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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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Landau erneut. Aber diesmal
war es ein abgründiges Seufzen. Sie sagte: "Wenn das wirklich
zusammenhängt, dann ... Uhl ist immerhin Geologe."
    Gut, das wußte Rosenblüt. Was er jedoch nicht wußte und
nun von Landau erfuhr, war der Umstand, daß Uhl ursprünglich beauftragt worden
war, ein Gutachten über die Bodenverhältnisse im Mittleren Schloßgarten
abzugeben, betreffend der Schichten, betreffend des Wassers, der Bewegung im
Erdreich, so was eben. Im Auftrag der Projektplaner, versteht sich. Später
hatte es geheißen, Uhl hätte aus terminlichen Gründen absagen müssen.
Allerdings wurde das alles nie richtig öffentlich, der Auftrag für das
Gutachten sowenig wie die angebliche Absage. Auch Landau hatte nur davon
erfahren, weil sie einen Typen aus dem Planungsbüro kannte, der ihr gegenüber
gerne den Herrn Wichtig spielte, indem er ein paar Interna ausplauderte. Er
protzte mit seinem Wissen. Viele Leute in der Stadt taten das, es war geradezu
ein Sport geworden. Freilich hatte dieser eine es nur getan, um Teska Landau -
die wahrlich nicht von jedermann als "häßliches Entlein" angesehen
wurde, und auch Rosenblüts diesbezügliche Anti-Haltung bröckelte zusehends -,
um sie also zu beeindrucken. Sie hatte den Aufschneider zwar widerwärtig
gefunden, konnte nun aber froh sein, ihm zugehört zu haben.
    "Sie können sich vorstellen", erklärte Landau, "daß
niemand sich hier wünscht - ich meine, niemand von offizieller Seite -, daß die
Sache mit dem Gutachten irgendwas mit Uhls Problemen in München zu tun hat.
Private Probleme, das wäre schön: Eifersucht, Erbschaftsstreit, Bruderzwist.
Ein Jammer nur, daß Uhl keinen Bruder hat. Und wenn jetzt auch noch
herauskommt, daß die Einschüchterungsversuche gegen ihn und seine Familie
tatsächlich mit dem Projekt zusammenhängen, mit einem Gutachten, von dem es
heißt, es sei nie erstellt worden, dann wäre das genau die Scheiße, von der
gerne gesagt wird, man bleibe in ihr stecken."
    "Die Untersuchung von Exkrementen war noch nie
sonderlich appetitlich", kommentierte Rosenblüt. "Und darum sind wir
hier. Herr Aydin wird uns hoffentlich die Freude machen, unsere Befürchtungen
zu bestätigen oder zu entkräften."
    Keine Frage, auch Rosenblüt wäre eine private Bedeutung
des Falls Uhl viel lieber gewesen als eine politische. Das Politische strahlte,
aber weniger wie ein Kindergesicht, sondern eher wie eins dieser Atommüllager,
die keiner vorm eigenen Gärtchen mag.
    "Kommen Sie", sagte Rosenblüt, "gehen wir."
    Sie verließen den Wagen, alle drei, um zu Aydin zu
gelangen. Zwischen erstem und zweitem Stockwerk hielt Kepler plötzlich inne.
Er wollte nicht mehr weiter oder konnte nicht mehr weiter. Nun war er aber
weder ein ganz junger noch ein ganz alter noch ein behinderter Hund, auf daß
sein Herrchen sich hätte veranlaßt sehen können, ihn nach oben zu tragen. Darum
blieb Kepler einfach dort stehen, wo er stand, und Rosenblüt und Landau setzten
zu zweit ihren Weg fort.
    "Macht er das oft?" fragte Landau.
    "Was?"
    "Den Erstarrten spielen."
    "Ja", sagte Rosenblüt und tat also, als wäre er
seit langem mit diesem Tier zusammen.
    In der letzten Etage angekommen, klopfte er an die Türe.
Ein muskulöser Mann mit Sonnenbrille öffnete. Genaugenommen stellte er sich in
den Weg.
    Rosenblüt betrachtete ihn wie einen Werkzeugkasten, in dem
zwar jede Menge Arbeitsgeräte steckten, aber kein einziger Schraubenzieher,
und erklärte: "Sagen Sie Aydin, daß ich hier bin. Kommissar Rosenblüt. Er
erwartet mich."
    "Davon weiß ich nichts", entgegnete der
schraubenzieherlose Im-Weg-Steher.
    "Muß ich mir jetzt was ausdenken, um Ihnen den Arm
auf dem Rücken zu verdrehen?" fragte Rosenblüt.
    Das Muskelpaket lachte. "Kommissarle, Sie wären nicht
mal imstande, mir einen Finger zu verdrehen."
    Das mochte sicherlich stimmen. Aber auf Finger und Arme
kam es gar nicht an. Aus dem Schatten Rosenblüts trat nun Landau vor und
drängte den Sonnenbrillenmann zur Seite, ohne ihn auch nur berührt zu haben.
Vielleicht war es ihr Busen, oder es waren ihre Kinderaugen, egal, sie
verschaffte sich mit derselben Leichtigkeit Zugang zu dieser Wohnung, mit der
eine Schwimmerin das Wasser teilt und mittels der Teilung vorwärtsdriftet. -
Das war mehr als ein Vergleich. Rosenblüt begriff, es in der Tat mit einer
Schwimmerin zu tun zu haben.
    Die Schwimmerin trieb weiter durch die Wohnung. In ihrem
Kielwasser Rosenblüt und der Sonnenbrillenmann, der sich beschwerte, drohte,
aber nicht

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