Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
in der Regierung tätig, deshalb habe ich auch Zutritt zu dieser Anlage und kann Sie hierher mitnehmen.“
Becker deutete mit der Hand nach vorne, und es erschien ein dreidimensionales Bild, welches die Hälfte des kreisförmigen Raumes einnahm. „Sie sehen hier das Dorf mit dem alten Gasthof am Fuß des Untersberges, oder besser gesagt, so wie es im Jahr 2090 aussehen könnte.“
Wolf war erstaunt über diese Technik, welche solch eine Sicht in die Zukunft ermöglichte. Noch mehr beschäftigte ihn aber der Umstand, dass die silbernen Türme nicht mehr zu sehen waren, welche ihm der General im Vorjahr von der Felsterrasse am Untersberg gezeigt hatte.
Becker war Wolfs Erstaunen nicht entgangen, und er sagte: „Wie Sie sehen, hat Ihr Ritual bereits Wirkung gezeigt. Die silbernen Türme sind nicht gebaut worden. Aber die Gefahr ist noch nicht gebannt.“
„Was soll das mit dem Ritual in der Kapelle zu tun haben? Nur weil wir im vorigen Monat eine halbe Stunde in dieser alten Kirche waren, werden hier in achtzig Jahren diese silbernen Türme nicht stehen? Das kann doch nicht sein!“
„Doch! Wie durch Rituale nachhaltige Veränderungen herbeigeführt werden können, haben Sie ja bereits als Rosenkreuzer erfahren. Bei dem von Ihnen durchgeführten Isais-Ritual handelt es sich aber um etwas sehr Mächtiges, etwas, das die Zukunft wesentlich beeinflussen wird.“ Becker schaute Wolf bei diesen Worten ernst an und fuhr fort: „Ich möchte Ihnen nun auf Ihre Frage nach der Zeichnung mit dem Bischof eine Antwort geben, dazu werde ich Ihnen aber noch einige entscheidende Episoden aus Ihrem Leben zeigen, Schlüsselszenen, die für Ihre jetzige Aufgabe notwendig waren.“ Er hob seine rechte Hand und streckte sie aus, als wollte er auf etwas zeigen, da verschwand das Bild vor ihnen im Raum und ein neues entstand. Wolf sah sich selbst im Alter von knapp zwanzig Jahren. Er war damals bei einer katholischen Jugendgruppe gewesen und hatte für sich den Entschluss gefasst, Priester zu werden. Und zwar wollte er später als Missionar an den Amazonas. Der Leiter der Jugendgruppe, ein älterer Vikar, hatte ihn bereits im Priesterseminar angemeldet. Wolf konnte das entscheidende Gespräch mit dem Vikar nun noch einmal hautnah miterleben. „Sie waren damals schon für Ihre heutige Aufgabe ausgewählt worden, und als Priester hätten Sie diese nicht mehr erfüllen können, also musste durch einen minimalen Eingriff Ihr Lebensweg verändert werden. Aber sehen Sie selbst.“ Wieder streckte Becker seine Hand nach vor, und Wolf konnte sich abermals selbst sehen. Es war genau der Augenblick, als er Silvia zum ersten Mal begegnete. Er fühlte sich bereits damals zu dem Mädchen so sehr hingezogen, dass sein Gedanke an ein Missionarsdasein in Südamerika wie weggeblasen schien. „Durch Silvia konnten Sie also davon abgehalten werden, die Priesterlaufbahn anzutreten, dennoch war auch sie nicht der Garant dafür, dass Ihre Interessen für einen geistigen Weg, gepaart mit dem Hang zum Abenteurer, gefördert werden würden. Aus diesem Grund mussten Sie sich auch nach einiger Zeit wieder von ihr trennen, was Ihnen offensichtlich nicht leicht gefallen ist.“ Das Bild zeigte nun die kurze Szene, als er Silvia zum letzten Mal auf der Veranda ihres Elternhauses sah. Wolf bekam bei diesem Bild feuchte Augen, und es schnürte ihm die Kehle zu. Becker sprach weiter: „Auch Linda spielte eine große Rolle. Sie war wichtig, um Sie bei Ihren Abenteuern in Ägypten und am Untersberg zu begleiten. Da Linda auch mystische Neigungen besaß, erreichten Sie mit ihr all die Plätze, die notwendig waren, um dem Geheimnis der Isais näherzukommen.“ Und wieder änderte sich das Bild. Wolf war fasziniert und erschüttert zugleich. Das waren alles einschneidende Ereignisse aus seiner Jugend, welche er da im Raum vor ihm sah.
„Eine besondere Schlüsselszene war die von Ihnen als Logenmeister gestaltete Feier am Untersberg im Rosenkreuzerjahr 3333 . Damals trafen Sie, wie durch Zufall, mit jenen Leuten zusammen, die einige Jahre später dort am Berg verschwinden sollten und durch die Sie später zu Ihrer Suche nach den Phänomenen am Berg ermuntert wurden. In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen jetzt auch etwas zu den drei Kugeln sagen, die Sie zuvor im Gasthof angesprochen haben. Die Rosenkreuzer-Gruppe in Salzburg nannte sich doch ‚Paracelsus Pronaos‘ und dieser berühmte Arzt aus dem Mittelalter, an dessen Grabmal Sie damals nach der Feier eine rote
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