Steine der Macht - Band 5
Sie waren der Ansicht, dass dies sicherlich im Bereich des Möglichen liegen würde. Zu guter Letzt setzte sich auch noch der Wirt Friedl an den Tisch und erzählte den beiden Gästen die Geschichte von der Suche nach einer verschwundenen Frau am Untersberg, bei welcher in den späten Fünfzigerjahren Friedls Vater beinahe abgestürzt wäre.
Nach über drei Stunden angeregten Gespräches verabschiedeten sich die beiden. Thomas und Rosemarie versprachen, im Sommer wiederzukommen. Dann würde auch ihre siebzehnjährige Tochter Julia mit dabei sein.
Am darauffolgenden Tag war ebenfalls wieder herrliches Bergwetter und Claudia wollte nochmals mit Wolf auf den Obersalzberg hinauffahren.
Weil sie mit Thomas und Rosemarie am Vortag unter anderem auch über den Teich mit den darin befindlichen Goldbarren gesprochen hatten, meinte Claudia:
„Mit Linda, der Lehrerin, warst du doch schon oben am Teich. Du hast mir ja die Fotos gezeigt. Ich möchte auch gerne dort hinauf. Nicht wegen des Goldes, nein, es ist, so wie es auf den Bildern aussieht, ein recht schönes Plätzchen. Machst du mir die Freude?“
Jetzt wäre eine gute Zeit dafür, dachte Wolf. Der Waldboden war trocken und rutschig war es auch nicht. Er meinte zu ihr: „Ja, dann gehen wir heute hinauf, es wird dir gefallen.“
Das Wetter blieb, so wie es prognostiziert war, schön und am Vormittag fuhr Wolf mit Claudia auf den Obersalzberg hinauf. Sie ließen den Wagen an einer Ausweiche stehen und schon nach den ersten einhundert Metern sagte er zu ihr: „Schau dir das einmal an, hier sieht es aus, als wenn ein Sturzbach durch den Wald geschossen wäre.“ Es musste schon längere Zeit her sein, dass an dieser Stelle viel Wasser über den Waldboden geflossen sein musste, denn alles war trocken, aber man konnte die Spuren deutlich sehen.
Als sie schließlich bei Hitlers Forellenteich angekommen waren, sahen sie, was geschehen war. „Da hat jemand versucht, einen Teil des Wassers aus dem Teich abzulassen, und dafür hat er diesen Graben gemacht. Derjenige hat einiges an Energie dafür aufgewendet. Da wollte jemand nach dem vermeintlichen Gold suchen. Da siehst du einmal mehr, was die Gier aus den Menschen macht.“
Claudia legte ihren Anorak auf einen Baumstumpf und setzte sich hin. Sie beobachtete die Forellen im Wasser, welche dort schon seit Hitlers Zeiten lebten.
„Es ist tatsächlich ein ruhiger, romantischer Ort. Hierher kommen auch kaum Leute.“
Wolf war mittlerweile auf der linken Seite des Teiches entlanggegangen bis zu der Stelle, an welcher sich früher das Futterhäuschen für die Fische befunden hatte. Nur einige morsche, verrottete Bretter zeugten noch davon.
Plötzlich hob er etwas vom Boden auf und hielt es in die Luft. „Schau mal, was ich da gefunden habe!“
Es war eine Granate, welche Wolf in der Hand hielt. Sie war schon ziemlich verrostet.
„Wirf das Ding sofort wieder weg“, rief Claudia, welcher man die Angst im Gesicht ansehen konnte, „so etwas kann auch heute noch gefährlich sein!“
Wolf holte mit seinem Arm aus und die Granate flog in hohem Bogen in den Teich, wo sie nach wenigen Sekunden im tiefen Schlamm am Grunde des Weihers verschwand.
„So wird es mit den Goldbarren auch gewesen sein. Zudem ist das Gold ja wesentlich schwerer als Eisen und daher würden diese Barren sehr tief in den Schlamm eingesunken sein. Aber wie du gerade gesehen hast, lockt es noch immer Leute an, die ganz besessen darauf sind, es zu finden.“
Claudia nickte nur stumm und schaute gedankenverloren den flinken Forellen im kristallklaren Wasser zu.
„Was ist das für eine dicke Rohrleitung, die da nach unten durch den Wald führt?“, fragte sie.
„Der Teich hier wurde lange bevor Hitler auf den Obersalzberg kam von Prof. Carl Linde als kleiner Stausee errichtet. Sein damaliges Haus lag nur wenige hundert Meter weiter unten. Das Wasser des Teiches gelangte über diese Rohre direkt in den Keller seines Hauses. Dort befand sich eine kleine Turbine zur Stromerzeugung.“
„Gab es zu dieser Zeit noch keinen elektrischen Strom hier am Obersalzberg?“, fragte Claudia nach.
„Doch, schon, aber nicht in der Menge, die der Professor für seine Versuche benötigte, außerdem gab es zu dieser Zeit noch häufig Stromausfälle hier am Berg.“
„Für welche Versuche?“, wollte sie noch wissen.
Prof. Carl Linde war sozusagen der Erfinder des Kühlschrankes“, erklärte ihr Wolf nur kurz, da er sie mit technischen Details nicht belasten
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