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Steirerkind

Steirerkind

Titel: Steirerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Rossbacher
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Treppe ins Obergeschoss, durch den Mauerbogen zur Linken ging es in den geräumigen Wohnsalon. Hier waren Decke und Fußboden aus hellem Holz. Die Fenster im riesigen Erker gaben den atemberaubenden Blick auf das verschneite Dachsteinmassiv frei, das im Sonnenlicht gleißte.
    Irene Wintersbergers Stimme zitterte leicht, während sie direkt zur Sache kam. »Roman ist also ermordet worden …«
    Sandra nickte.
    »Wollen Sie sich nicht lieber hinsetzen?«, fragte sie.
    Wie ferngesteuert schwebte Irene Wintersberger zur ausladenden Wohnlandschaft, um sich dort in die cremefarbenen Kissen fallen zu lassen.
    Die beiden Kriminalbeamten folgten ihr langsam.
    »Wissen Sie schon etwas Genaueres?«, erkundigte sich die Witwe nach einem Moment des Schweigens.
    »Bisher wissen wir nur, dass Ihr Mann erschossen wurde, ehe seine Leiche im Steirischen Bodensee gelandet ist«, erklärte Sandra.
    »Im Steirischen Bodensee …«, wiederholte Irene Wintersberger nachdenklich.
    Sandra wunderte sich, wie gefasst die kaum 1,60 Meter kleine, zierliche Frau war. Offenbar hatte sie die Todesnachricht einigermaßen verarbeitet. Mit einem Nervenzusammenbruch musste man bei ihr vorerst wohl nicht rechnen. Dass die Leiche ihres Mannes teilweise in der Eisdecke festgefroren war, verschwieg Sandra ihr dennoch lieber. Sie würde das nur erwähnen, wenn die Witwe weiter nachfragte. Todesnachrichten zu überbringen und die Umstände eines Verbrechens zu erläutern waren stets eine psychologische Gratwanderung. Auch wenn die Witwe in diesem Fall schon gewusst hatte, dass ihr Mann verstorben war. Manchen Angehörigen half es, alle Details zu kennen, und waren diese noch so grausig. Andere wollten es gar nicht so genau wissen. Ihnen war es lieber, den Verstorbenen so im Gedächtnis zu behalten, wie sie ihn zuletzt gesehen hatten. Als Polizistin musste Sandra schon ganz genau hinhören, um beurteilen zu können, wie viel Information sie den Hinterbliebenen zumuten durfte, ohne das Trauma der Todesnachricht noch zu verstärken.
    »Muss ich die Leiche meines Mannes identifizieren?«, fragte Irene Wintersberger.
    »Nein, das ist nicht nötig. Es sei denn, Sie möchten ihn gern noch ein letztes Mal sehen …«
    Irene Wintersberger winkte ab.
    »Um Gottes willen, nein! Ich dachte nur, ein Angehöriger müsste das tun.«
    »Nein. Das wird nur in Krimis so dargestellt. Keine Ahnung, warum. In der Realität kommt es nur in höchst seltenen Ausnahmefällen vor, dass Angehörige das Opfer identifizieren müssen. Außerdem hat der Fischerwirt schon am Samstag bestätigt, dass es sich um Ihren Mann handelt«, erklärte Sandra.
    »Dann ist es ja gut.«
    »Kennen Sie den Steirischen Bodensee?«, kehrte Sandra zu ihren Fragen zurück.
    »Ja. Wir waren früher ein paar Mal mit Lukas dort. Das ist aber lange her …«, erzählte Frau Wintersberger.
    »Ein idyllischer Ort«, sagte Sandra.
    Irene Wintersberger nickte versonnen und schwieg.
    »Lukas ist Ihr Sohn, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Wie alt ist er denn, wenn ich fragen darf.«
    »Er ist längst erwachsen. Lukas wird demnächst 23.«
    »Er wohnt also nicht mehr bei Ihnen?«
    »O ja, aber …«
    »Irene? Bist du hier?«, hörte Sandra eine Männerstimme, die alle drei wie auf Kommando in dieselbe Richtung blicken ließ.
    Im Mauerbogen tauchte ein junger Mann in Jeans und violettem ›Hollister‹-Sweater auf, der bei ihrem Anblick innehielt.
    »Du hast Besuch? Entschuldige bitte, ich bin schon wieder weg.« Er wandte sich ab, um zu gehen.
    »Bleiben Sie ruhig hier!«, rief Sandra ihm hinterher.
    Der junge Mann hielt erneut inne. Langsam drehte er sich wieder um und ging auf sie zu. Wenn das Lukas Wintersberger war, sah er seiner Mutter nicht besonders ähnlich, eher seinem toten Vater. Zumindest war er wie dieser dunkelhaarig, groß und athletisch gebaut. Warum nannte er seine Mutter Irene? Sandra fand es immer ein wenig merkwürdig, wenn Kinder ihre Eltern mit Vornamen ansprachen. Auch wenn diese schon erwachsen waren. Etwas im Gesichtsausdruck des jungen Mannes verriet ihr, dass ihm allmählich dämmerte, was hier los war.
    »Wir sind vom LKA, Abteilung Leib und Leben«, offenbarte sie ihm. »Abteilungsinspektorin Sandra Mohr. Und das hier ist Chefinspektor Sascha Bergmann.«
    Augenblicklich fiel der Groschen.
    »Sie sind also wegen Roman da«, traf der Mann mitten ins Schwarze. Er hatte von dem Leichenfund demnach auch schon gehört.
    »Roman wurde ermordet«, erklärte Irene Wintersberger leise und fasste sich an den

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