Steine der Macht - Band 5
Gelbgrün aufleuchtete. „Das habe nicht einmal ich gewusst, dass es so etwas gibt“, lächelte Rassul, „und jetzt geht da hinunter. Vorsichtig, einer nach dem anderen. Es sind nur einige Sprossen auf der Leiter.“
Rassul und auch jeder der Freunde hatte eine Taschenlampe dabei.
Nachdem sie unten angekommen waren, schlug ihnen stickige, warme Luft entgegen. Es roch nach Erde. Sie gingen einen schmalen Gang unter den Überresten der Häuser entlang.
„Allah sei Dank“, sagte Rassul, „dass dieser Zugang trotz der schweren Lastwagen noch intakt geblieben ist. Sonst wäre ein Besuch dieses Grabes unmöglich geworden.“
Nach circa zwanzig Metern erreichten sie abermals eine Öffnung im Boden, in die ebenfalls eine Leiter hinunterführte. Der Grabräuber meinte: „Wir befinden uns nun direkt unter meinem ehemaligen Haus. Als bekannt wurde, dass Hamam alles niederreißen lassen würde, haben wir noch rasch diesen Gang angelegt, damit wir auch später noch in das Grab hineinkommen können.“ Rassul stieg hinunter und Herbert folgte ihm. Für Wolf wurde es etwas eng und Claudia konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen: „Ich würde dir den guten Rat geben, beim Hotel-Buffet in Zukunft nur noch eine Speise zu nehmen, sonst kommst du bei solchen engen Gängen bald nicht mehr durch.“
Etwas genervt gab er ihr zur Antwort: „Ja, ja, die Linda hat mir vor ein paar Jahren im Denderah-Tempel, als wir in die Krypta hinabgestiegen sind, fast dasselbe wie du gesagt, aber irgendwie bin ich immer noch durchgekommen.“
„Ich werde euch jetzt die Mumien zeigen“, sagte Rassul. Hinter einer Biegung, wo sich der Gang zu einem in den Sandstein gehauenen Raum erweiterte, lagen auf Felssockeln drei Mumien. Sie waren noch vollkommen in Bandagen eingewickelt. Ein paar dünne Bänder aus einem offenbar anderen, gemusterten Stoff waren an den Mumien angebracht.
Wolf zupfte sich rasch, bevor es jemand bemerkte, ein Stück von der Mumienbinde und von dem dunkleren Stoffband herunter und steckte es in seine Hosentasche. Das würde zu Hause in eine seiner Glasvitrinen kommen. Elisabeth und Claudia schauten mit gemischten Gefühlen auf die bandagierten menschlichen Überreste aus einer anderen Zeit, während Herbert auf eine der Mumien mit der Hand klopfte und meinte: „Hallo Vater, schlaf schön weiter.“ Der Schlag auf die Mumie klang irgendwie hohl. Er übersetzte seine Worte für Rassul auf Englisch. Dieser verzog keine Miene und drängte auf ein Weitergehen. Claudia wollte nun nicht als Letzte gehen und reihte sich zwischen Elisabeth und Wolf ein.
Nach wenigen Metern erreichten sie einen Gang, welcher wesentlich exakter als die bisherigen gearbeitet war. Es sah aus, als wäre hier ein Tunnel mit einer Maschine in den Fels gefräst worden. „Das hier haben wir erst vor einem Jahr entdeckt. Durch die Erschütterungen, welche die Baumaschinen verursacht haben, ist dieser neue Gang freigelegt worden.“
Wolf staunte, so etwas hatte er vor Jahren schon in einem Buch gesehen, er wusste momentan aber nicht mehr, wo. Er fragte: „Wie tief sind wir hier eigentlich unter der Erde?“
„Ich schätze so zehn bis fünfzehn Meter“, antwortete Rassul, „aber je weiter wir gehen, desto tiefer kommen wir unter die Oberfläche. Wir bewegen uns nämlich direkt auf den Berghang zu.“
Schließlich gelangten sie zu einer in den Fels gehauenen Treppe, über welche sie nochmals etwas tiefer hinabstiegen.
„Hier, ganz in der Nähe, ist mein Sohn, der Bruder von Mohamed, damals verschwunden. Die Geschichte kennen Sie ja bereits“, meinte Rassul zu Wolf.
Die Wände im Gang waren hier sehr fein bearbeitet worden und seltsame Zeichen waren auf ihnen zu sehen. Es waren keine Hieroglyphen, sondern irgendwelche Zeichen von beinahe technischem Aussehen.
Auch Rassul konnte nichts über deren Herkunft sagen.
Die Luft war abgestanden und alle atmeten schon sichtlich schwerer, als Rassul sagte: „Das Eigenartigste kommt noch. Gleich da vorne ist eine Art Tisch.“ Wie ein Altar stand da in dem etwas erweiterten Gang ein Steinblock, welcher wegen seiner Abmessungen eigentlich gar nicht hier hereingekommen sein konnte. Auch Herbert fiel das auf und er meinte zu Rassul gewandt: „Wer hat denn diesen Block hierhergebracht? Und vor allem, wie?“
Der alte Grabräuber hatte ebenfalls keine Ahnung und nahm das Vorhandensein des großen Steinblockes schlicht als gegeben hin. Er quittierte deshalb Herberts Frage nur mit einem Achselzucken. Er
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