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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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Sanftmut Urlas begeben?« Er fegte wütend die restlichen Figuren vom Brett und schrie seinen Reitern einen Befehl zu. Alle rannten zu ihren Pferden, saßen auf, und gleich darauf war die Horde aus dem Dorf verschwunden.
    Später hat uns Arni erzählt, wer diese Urla gewesen ist und wie er ihren Stein gewählt hat. Doch damals hatten wir nicht viel von dem begriffen, was zwischen den Brüdern gesprochen worden war. Wir standen noch immer in unserem Gehege wie gegenüber die Frauen und Kinder in ihrem und starrten auf Arni, der auf dem Teppich saß und die Figuren vom Boden aufsammelte. Er schien bedrückt über diesen Ausgang, obwohl er das Spiel offenbar gewonnen hatte. Dann stand er auf und sagte: »Geht in eure Häuser. Die Horde ist weitergeritten, und in einem Jahr sucht sie den gleichen Ort nie zum zweiten Mal heim.« Jetzt endlich rissen wir die Einzäunung nieder und liefen hinüber zu unseren Familien. Nur Rulosch trat zu Arni, zog sein Halstuch aus der Tasche, knüpfte es auf und gab Arni seinen Stein zurück. »Du hast dein Versprechen gehalten, Arni«, sagte er. »Nun bitte ich dich, Gast in meinem Haus zu sein.« Arni blieb drei Tage bei ihm, dann ritt er der Horde nach.

    »Jetzt weißt du, woher ich deinen Stein kenne, Lauscher«, sagte Kurlosch noch. »Allerdings wirst du wohl mehr über ihn wissen, als ich dir erzählen konnte.«
    »Ich weiß noch lange nicht alles«, sagte Lauscher, »und durch deine Geschichte habe ich viel über den Stein erfahren. Arni konnte mir nicht mehr viel sagen, als er ihn mir gab.« Bald darauf verabschiedete sich das Hochzeitspaar, und alle gingen schlafen.
    Als Barlo und Lauscher am nächsten Morgen neben dem Schlitten zurückritten, winkte Lagosch, der diesmal die Zügel führte, Lauscher zu sich heran und sagte: »Warum hat Gisa ihre gelbäugigen Knechte auf eure Spur gesetzt? Ist sie so rachsüchtig, daß sie euch selbst in der Fremde nicht in Frieden lassen will?«
    »Das wohl auch«, sagte Lauscher, »aber inzwischen hat sie noch andere Gründe, uns im Auge zu behalten und Barlo bei den Leuten als wenig vertrauenswürdig hinzustellen«, und er erzählte ihm, was während des Frühjahrsmarktes von Draglop in der Silbernen Harfe besprochen worden war. »Auch unsere Freunde, die wir dort gefunden haben, ziehen inzwischen durch das Land und suchen Verbündete bei den Sängern, Spaßmachern und Geschichtenerzählern, die mit uns nach Barleboog gehen wollen.«
    »Das wird der merkwürdigste Krieg, von dem ich je gehört habe«, sagte Lagosch. »Wenn ihr mich dabei brauchen könnt, so will ich im Frühjahr gern mit euch nach Draglop reiten; denn ich weiß eine Menge Geschichten zu erzählen, und auf einer solchen Fahrt kann man wohl noch einiges dazulernen.«
    »Wir können gar nicht genug Freunde gewinnen, um es mit Gisas zottigen Knechten aufzunehmen«, sagte Lauscher. »Und es wird gut sein, jemanden mit Aglas lustigen Augen dabeizuhaben; denn es soll ein lustiger Krieg werden. Es schien uns wenigstens, daß man wenig Aussicht auf Erfolg hat, wenn man versucht, dieses böse Gelichter mit dessen eigenen Waffen anzugreifen.«
    So kam es, daß Lagosch im Frühjahr auf seinem niedrigen Fischergaul mit Barlo und Lauscher nach Draglop ritt. Zuerst ging es auf schmalen Pfaden durch ödes Moorgebiet, vorbei an kümmerlichen Birken und öligen Wassertümpeln, in denen das Sumpfgas gluckste, wenn sie auf dem weichen, schwankenden Boden vorübertrabten. Lagosch ritt voran, denn er kannte hier jeden Weg und Steg.
    »Man nennt diese Gegend das Nebelmoor«, sagte Lagosch, »doch im Frühjahr bleibt hier die Luft zumeist klar.« Gegen Abend führte er sie zu einer niedrigen Bodenerhebung inmitten der Sümpfe, auf der eine mächtige Eiche stand, und sagte, daß sie hier die Nacht zubringen würden. Lauscher hatte sich gewundert, daß Lagosch schon unterwegs hie und da einen dürren Ast aufgelesen und unter die Riemen seiner Packtaschen geschoben hatte. Als er dann mit den beiden anderen den Platz unter der Eiche nach trockenem Holz für ein Feuer absuchte, war er dankbar für Lagoschs Voraussicht; denn hier war nicht viel zu finden außer ein paar morschen Aststücken, die im Winter unter der Last des Schnees heruntergebrochen waren. Mit verdorrten Strähnen vorjähriger Riedhalme konnte Lagosch schließlich eine Flamme entfachen, aber es blieb ein kümmerlich schwelendes Feuer; denn das Holz faulte eher auf dem feuchten Boden, als daß es trocken wurde. Doch der Rauch vertrieb

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