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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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verbunden. Da haben ein paar Leute viele faule Eier
gelegt und wundern sich jetzt, daß es so stinkt."
    "Ja, da mögen Sie leider recht haben", sagte
Rosenblüt und wollte wissen, wie Aydin mit Lundquist zusammengekommen sei.
    Aydin nannte die Umstände, den Anruf eines befreundeten
Kneipenwirts. "Aber ich sage Ihnen, der weiß auch nicht mehr. Lundquist
ist einfach dort im Lokal aufgetaucht und hat fünfhundert Euro auf den Tisch
gelegt und gesagt, er brauchte eine Waffe. Ich habe übrigens eine Handynummer
von ihm. Na, wahrscheinlich können Sie die vergessen. Das Handy war sicher
gestohlen."
    "Wir werden sehen", meinte Rosenblüt und ließ
sich die Nummer aufschreiben, auch den Namen des Wirts, der den Deal vermittelt
hatte. Aber es stimmte, damit würde Rosenblüt kaum weit kommen. Er mußte sich
ein Bild machen, er fragte: "Wie schätzen Sie diesen Lundquist ein? Sie
sagten letztes Mal, er sei ein Wahnsinniger."
    "Ja, allerdings ein smarter
Wahnsinniger. Smart, aber nicht auffällig. Grau, aber ein Panther. Alte Zähne,
aber leise Pfoten. Und wer braucht schon Zähne, wenn er eine AWC besitzt und
ein Magazin mit lauter Händen Gottes?"
    "Wie finde ich Lundquist?" fragte Rosenblüt.
    "Aman Allahim, geben Sie ihm, was er verlangt."
    "Er verlangt nichts."
    "Vielleicht kommt das noch", meinte Aydin.
    Landau mischte sich ein: "Vergessen wir das,
Lundquist wird keine Forderungen stellen. Er ist ein selbsternannter
Racheengel. Er will kein Geld, er will keinen Frieden. Er glaubt nicht an den
Frieden, gleich, was noch kommt. Er hat angefangen und wird nicht aufhören.
Also müssen wir ihn finden, bevor er Ernst macht."
    "Wieso eigentlich?" fragte Aydin. "Um zu
verhindern, daß er ein paar Leute abknallt, die das absolut verdient haben?
Wenn Lundquist nicht an Frieden glaubt, hat er sicher recht."
    "Kein Wunder, daß Sie das sagen", meinte
Rosenblüt, "Sie leben schließlich vom Unfrieden in der Welt."
    Aydin schloß zustimmend die Augen. Wie unter Trauer und
Schmerz und einer kleinen Lust. Dann öffnete er sie, lächelte und äußerte: "Sie,
Herr Kommissar, leben ebenso davon."
    Rosenblüt lächelte zurück und sagte: "Beschreiben Sie
Lundquist."
    "Ein Allerweltsmann mit einem Allerweltsgesicht.
Mittelgroß, mittelkahl, eine mittellange Nase unter einer mittelhohen Stirn."
    "Überhaupt keine Auffälligkeit?"
    "Komisch", sagte Aydin, "daß mir das jetzt
erst einfällt. Er hinkte ... auf eine mittelleichte Art. Oder mittelschwer, wie
Sie mögen. Das Hinken paßte zu ihm, darum ist es mir eigentlich nicht
aufgefallen. Ein Allerweltshinken eben."
    "Könnte es ein Trick gewesen sein? Damit wir nachher
einen Hinkenden suchen?"
    "Mitnichten, das war echt. Ich meine, daß in gewisser
Weise sogar der Name Lundquist echt ist. Zweifellos heißt er nicht wirklich so,
aber er ist Lundquist. Das ist wie bei Ihnen."
    "Bei mir? Das verstehe ich jetzt nicht."
    "Sie heißen doch auch nicht wirklich Rosenblüt. Aber
Sie sind Rosenblüt."
    Rosenblüt wollte entgegnen, er sei mit diesem Namen, dem
Namen seines Vaters, auf die Welt gekommen. Natürlich war er das. Dennoch schwieg
er. Er verspürte einen merkwürdigen Druck auf seiner Zunge. Viele kleine
Gewichte, die alle einen Zweifel trugen.
     
    Als Rosenblüt und Teska Landau nach draußen gingen, hatte
es zu regnen aufgehört. Die Welt tropfte, gleich nasser Wäsche, die jemand vergessen
hatte zu schleudern.
    Rosenblüt blieb auf dem Gehweg stehen und konstatierte,
daß man ja wohl sagen könne, einen typischen Stuttgart-21-Gegner vor sich zu
haben, wenn es sich bei Lundquist um einen älteren, scheinbar gebildeten, dem
Mittelstand angehörenden und vor allem von seiner Unauffälligkeit geprägten
Mann handle, dessen einziges Merkmal in einer leichten körperlichen
Behinderung bestehe.
    "Na ja, eine gewisse Gegnerschaft zu S 21 bietet sich
wirklich an", spöttelte Landau, "wenn er vorhat, den Sprecher dieses
Projekts zu eliminieren."
    "Das könnte jemand auch aus ganz privaten Gründen
tun. Nein, was ich meine, ist, daß wir Lundquist unter den Demonstranten finden,
den engagierten Bürgern, den Baumschützern, den Leuten, die brav ihre Sprüchlein
aufsagen und deren radikalste Handlung darin besteht, sich vor einem Bauzaun
hinzusetzen und eine Sitzblockade zu üben. Dort ist Lundquist. Dort versteckt
er sich."
    "Sie meinen, wir sollten ein paar V-Leute unters Volk
schicken, damit sie nach einem Hinkenden Ausschau halten?"
    "Na, erstens", meinte Rosenblüt, "sind da
sicher schon einige

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