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Steirerkind

Steirerkind

Titel: Steirerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Rossbacher
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Mund.
    »Wirklich? Das tut mir leid«, meinte der junge Mann eine Spur zu förmlich und setzte sich neben die Hausherrin, um ihre fragile Hand zu ergreifen.
    »Bevor hier ein Missverständnis entsteht«, sagte Irene Wintersberger, »Gregor ist mein Freund, nicht mein Sohn.«
    Sandra schluckte. Letzteres hatte sie in der Tat angenommen, und Irene Wintersberger hatte es ihr wohl angemerkt. Auch Bergmann wirkte einen kurzen Moment lang überrascht.
    »Ich bin Gregor Fitzner«, nannte der Mann, der nicht viel älter als der Sohn seiner Geliebten sein konnte, seinen Namen.
    »Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber ich bin jetzt wirklich ein wenig verwirrt. Sie waren doch mit Herrn Wintersberger verheiratet, oder nicht?«, wollte Sandra wissen.
    »Auf dem Papier, ja. Wir sind aber schon lange eigene Wege gegangen. Roman war ja kaum noch zu Hause. Überhaupt, seitdem er die Wohnung in Innsbruck hat …«
    »Wegen der ÖSV-Zentrale, die sich in Innsbruck befindet?«, vermutete Sandra.
    Irene Wintersberger nickte und seufzte.
    »Außerdem hatte er seit Jahren immer irgendwelche Panscherl nebenher. Warum sollte ich also wie eine Nonne leben?«
    Gregor Fitzner drückte ihre Hand.
    »Wir lieben uns«, erklärte er den Kriminalbeamten.
    Niemand sagte etwas darauf.
    »Das Alter spielt doch gar keine Rolle«, fügte Fitzner hinzu. Offenbar hatte er sich schon öfter für den Altersunterschied rechtfertigen müssen. Oder aber, er spielte eben doch eine Rolle. In diesem Fall handelte es sich immerhin um geschätzte 20 Jahre, nicht um läppische fünf wie bei Sandra und Julius.
    »Wusste Ihr Mann von Ihrer Beziehung zu Herrn Fitzner?«, fragte Sandra.
    »Kann schon sein.«
    »Offen darüber geredet haben Sie aber nicht?«
    Irene Wintersberger schüttelte den Kopf.
    »Wozu denn?«
    Ihr jugendlicher Liebhaber schien nicht besonders erfreut über diese Aussage zu sein. Augenblicklich hörte er auf, ihre Hand zu streicheln. Offenbar hätte er sich gewünscht, dass seine Freundin auch vor dem eigenen Mann zu ihm stand.
    »Sie haben Ihren Mann aber als vermisst gemeldet. Wie kam das?«, fragte Sandra.
    »Am Samstag vor Weihnachten ist Roman heimgekommen. Er wollte die Feiertage mit der Familie verbringen, wie das halt so üblich ist. Seiner Mutter hätte es das Herz gebrochen, wenn sie gewusst hätte, wie es um unsere Ehe bestellt ist … Mein Gott, wie soll die alte Dame bloß den Tod ihres einzigen Sohnes verkraften? Ich hab ihr noch nichts davon erzählt. Es war schon schlimm genug für sie, ihn vermisst zu wissen. Und das zu Weihnachten …« Irene Wintersberger atmete tief durch, ehe sie fortfuhr. »Nur wegen ihr habe ich überhaupt noch mitgespielt bei dem Schmierentheater. Mein Sohn weiß ja längst, was los ist.«
    »Wo finden wir Ihren Sohn denn? Wir würden auch ihm gerne ein paar Fragen stellen.«
    Irene Wintersberger lachte kurz auf. Ihre Stimme klang schrill.
    »Keine Ahnung, wo Lukas sich momentan herumtreibt. In dieser Hinsicht ist er wie sein Vater«, meinte sie bitter.
    »Sonst nicht?«
    Die Dame des Hauses schüttelte energisch den Kopf.
    »Ganz und gar nicht. Die beiden sind – sie waren wie Feuer und Wasser. Roman war ein Choleriker. Lukas ist dagegen ziemlich phlegmatisch.«
    »Haben sich die beiden gut verstanden?«
    »Nun ja, es gibt sicher innigere Vater-Sohn-Beziehungen. Lukas hat sich spätestens in der Pubertät emotional von seinem Vater zurückgezogen, um weitere Enttäuschungen und Konflikte zu vermeiden. In den Augen seines Vaters war er niemals gut genug, glaubte er. Was das Skifahren anbelangte, hatte er da wohl recht. Dabei ist Lukas so sensibel. Er hat als Kind enorm darunter gelitten, dass sein Vater fremden Buben, die mehr Talent zum Skifahren hatten als er, seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt hat. Für den eigenen Sohn ist da nicht mehr viel übrig geblieben.«
    Sandra musste unwillkürlich an ihre Mutter denken, der sie nie etwas hatte recht machen können. Deren ganzes Interesse hatte stets ihrem jüngeren Halbbruder gegolten. Dennoch war aus Mike ein krimineller Taugenichts geworden. Erst im vergangenen Sommer war er aus der Haft entlassen worden, zu der er verurteilt worden war, nachdem er Sandra halb tot geprügelt hatte. Manchmal wachte sie nachts schweißgebadet auf und fürchtete, dass Mike tatsächlich in ihrer Wohnung war, wie sie es kurz zuvor geträumt hatte.
    »Ihr Sohn hat doch sicher ein Handy?«, zwang sie sich, gedanklich zum aktuellen Fall zurückzukehren.
    »Natürlich. Gregor,

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