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Steinbock-Spiele

Steinbock-Spiele

Titel: Steinbock-Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Weiter zur nächsten Gabelung.
    Und weiter. Und weiter. Gabelung um Gabelung, Wahl für Wahl, nie dasselbe, nie etwas anderes. Ich gehe weiter. Weiter. Weiter. Weiter. Ich gehe ewig. Ich verlasse den Tunnel nie.
    Was ist überhaupt der Sinn des Lebens? Wer, falls überhaupt jemand, hat uns hierhergesetzt, und warum? Ist der ganze Kosmos einfach ein riesiger Zufall? Oder hat es eine bewußte und entschlossene Erste Ursache gegeben? Was ist mit dem freien Willen? Besitzen wir einen, oder handeln wir nur nach dem Diktat eines unvorstellbaren, unveränderbaren Programms, das vor einer Milliarde Jahren in den Stoff der Wirklichkeit eingeprägt wurde?
    Große, nachhallende Fragen. Von der Art, wie ein Heranwachsender sie stellt, wenn er anfängt, mit der Natur des Universums zu ringen? Wie komme ich in meinem Alter dazu, über derlei Dinge nachzudenken? Wen halte ich damit zum Narren?
    Das ist der Ort. Ich habe das Zentrum des Universums erreicht, wo alle Strudel sich begegnen, wo alles unbewegt ist, die Zone der Sturmlosigkeit. Ich treibe in Stille, bewege mich in einer flachen Bahn. Das ist der Gipfel des Friedens. Das ist der Rand der Vereinigung mit dem All. In meiner Gelassenheit erlebe ich eine Vision des tobenden, stürmenden Universums, das mich umgibt. In jedem Quadranten finden Kriege statt, Streitigkeiten, Verschwörungen, Morde, Flugzeugabstürze, Reibungsverluste, ersterbende Sonnen, Energieübertragungen, zusammenprallende Planeten, eine Vielzahl entropischer Austauschvorgänge. Aber hier ist alles vollkommen still. Hier will ich sein. Ja! Wenn ich nur ewig bleiben könnte!
    Aber wie nur? Es gibt keinen Weg. Schon spüre ich das Zerren unerbittlicher Kräfte, und bin doch erst angekommen. Es gibt keinen immerwährenden Frieden. Wir fegen an diesem wunderbaren Zentrum stets vorbei zu der einen oder anderen Zone der Turbulenz, stets zur Peripherie getrieben, getrieben, getrieben, hilflos. Ich werde fortgezogen vom Ort des Friedens. Ich rotiere wild. Die Zentrifuge des Ichs schleudert mich unablässig. Laß mich zurück! Laß mich! Laß zu, daß ich mich in jenem Ort am Herzen der taumelnden Galaxien verliere!
    Nie sterben. Das ist ein Teil der Anziehungskraft. In tausend Zivilisationen leben, die erst kommen, sehen, wie die künftigen Millennien sich entfalten, stellvertretend teilnehmen an der äußersten Entwicklung der Menschheit – wie das alles erreichen, außer durch diese Bücher und Magazine? Das ist es, was sie mir geben: ewiges Leben, und eine kosmische Perspektive. Jedenfalls geben sie mir das von einer Seite zur nächsten.
    Das Signal fegte durch die schwarze Schüssel der Nacht, aufgefangen immer und immer wieder von UltrawellenVerstärkerstationen, die es in höhere Energiezustände versetzten. Tausend bebende Laserknoten wurden in Dampf verwandelt, um die Botschaft zur galaktischen Kommunikationszentrale auf Manipool VI zu beschleunigen, wo der Kaiser auf Nachrichten über die Revolte wartete. Endlich ergoß sich der Bericht aus der Datenkuppel. Welten in Flammen! Millionen tot! Die Talismane des Imperiums zertrampelt!
    »Wir haben keine Wahl«, sagte der Kaiser ruhig. »Zerstört auf der Stelle das ganze System Rigel.«
    Das Problem, das auftaucht, wenn man versucht, Sciencefiction als Erwachsenenliteratur zu betrachten, liegt darin, daß sie von unseren ›realen‹ Sorgen doppelt weit entfernt ist. Gewöhnliche Prosadichtung, Faulkner und Dostojewski und Hemingway, ist, schon der Definition nach, Erfindung – die erste Stufe. Aber sie entstammt wenigstens direkt der Erfahrung, der Betrachtung der empirischen Welt greifbarer Alltagserscheinungen. Während wir also etwa ›Die Dämonen‹ als etwas Abstraktes, als einen verbalen Gegenstand, eine Konstruktion aus Haupt- und Zeitwörtern, aus Eigenschafts- und Umstandswörtern akzeptieren, und während wir sie rein als Geschichte, als Ansammlung von Vorfällen und Gesprächen und erklärenden Abschnitten nehmen können, die erfundene Gestalten und Ereignisse beschreiben, können wir sie auch als Führer für einen bestimmten Aspekt der russischen Sensibilität im neunzehnten Jahrhundert und als einen Schlüssel zum vorrevolutionären radikalen Denken gebrauchen. Das heißt, sie haben die Natur eines historischen Fundstücks, sie sind ein Erbstück ihrer eigenen Zeit, mit echten und unterscheidbaren außerliterarischen Werten. Weil es wirkliche Menschen vorstellt, die sich in einer plausiblen und verstehbaren menschlichen Situation der realen

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