Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
einem tierischen Schrei ließ der Angreifer seine Waffe fallen, als ihn der Laserstrahl blendete. Er flüchtete mit großen Sprüngen und war nach wenigen Sekunden im undurchdringlichen Dickicht des Urwaldes verschwunden. Das Baumeln einiger dicker Lianen, die von den haushohen Bäumen herunterhingen, zeugten noch von der Flucht des Wilden. Rasch bückte sich Wolf, hob den glatt geschliffenen Faustkeil vom Boden auf und legte ihn in den Rucksack.
„Und jetzt sag bloß noch einmal, dass dieser Laser ein unnötiges Spielzeug ist!“, rief Wolf Linda zu, die das Geschehen am Felsportal hatte mitansehen müssen und sich mittlerweile fest an die Felswand gedrückt hatte.
„Ja, ich weiß“, antwortete sie kleinlaut, „der Laser hat uns ja schon einmal in einer gefährlichen Lage geholfen“. Gleich darauf aber sagte sie tadelnd: „Aber in solche Situationen kommt man eben nur mit dir.“
„Halte jetzt keine Volksreden, und komm endlich, bevor da noch weitere Steinzeitwesen auftauchen.“
Rief Wolf, packte die geschockte Linda am Arm und lief mit ihr den Gang bis zur Tür zurück. Dort bückte er sich noch nach seinem Kugelschreiber, zog ihn hervor, und die Tür fiel hinter ihnen fast lautlos wieder zu. Auch bei der zweiten Steinplatte vergaß er nicht, das eingekeilte Schreibgerät wieder herauszuziehen. Hier oben war die Temperatur wieder normal, und auch von dem tosenden Wasserfall konnte man jetzt nichts mehr hören. Beiden standen aber noch Schweißperlen auf der Stirn.
Als sie die Edelstahlplatte passiert hatten und sich wieder im glasierten Gang befanden, nahm Wolf den Stein des Wilden aus seinem Rucksack und gab ihn Linda in die Hand. „Na, was sagst du dazu? Schöne Arbeit, nicht wahr? Ich würde sagen, dass es sich dabei um Basalt handelt.“
Mit einem finsteren Blick antwortete die Lehrerin: „Was soll ich schon dazu sagen? Von wegen ‚schöne Arbeit‘! Mit diesem Ding wollte uns der Wilde vermutlich den Schädel einschlagen. Und nur weil du unbedingt überall hineingehen musst, sind wir wieder einmal in Gefahr geraten!“
Als sie durch das Hologramm beim schwarzen Felsen an der Bergwiese wieder herauskamen und im schönen Sonnenlicht standen, sagte Wolf: „Ich werde morgen zum Museum fahren, vielleicht kann uns dort irgendwer sagen, woher dieser Faustkeil stammen könnte. Dann wissen wir zumindest, wo und wann wir in diesem Dschungel waren. Ich für meinen Teil würde auf Südamerika tippen.“
„Südamerika?“ Linda schaute Wolf erstaunt an. „Wie sollte das denn möglich sein?“
„Die Frage nach dem ‚wie‘ habe ich mir mittlerweile schon abgewöhnt. Erinnere dich an den Moment, als mir der General die silbernen Türme gezeigt hat. Da sind wir kaum zwanzig Meter ohne jede Steigung in den Stollen seiner Station gegangen und kamen dann hoch oben am Berg auf einem Felsplateau heraus. Damals war doch auch eindeutig so eine Raumverschiebung mit im Spiel.“
„Ja, das waren doch nur wenige Meter, aber Südamerika? Da geht es doch um viele Tausende Kilometer“, erwiderte Linda.
„Ich glaube, wenn so eine Raumversetzung generell möglich ist, dann dürfte die Entfernung dabei keine Rolle spielen. Ob einige Meter oder Tausende Kilometer, das macht dann keinen Unterschied“, antwortete ihr Wolf.
Als er tags darauf im Museum den Faustkeil zur Begutachtung vorzeigte, meinte der anwesende Archäologe, dass es sich ziemlich sicher um ein Artefakt aus der Jungsteinzeit handeln müsste. So um die fünftausend Jahre alt. Für eine Bestimmung des Herkunftsorts müsse erst der Geologe des Museums eine genaue Untersuchung vornehmen, und dieser sei zurzeit im Urlaub. Wolf wollte wiederkommen, er musste ja schließlich wissen, wohin dieser Tunnel im Untersberg führte.
Zu Hause erzählte er Linda von der Datierung des Faustkeils und meinte dann: „Die Sache mit dem Untersberg wird immer mysteriöser. Jetzt begreife ich auch langsam, warum sich so viele Menschen für diesen Gebirgsstock interessieren. Wahrscheinlich spüren diese Leute auf irgendeine Weise, dass hier eine Kraft vorhanden ist, die woanders nicht so geballt auftritt.“
„Mag schon sein“, antwortete Linda, „aber auch diese Erkenntnis bringt uns auf der Suche nach dem Geheimnis des Bergs nicht weiter. Außerdem würde ich dir empfehlen, deine Pistole mitzunehmen, falls du vorhaben solltest, nochmals durch einen solchen Zeittunnel zu gehen.“,
„Gar keine so schlechte Idee, aber ich könnte mir ja auch ein Gewehr kaufen. Wie
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