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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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direkt eingriff.
    So erreichten sie den hinteren, hohen Atelierraum mit
jener vorzeitlichen Stereoanlage und dem alten, mächtigen Schreibtisch, hinter
dem ein Mann saß, der in Wirklichkeit ein sprechendes El-Greco-Wiesel war.
    "Was soll das!" Sami Aydin war aufgestanden und
zeigte mit dem Finger auf Landau, aus deren Schatten Rosenblüt erst
hervortreten mußte. Aydins Bodyguard wollte etwas sagen, aber Landau wies ihn
an, den Mund zu halten.
    "Sie sind Rosenblüt?" fragte Aydin.
    "Wer sonst?" antwortete der Kommissar.
    Aydin gab seinem Leibwächter ein Zeichen, zu verschwinden.
- Leibwächter sind die zweittraurigsten Gestalten auf der Erde, noch vor den
Sicherheitsleuten in Fußballstadien, die mit dem Rücken zum Spielfeld stehen und
zu einer grölenden Masse hochschauen.
    "Nehmen Sie Platz", zeigte Aydin auf zwei
Stühle, die zusammen mit den schlanken Stelen der Lautsprecherboxen ein
präzises Rechteck bildeten.
    Rosenblüt stellte Landau vor und sagte dann: "Sie
wissen ja, wieso ich hier bin."
    "Cousin Lynch hat mich angerufen. Wenn ich ihn das
nächste Mal sehe, werde ich ihm darum ein Auge ausstechen."
    "Wieso gerade ein Auge?"
    "Sie wissen doch, wie verrückt der nach Kino ist. Da
ist der Verlust von einem Auge wohl die richtige Strafe, finden Sie nicht auch?"
    "Schon", gab Rosenblüt zu. "Doch das ist
Ihre Sache, wie Sie einander strafen. Ich will nur herausbekommen, wieso man
versucht hat, einen gewissen Professor Uhl einzuschüchtern. - Das ist kein
Spaß, einen Jungen mitten in München sich nackt ausziehen zu lassen."
    "Das war nicht mitten in München, sondern am Ufer der
Isar, außerdem war das nicht meine Entscheidung. Und schon gar nicht kenne ich
den Grund dafür."
    "Das glaube ich Ihnen sogar", sagte Rosenblüt. "Sie
kennen aber ganz sicher Ihren Auftraggeber. Und erzählen Sie mir jetzt nicht,
Sie hätten bloß einen anonymen Anruf erhalten. - Sehen Sie, ich will es so
halten wie bei Ihrem Cousin. Wenn Sie mir etwas geben, womit ich arbeiten kann,
dann werde ich Sie aus dem Rest dieser Geschichte heraushalten. Und zwar zur
Gänze."
    "Wer soll Ihnen das glauben?"
    "Ihr Cousin tut es, und er fährt gut damit."
    "Das wird er nicht mehr sagen, wenn ihm ein Auge
fehlt."
    "Manche Filme", erklärte Rosenblüt, "lassen
sich ohnehin besser einäugig betrachten."
    "Naturellement, es gibt Filme, da sollte man am
besten blind sein."
    "Richtig, aber darum geht es jetzt nicht. Ich bin
gekommen, weil ich einen Namen brauche. Habe ich den Namen, kann ich gehen.
Kriege ich den Namen nicht, muß ich Ihnen drohen. Sie wissen schon, das Übliche
von wegen, daß Sie nichts mehr in dieser Stadt tun können, ohne daß wir Ihnen
auf die Füße treten."
    "Wie wollen Sie das hinkriegen, Sie arbeiten für das
Münchner Polizeipack. Das zählt hier nichts."
    Es war nun Landau, die auf eine geradezu mütterliche Art
erklärte, in dieser Konstellation die Stuttgarter Behörde zu vertreten und
durchaus in der Lage zu sein, Aydin das Leben zu erschweren. Was sie gar nicht
tun wolle. Sie halte es wie Rosenblüt: den Dialog zu pflegen und nur zuzuschlagen,
wo sich das Schlagen wirklich lohne.
    "Ich kann Ihnen etwas anbieten, was mindestens so
interessant ist", köderte Aydin.
    "Lassen Sie es bleiben", sagte Rosenblüt, "ich
verzichte darauf, daß Sie uns irgendeinen kleinen Drogenkurier ausliefern."
    "Nichts mit Drogen, keine Türken, keine Albaner,
keine Russen. Ich glaube, Sie haben demnächst ein ganz anderes Problem am Hals.
Einen Scharfschützen."
    "Wie meinen Sie das?"
    "Ich meine einen Attentäter, einen Mann, der sich auf
die Lauer legt. Einen Mann mit Zielfernrohr, der Karnickel abknallt. Aber große
Karnickel, prominente Karnickel, Karnickelkarnickel. Ich schwöre Ihnen, Sie
haben einen Wahnsinnigen in dieser Stadt, der nicht wie ein Wahnsinniger
ausschaut und nicht wie ein Wahnsinniger redet. Gehört zu keiner Gruppe, hat
keinen Auftrag, ist nur sich selbst verpflichtet."
    "Woher wollen Sie das wissen?"
    "Er war hier, um ein Gewehr zu kaufen. Hat sich
Lundquist genannt, war aber sicher kein Skandinavienmann. Eindeutig Schwabe.
Der Mann hatte null Ahnung von Waffen."
    "Ist das denn typisch schwäbisch, keine Ahnung von
Waffen zu haben?"
    "So hab ich das nicht gemeint. Egal, Sie können mir
glauben, in der Zwischenzeit kennt er sich aus. Es sind die Laien, die richtig
gefährlich werden. Die Profis dagegen, die Killer, Allah kerim!, die erkennt
man sofort, bei denen hängt ein Schild an der Brust wie bei den Kindern,

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