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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie
Autoren: Daniel Goffart
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bestimmten Spitzenkandidaten aussprechen. Solche einseitigen Parteinahmen sind dem BDI in der Vergangenheit nämlich nicht sonderlich gut bekommen. Als etwa der frühere BDI-Chef Michael Rogowski gegen Gerhard Schröder und die rot-grüne Bundesregierung zu Felde zog, ließ der Kanzler ihn einfach links liegen. Schließlich riss der Kontakt zwischen der Regierungsspitze und dem größten Industrieverband Deutschlands gänzlich ab. Im Ergebnis hatte Rogowski sich und den gesamten Verband in eine Sackgasse manövriert. Diesen Fehler würden Keitel oder sein Nachfolger Ulrich Grillo sicher nicht wiederholen und deshalb trotz einer Sympathie für Steinbrück strikte Neutralität wahren.
    Dennoch wäre der SPD und ihrem Spitzenkandidaten im nächsten Wahlkampf sehr geholfen, wenn sie im Gegensatz zu früheren Zeiten von der Wirtschaft keinen Gegenwind mehr bekäme. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die Eurokrise haben dazu geführt, dass die wirtschaftspolitische Kompetenz einer Partei und eines Kandidaten zur entscheidenden Frage im Wahlkampf werden kann. Nur wer glaubhaft vermittelt, er könne Deutschland sicher durch diese Krisenzeiten führen, hat im Wettbewerb um das wichtigste Regierungsamt eine Chance.
    Nicht zuletzt aus diesem Grund ist Peer Steinbrück die Kontaktpflege zu Keitel und den anderen Präsidenten der großen Verbände so wichtig. Sie sind in der Wirtschaftspolitik entscheidende Multiplikatoren und beeinflussen mit ihren Urteilen und Ansichten Millionen ihrer Mitglieder in den deutschen Unternehmen, vom Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern.
    Einen guten Draht hat Steinbrück auch zu Hans Heinrich Driftmann, dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages DIHK. Der weißhaarige Unternehmer, persönlich haftender Gesellschafter des Lebensmittelherstellers Köllnflockenwerke in Elmshorn, kennt Steinbrück noch aus seiner Ministerzeit in Schleswig-Holstein. Driftmann stand damals an der Spitze der IHK Kiel und saß der Vereinigung der Unternehmerverbände Hamburg und Schleswig-Holstein vor. In diesen Funktionen arbeitete er oft mit Steinbrück zusammen, als dieser erst das Verkehrs- und dann das Wirtschaftsressort der Landesregierung in Kiel führte.
    Ähnlich wie Keitel schätzt Driftmann seit vielen Jahren die pragmatische und wirtschaftsfreundliche Haltung Steinbrücks. Wenn es Fragezeichen gibt, dann gelten diese nicht der Person oder der Kompetenz des möglichen Kanzlerkandidaten der SPD, sondern eher dem wirtschafts- und sozialpolitischen Kurs seiner Partei. Allerdings räumt er ein, dass Steinbrück sich dennoch für die Belange der deutschen Wirtschaft starkmachen würde.
    Zum diskreten Netzwerk von Peer Steinbrück gehört ferner ein früherer politischer Weggefährte aus Nordrhein-Westfalen: Harald Schartau. Bis zum Verlust der Regierungsmehrheit 2005 Wirtschafts- und Arbeitsminister in Düsseldorf, sitzt der Sozialdemokrat heute in der Geschäftsführung der Georgmarienhütte und gilt als ein in Wirtschaft und Politik exzellent verdrahteter Manager. Als früherer Gewerkschaftsvorsitzender in NRW reichen seine Kontakte bis tief hinein in die Arbeitnehmervertretungen; ein unschätzbares Kapital für einen Wirtschaftsmann.
    Quasi im Nebenberuf arbeitet Schartau noch als Sprecher der Arbeitsdirektoren der deutschen Eisen- und Stahlindustrie. In dieser weitgehend unbekannten, wiewohl einflussreichen Vereinigung sind alle Vorstände und Geschäftsführer versammelt, die in ihren Unternehmen die oberste Instanz in Personalfragen bilden. Hier wird nicht selten über Karrieren und Lebenswege entschieden. Die meisten der Personalvorstände verfügen über einen sozialdemokratischen oder gewerkschaftlichen Hintergrund und gelten als nicht ideologisch und zudem wirtschaftsfreundlich, genau wie Steinbrück. In dieser weitverzweigten und einflussreichen Wirtschaftsvereinigung kann Steinbrück auf eine Reihe Gleichgesinnter zählen.
    Wohlwollen und stille Unterstützung erhält Steinbrück des Weiteren von Berthold Beitz, dem mächtigen Vorsitzenden der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Der inzwischen 99-jährige Ruhrgebietspatriarch hatte Steinbrück unmittelbar nach dessen Ausscheiden als Bundesfinanzminister 2009 in den Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp berufen. Beitz, der als Manager der Montanindustrie immer für die Mitbestimmung und die sozialen Belange der Arbeitnehmer gekämpft hat, kennt und schätzt Steinbrück seit dessen Regierungszeit in Nordrhein-Westfalen.
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