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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie
Autoren: Daniel Goffart
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»Dann entscheiden die Mitglieder«, so Gabriel. Eine Spaltung der SPD fürchte er nicht. Im Gegenteil: Eine solche interne Abstimmung wirke »ungeheuer mobilisierend«. Gleichzeitig dürfte das auch ein Wink mit dem Zaunpfahl für Peer Steinbrück gewesen sein, es mit der Werbung in eigener Sache nicht zu übertreiben.
    Ebenso signalisierte Gabriels starker Auftritt vor dem SPD-Parteitag 2011 allen Beobachtern, dass er und kein anderer es sei, der zum richtigen Zeitpunkt die K-Frage entscheiden werde. So wie Kurt Beck am Ende nur der Getriebene zu sein, das verträgt sich nicht mit Gabriels Selbstbewusstsein. Allerdings schließen sich an solche demonstrativen Machtbeweise zugleich immer wieder Spekulationen an, ob Gabriel am Ende selbst gegen Merkel antreten wolle.
    Doch nach allem, was man in Berlin hört, ist das der unwahrscheinlichste Fall. »Für mich ist nicht entscheidend, wer Kanzlerkandidat wird, sondern dass die SPD den nächsten Kanzler stellt«, hat Gabriel in der Vergangenheit mehrfach betont. Man darf diese Versicherung durchaus ernst nehmen, denn es fiele auch auf den Vorsitzenden zurück, wenn er den falschen Kandidaten bestimmen oder sich trotz schlechter Aussichten selbst zum Herausforderer krönen würde. Gabriel drängt sich nicht nach einer Kandidatur, heißt es in seinem Umfeld immer wieder. Er werde vielmehr jedem den Vortritt lassen, der der SPD das bessere Resultat einbringe. Und da Gabriel auch seit Jahren die Umfragen liest und zu seinem Bedauern erkennen muss, dass er von den drei SPD-Spitzenpolitikern die geringsten Chancen hätte, wird er sich seinen Reim darauf machen. Es spricht sogar viel für die Vermutung, dass er sich selbst innerlich bereits gegen eine Kandidatur entschieden hat, auch wenn es den Vollblutpolitiker Sigmar Gabriel sehr reizen würde, persönlich gegen Merkel in den Ring zu steigen. So aber achtet er darauf, weiterhin fest im Regiestuhl zu sitzen und niemals auch nur den Verdacht aufkommen zu lassen, er habe sich im stillen Kämmerlein bereits vorzeitig aus dem Rennen genommen. Zum einen wäre es dann um seine Autorität und Entscheidungsgewalt geschehen. Zum anderen weiß man auch nie, ob in den nächsten Monaten nicht irgendwelche unvorhergesehenen Dinge passieren, die Steinbrück und Steinmeier zum Aufgeben zwingen – und dann stünde die SPD plötzlich ohne einen Kandidaten da.
    Der genaue Entscheidungszeitpunkt für die Krönungsmesse des Kanzlerkandidaten ist offen. Es herrscht Konsens darüber, so spät wie möglich den Herausforderer von Angela Merkel zu bestimmen. Immer wieder wird der Januar 2013 genannt, konkret die Woche nach der niedersächsischen Landtagswahl. Da manche in der SPD fürchten, dass die Sozialdemokraten trotz wachsender Zuversicht in Niedersachsen nicht erfolgreich sein werden, soll mit der späteren Kür des Kanzlerkandidaten vermieden werden, dass er mit einer Niederlage dort in Verbindung gebracht wird. Auch nach der Entscheidung in Hannover bliebe noch ein halbes Jahr bis zur Bundestagswahl im Herbst 2013, was unter Kampagnemanagern als optimale Zeitspanne gilt. Außerdem lässt sich Anfang 2013 auch eher voraussagen, was die zwei, drei beherrschenden Themen sein werden, die die Bundestagswahl prägen.
    Genau davon hängt es letzten Endes nämlich ab, wer von den beiden »Stones«, wie Steinmeier und Steinbrück gerne genannt werden, das Rennen macht. In den Popularitätswerten liegen beide in etwa gleich auf. Jeder von ihnen gilt als kompetent und verlässlich. Sollte die Eurokrise 2013 das beherrschende Thema bleiben, spräche viel dafür, Peer Steinbrück ins Rennen zu schicken. Angesichts der beunruhigenden Entwicklung in Griechenland und anderen Mittelmeerländern gäbe keinen Besseren. Er ist als Finanzminister mit dem Thema vertraut, und er hat Deutschland schon durch die erste große Krise nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers gesteuert. Außerdem kann er plastisch und anschaulich wie kein Zweiter die Zusammenhänge der Weltfinanzarchitektur erklären und einen Bogen schlagen zu dem, was das für die Bürger konkret bedeutet. Mit Steinbrück ließe sich auch die Kampagne inszenieren, die Merkel am meisten fürchten müsste: Wann war es gut? Als die Kanzlerin noch Steinbrück an ihrer Seite hatte! Wann wurde es schlechter? Als Steinbrück weg war und stattdessen Westerwelle kam!
    Natürlich kennt sich auch Steinmeier in diesen Themenfeldern aus. Doch seine theoretische Sattelfestigkeit ändert nichts daran, dass er als
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