Steirerblut
sie virtuellen Kontakt. Das hier hab ich unter ›Doggystyle‹ gefunden. Beide haben das Video kommentiert.«
Bitte nicht! Sandra drehte sich der leere Magen um. Mit Mikes Sexualleben konfrontiert zu werden, noch dazu auf nüchternen Magen, war definitiv mehr, als sie momentan vertragen konnte. Bergmann klickte weiter. »Hier ist das Profil unserer toten ›Evita‹«, fuhr er fort, »›sexuelle Vorlieben: Doggystyle, Wichsende Schwänze, Seitensprünge . ‹ Und hier sind ›Womanizer’s‹ schlüpfrige Kommentare vom 10. und vom 12. September auf ihrer Pinnwand. Ihre Vorlieben haben es Mike offensichtlich angetan, er hat ihr unter anderem dieses Video empfohlen.«
Bergmann aktivierte eines der Fenster, um ein Video zu starten, und Sandra sah, was sie gar nicht sehen wollte – noch dazu im Close-up. ›Na? Gefällt dir das, du geile Sau …‹ Eine männliche Stimme durchdrang das laute Stöhnen der Frau, die auf allen vieren vor ihrem Sexualpartner kniete. Ob das Mikes Genitalien waren, vermochte Sandra beim besten Willen nicht zu sagen. Auch die Stimme klang irgendwie gedämpft, sodass sie diese ihrem Halbbruder nicht zuordnen konnte.
Sandra wandte sich ab. »Das reicht! Bitte dreh das ab«, meinte sie angewidert und ließ sich in ihren Bürostuhl fallen.
»Ist das da Mike?«, fragte Bergmann.
»Woher soll ich das wissen? Frag ihn doch selbst.«
»Paul Kovacs sollte sich diesen Clip auch einmal ansehen, nur für den Fall, dass das hier seine Frau war. Wäre doch immerhin möglich. Oder aber es handelt sich dabei um zwei ganz andere Darsteller, an deren Treiben Mike und die Kovacs sich aufgegeilt haben.«
Sandra war nun endgültig schlecht.
»Es wäre doch auch denkbar, dass die Kovacs wegen Mike nach St. Raphael gefahren ist, um dort mit ihm zu verkehren«, fuhr Bergmann gnadenlos fort.
Seine Vermutung rückte den Fall in ein neues Licht. »Dann gab es womöglich gar keine Vergewaltigung, sondern freiwilligen Sex«, folgte Sandra seinen Ausführungen.
»Vergiss nicht, dass sie sich im Wirtshaus in die Haare gekriegt haben«, erinnerte Bergmann sie.
»Das könnte ja auch einen ganz anderen Grund gehabt haben, als jenen, den Mike uns verkaufen wollte. Für ihn sieht das jedenfalls gar nicht gut aus.«
»Lass uns am besten gleich nach St. Raphael fahren«, bestimmte er. »Ich geb nur rasch dem Novotny Bescheid.«
»Ist der denn schon hier?«
»Ja. Mit einem jungen Kollegen. Magister Thomas Jungwirth, seines Zeichens Wirtschafts- und Finanzexperte beim BK. Soll ich dir die beiden gleich vorstellen?«
»Nein danke. Es sollte doch reichen, wenn ich sie nach unserer Rückkehr kennenlerne. Allzu lange werden wir in St. Raphael ja hoffentlich nicht brauchen.«
»Ich denke, dass wir am späten Nachmittag wieder hier sind.«
»Dann nichts wie los. Kaufen wir uns Mike. Ich schau nur noch rasch in meine Mailbox.«
Zwanzig Minuten später verließ der VW Passat mit den beiden Kriminalbeamten das LKA-Gelände in der Grazer Strassganger Straße, um an diesem nebeligen Morgen ein weiteres Mal nach St. Raphael zu fahren. Sandra hoffte inständig, dass dies ihr letzter Ausflug dorthin war.
»Was hat die Kovacs eigentlich noch auf dieser Sexseite zu suchen gehabt? Ihr Artikel war doch längst im Clinch-Magazin erschienen«, überlegte sie laut, während sie den Wagen vor einer roten Ampel abbremste.
»Ich nehme an, dass sie Geschmack an einem erfüllten Sexualleben ohne Verpflichtungen und Tabus gefunden hat und dieses auch nach ihren Recherchen nicht mehr missen wollte«, meinte Bergmann.
»So kann man sexuelle Ausschweifungen jeglicher Art natürlich auch betrachten«, sagte Sandra, »aber immerhin war die Kovacs doch verheiratet.« Kaum hatte sie ihren Einwand ausgesprochen, bereute sie es auch schon wieder.
Wie erwartet lachte Bergmann sie prompt dafür aus. »Wir wissen doch beide, wie es um die Ehe der Kovacs bestellt war. Und dass sich genügend verheiratete Frauen auf solchen Plattformen herumtreiben, das kannst du mir glauben«, erklärte er ihr.
»Du musst es ja wissen. Was wäre eigentlich, wenn sich deine Frau derartigen Vergnügungen hingeben würde?«
Bergmann schien von ihrer Frage überrascht zu sein. »Meine Frau? Wenn du sie kennen würdest, wüsstest du, dass diese Theorie ziemlich absurd ist«, antwortete er. »Und selbst wenn, wäre es mir egal.«
Sandra versuchte von ihrer allzu persönlichen Frage abzulenken, bevor ihr Bergmann noch intimere Details aus seiner Ehe erzählen
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