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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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wenigstens die Mücken, die schon anfingen zu schwärmen.
    Nachdem sie ihre Reittiere gefüttert und etwas von ihren Vorräten gegessen hatten, rollten sie sich unter den noch unbelaubten Ästen der Eiche in ihre Decken und schliefen nach dem langen Ritt bald ein.
    Wieder einmal war es Jalf, der Lauscher mitten in der Nacht weckte, indem er ihn mit seiner weichen Schnauze anstieß. Der Esel schnaubte aufgeregt und ließ seine langen Ohren spielen. Lauscher setzte sich auf. Das Feuer war in sich zusammengesunken und glimmte nur noch schwach unter der grauen Asche. Lauscher schürte es mit einem zur Hälfte verbrannten Ast und brachte es mit einer Handvoll von dem trockenen Gras wieder zum Aufflammen. Dann horchte er hinaus in die Nacht.
    Eine Zeitlang hörte er nichts als das Sausen des Windes im Geäst der Eiche. Dann raschelte es weiter draußen im Moor, als streife etwas durch die dürren Halme. Lauscher meinte auch, das dumpfe Tappen von Pfoten zu hören. Er weckte seine beiden Gefährten, und als sie jetzt alle drei in die Finsternis hinausstarrten, sahen sie gelblich funkelnde Lichtpünktchen, immer zwei und zwei, die sich von allen Seiten ihrem Platz näherten. Nun wurden auch die beiden Pferde unruhig, schnaubten und tänzelten stampfend auf dem torfigen Boden. Lagosch riß einen brennenden Ast aus dem Feuer und warf ihn hinaus zwischen die glimmenden Lichter. Im Schein dieser Fackel sahen sie, wie zwei Wölfe aufheulend auseinandersprangen.
    Nun begriffen die drei Reiter, daß sie eingekreist waren. Zunächst raffte jeder ein paar von den restlichen Holzstücken vom Boden, setzte sie in Brand und warf sie zwischen die Wölfe. Damit konnten sie das Rudel kurze Zeit fernhalten, aber ihr geringer Holzvorrat war bald verbraucht.
    »Wir müssen auf die Eiche klettern«, sagte Lagosch.
    »Und was wird aus unseren Reittieren?« fragte Lauscher. »Sollen die Wölfe meinen Jalf fressen?«
    »Besser ihn und die Pferde als uns«, sagte Lagosch. »Wenn das Rudel satt ist, wird es gegen Morgen weitertraben.«
    Inzwischen war der Kreis schon wieder enger geworden. Barlo starrte in die Runde und stieß einen langgezogenen, heiseren Schrei aus, vor dem die Wölfe noch einmal zurückwichen. Dann sprang er zu seinem Pferd und riß das Tritonshorn aus der Satteltasche. Er setzte es an den Mund und blies einen weithin hallenden, tiefen Ton, der in die Nacht hinausschwang und den schwarzen Himmel zum Beben brachte. Jalf und die beiden Pferde standen starr neben dem knotigen Stamm der Eiche, und auch die Wölfe regten sich nicht. Dann fing es rings im Moor an zu glucksen und zu sprudeln, als täten sich mit einem Male Hunderte von Quellen aus der Tiefe auf. Platschend ergoß sich Wasser zwischen den Riedbüschen, rauschte zusammen und begann an der Böschung des Hügels zu steigen, auf dem die drei Männer standen. Und von überallher aus der Nacht klang helles Mädchenlachen, wie von weiter Ferne und doch wieder ganz nah, mischte sich mit dem Plätschern des strudelnden Wassers und wirkte so ansteckend, daß die drei Reiter einstimmten und dem Wolfsrudel nachlachten, das heulend in wilder Flucht durch das aufspritzende Wasser davonjagte.
    »Dank für die Hilfe, Grüner!« rief Lauscher hinaus in die Nacht, und gleich darauf antwortete von weither ein anschwellender tiefer Ton, ähnlich dem von Barlos Schneckenhorn. Danach war noch einmal das silbrige Gelächter zu hören, aber schon aus der Ferne, dann breitete sich wieder Stille über das Moor. Lauscher umarmte Jalf zum Dank für die rechtzeitige Warnung, ehe er sich wie die anderen wieder schlafen legte.
    Als Lauscher am nächsten Morgen aufwachte, war das Wasser zurückgegangen. Die Sonne stand schon über dem Horizont und ließ die zahllosen Wasserlöcher aufblitzen. Die Luft war erfüllt vom Quarren und Flöten der Moorvögel. Eine Zeitlang blickte Lauscher hinaus in diese unvertraute Landschaft, in der sich überall heimliches Leben regte. Ein Stück seitab vom Weg gründelten ein paar Wildenten in einem größeren Tümpel, und es schien ihm, als schwämme mitten unter ihnen wieder eine weiße. Hatte der Wassermann ihnen einen Wächter mitgegeben, der ihren Weg beobachten sollte? Nach den Ereignissen der Nacht fand Lauscher diesen Gedanken gar nicht unheimlich, sondern eher beruhigend. Schließlich weckte er seine beiden Gefährten, und bald darauf ritten sie wieder über den schmalen, schwankenden Pfad weiter.
    Gegen Mittag hatten sie das Moor überquert. Sie kamen in

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