Steirerblut
Vorzimmer.
»Herr Feichtinger, wir hätten noch ein paar Fragen an Sie. Kommen Sie bitte mit uns mit«, forderte Bergmann ihn auf.
»Jetzt gleich? Ich hab euch doch eh schon alles erzählt, was ich weiß. Lassts mich endlich in Ruh!«, rief er, bevor er der Haustür einen heftigen Tritt verpasste. Bergmanns flinker Fuß konnte gerade noch verhindern, dass sie vor seiner Nase ins Schloss knallte. Blitzschnell warf er sich mit der Schulter gegen die Tür, sodass diese krachend nach innen aufflog. Mike flüchtete inzwischen ins Wohnzimmer, um über die Terrasse ins Freie zu fliehen. Die Mutter presste sich kreidebleich gegen die Wand im Flur und beobachtete, wie die Polizisten hinter ihrem Sohn her jagten.
»Sandra, nicht! Er ist doch dein Bruder!«, hörte Sandra sie rufen, während Mike bereits durch die Terrassentür in den Garten rannte. Bergmann war ihm dicht auf den Fersen und verfolgte ihn bis zum hinteren Gartentor. Dort hatte Mike, der in Plastikschlapfen zu entkommen versuchte, endgültig das Nachsehen. Bergmann erwischte ihn, drückte ihn gekonnt bäuchlings zu Boden und kniete sich anschließend über sein Gesäß. Im selben Moment traf Sandra ein und legte ihm die Handschellen an.
»Herr Feichtinger, Sie sind hiermit vorläufig festgenommen. Sie stehen unter dem dringenden Verdacht, Frau Eva Kovacs ermordet zu haben«, sagte Bergmann.
»Was? … Ihr … könnts mich … doch nicht … festnehmen!« Mike rang nach Luft. »Ich … war das … doch nicht!«, keuchte er, während Bergmann ihm auf die Beine half und ihn über seine Rechte aufklärte.
Die Mutter stand heulend auf der Terrasse und sah dem Schauspiel zu. »Bitte nicht! Er hat niemandem was getan … er war doch zu Hause bei mir … Sandra! Ich warne dich! Du bist nicht mehr meine Tochter!«, schrie sie, während die beiden Kriminalbeamten ihren Sohn in Handschellen abführten. Sandra musste eilig in Deckung gehen, um der Hand der Mutter auszuweichen, die nur knapp ihre Wange verfehlte, als sie Mike an ihr vorbeischubsten.
»Frau Feichtinger, beruhigen Sie sich bitte. Wir werden Ihnen gleich einen Notarztwagen schicken«, meinte Bergmann und zog Sandra mit der einen Hand aus dem Haus, während er mit der anderen den Verdächtigen vor sich her schob.
Helga Feichtinger blieb im Flur zurück. »Nein! Unterstehen Sie sich! Ich will niemanden sehen!«, erwiderte sie mit hochrotem Kopf und warf die Haustür von innen zu.
Mike war noch immer ein wenig außer Atem und fand seine Sprache erst im Wagen wieder. »Ihr habts überhaupt nix … gegen mich in der Hand«, beschwerte er sich.
»Wart’s ab«, meinte Sandra.
»Ihr seids solche … Orschlöcher!«, schimpfte Mike.
»Vergewaltigung mit tödlichem Ausgang, Fluchtversuch, Beleidigung zweier Amtspersonen. Das reicht dann, Mike«, erklärte Sandra, die den Wagen zur örtlichen Polizeiinspektion lenkte.
Bergmann telefonierte unterwegs mit dem Staatsanwalt, der ihm versicherte, umgehend den Antrag auf Untersuchungshaft zu stellen, den er gemeinsam mit dem Hausdurchsuchungsbefehl noch am selben Tag in die Polizeiinspektion St. Raphael faxen wollte. Bis zur U-Haft in Graz blieb Mike in Polizeigewahrsam.
Wenige Minuten später sahen Max und Jakob zu, wie die Kollegen aus Graz den laut fluchenden Mike Feichtinger durch die Wachstube schubsten. »Der kommt heute noch vor den Untersuchungsrichter«, informierte Bergmann sie.
»Kümmert euch bitte um die termingerechte Überstellung nach Graz. Und besorgt mir seine Festplatte, sobald der richterliche Beschluss und der Hausdurchsuchungsbefehl da sind. Ach ja: Und schauts nach, ob er nicht doch Sportschuhe der Marke Nike besitzt«, wandte sich Sandra an Max und Jakob.
»Ich hab keine Nike-Schuhe! Verdammt noch mal! Max, das ist doch alles ein Missverständnis. So hilf mir doch bitte«, jammerte Mike.
»Der Kollege Leitgeb kann Ihnen nicht helfen, selbst wenn er es wollte. Sie werden uns jetzt noch ein paar Fragen beantworten müssen«, schnauzte Bergmann, während er Mike weiter vor sich her trieb. Sandra folgte den Männern in den ersten Stock.
»Setzen Sie sich«, befahl Bergmann und ließ sich selbst auf den Sessel neben Sandra fallen.
»Wollts ihr mir nicht die Handschellen abnehmen? Die tun verdammt weh«, beschwerte sich Mike.
»Die Handschellen bleiben vorerst, wo sie sind.« Bergmann nickte Sandra zu, und sie startete die Tonaufnahme. »Also«, fuhr Bergmann fort. »Wir wissen, dass Sie Kontakt zu Eva Kovacs hatten, und zwar
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