, sagte Rulosch und trieb seinen Kahn mit ein paar Ruderschlägen an seine Seite. »Was hast du uns zu sagen?«
    »Ich gebe mich freiwillig in eure Hand«, sagte Arni. Das war uns inzwischen schon klargeworden, aber es wunderte uns trotzdem, diese Worte von ihm zu hören, denn dies war sonst ganz und gar nicht die Art von Beutereitern.
    »Wenn du irgendeine Heimtücke im Schilde führst«, sagte Rulosch, »dann wirst du kein Glück damit haben. Der See ist hier ziemlich tief, mußt du wissen, und mit unseren schweren Riemen kann man nicht nur rudern.«
    »Du brauchst mir nicht zu drohen«, sagte Arni, »wenn ich auch verstehen kann, daß du mir nicht traust. Aber überlege selbst: Was soll ich allein gegen euch alle unternehmen?«
    »Gut, daß du das einsiehst«, sagte Rulosch. »Was willst du also von uns?«
    »Es wird dir vielleicht sonderbar vorkommen«, sagte Arni, »aber ich will euch einen Weg zeigen, wie ihr eure Frauen und Kinder samt eurem Besitz wieder zurückgewinnen könnt.«
    Das verschlug Rulosch erst einmal die Sprache. Er betrachtete Arni von Kopf bis Fuß und sagte dann: »Das ist allerdings ein seltsamer Vorschlag von einem Beutereiter. Bist du selber auch nur ein Gefangener, der nicht zur Horde gehört, oder was veranlaßt dich dazu?«
    »So schnell kann ich dir das nicht erklären«, sagte Arm, »aber zur Horde gehöre ich schon. Ich bin der Zwillingsbruder des Khans.«
    »Dann haben wir mit dir zumindest einen guten Fang gemacht«, sagte Rulosch. »Ich nehme dich als Geisel, und dein Bruder wird dich gegen unsere Leute und unseren Besitz auslösen müssen.«
    Arni nahm diese Rede durchaus nicht übel auf, sondern nickte ungeduldig, als sei Rulosch ein bißchen schwer von Verstand. »Genau das hatte ich im Sinn«, sagte er. »Aber ganz so einfach wird das nicht gehen; denn die Beutereiter haben ihre eigenen Gesetze in solchen Dingen, und bei der Auslösung von Geiseln heißt das: Menschen gegen Menschen, aber nicht Menschen gegen Sachen. Ich will aber, daß ihr auch euren ganzen Besitz zurückbekommt.«
    Rulosch wußte immer weniger, was er von diesem merkwürdigen Mann halten sollte. »Ich begreife zwar nicht, warum du das tust«, sagte er kopfschüttelnd, »aber nun mußt du mir schon erklären, wie wir das anstellen sollen.«
    »Dazu bin ich ja hier«, sagte Arni, als sei dies die selbstverständlichste Sache der Welt. »Ihr müßt meinem Bruder Hunli ein Spiel vorschlagen.«
    »Ein Spiel?« fragte Rulosch überrascht. »Was für ein Spiel?«
    »Zum Beispiel Schach«, sagte Arni. »Schach gilt bei uns in solchen Fällen als angemessen. Ihr müßt wissen, daß es bei den Beutereitern als Schande angesehen wird, ein Spiel auszuschlagen, wie hoch der Einsatz auch sein mag. Nur muß sich der Gegner in einer vergleichbaren Position befinden, und das seid ihr, wenn ihr mich als Geisel habt. Ich bin eigentlich deshalb zu euch gekommen, damit mein Bruder euch als Spielgegner annimmt.«
    »Welchen Einsatz schlägst du vor?« fragte Rulosch.
    »Alles, was die Horde euch abgenommen hat«, sagte Arni. »Es wird für den Khan eine hohe Ehre sein, um einen solchen Einsatz zu spielen.«
    »Und was setzen wir ein?« fragte Rulosch.
    »Euch selbst, wie ihr hier in euren Kähnen sitzt«, sagte Arni, als sei dies kaum der Erwähnung wert.
    »Schön und gut«, sagte Rulosch. »Aber ich kann nicht Schach spielen, und wohl auch sonst keiner von uns. Was nützt uns dann dein großherziges Angebot, wenn wir das Spiel mit Sicherheit verlieren und so in die Gewalt deines Bruders geraten? Mir scheint, das Ganze ist nur ein hinterlistiger Versuch, uns ohne Gegenwehr zu Gefangenen der Beutereiter zu machen.«
    »Es ist schwer, dich von meiner guten Absicht zu überzeugen«, sagte Arni. »Aber du bist eben mit unseren Bräuchen nicht

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