Steirerkind
zurück und nahm Sandra die Reisetasche ab, um sie hinaufzutragen. Die Katze entschied sich indessen, an ihnen vorbei nach unten zu huschen, was Bergmann veranlasste, sich mit seinem Rücken gegen die Wand zu drücken, um nur ja keine Berührung mit dem fliehenden Tier zu riskieren.
Sandra und Toni mussten lachen, Bergmann gleich dreimal hintereinander heftig niesen.
Im ersten Stock öffnete Toni eine Tür.
»Des is euer Zimmer«, meinte er und deutete ihnen einzutreten. »Is’ ned sehr groß, aber katzenfrei. Und für eine Nacht langt’s hoffentlich.«
»Moment mal, Toni«, sagte Sandra, »Sie meinen, wir sollen uns das Zimmer teilen?«
Der Bursche zuckte mit den Schultern.
»Is’ des leicht a Problem?«, fragte er grinsend.
Sandra nickte.
»Ist es. Und was machen wir jetzt?«
»Einer von euch muss halt in der Stub’n unten schlafen. Bei den Katzen.« Noch immer lächelte er Sandra an.
Die seufzte.
»Schon gut, zeigen Sie mir bitte das Bad«, sagte sie. Bergmann war bereits im Zimmer verschwunden und hatte die Tür von innen geschlossen.
Kapitel 3
Dienstag, 5. Februar 2013
Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Die hohen Tannen zu ihrer Rechten flogen an Sandra vorbei, während sie die glitzernde Piste beschwingt hinuntercarvte, nur wenige Meter hinter Julius her. So glücklich war sie schon lange nicht mehr gewesen. Fast glaubte sie zu fliegen, als sich ein störendes Geräusch in ihr Bewusstsein drängte. Erst leise, dann immer lauter, bis ihr Gehirn das lästige Klingeln in den Ohren endlich mit ihrem Handy assoziierte.
Sandra schlug die Augen auf, um sich im Dunkel wiederzufinden. Nur das Display ihres Mobiltelefons war hell erleuchtet. Ihr fiel ein, dass sie ihr Nachtlager auf dem Sofabett in der Stube eines Bauernhofs aufgeschlagen hatte. Wie hieß dieses Kaff gleich noch mal? Tunzendorf, richtig.
Sandra griff nach dem Handy auf dem Couchtisch und nahm das Gespräch an.
»Sascha, wie spät ist es?«, krächzte sie ins Telefon. Auf jeden Fall viel zu früh zum Aufstehen, fügte sie gedanklich hinzu.
»Dreiviertel sieben«, hörte sie einen putzmunteren Bergmann antworten. »Husch, husch, raus aus den Federn! In 45 Minuten haben wir einen Termin mit Tobias Autischer. Und ich brauch dringend einen Kaffee.«
»Den kann dir der Toni ja schon mal zustellen«, entgegnete Sandra schwach. Dass Bergmann Frühaufsteher war, machte ihn für sie, die morgens nur mit höchster Überwindung und eiserner Disziplin aus dem Bett kam, nicht gerade sympathischer.
»Ich trinke meinen Kaffee doch nicht unter einem Dach mit diesen Katzenviechern. Lieber geh ich an der frischen Luft spazieren. Wir treffen uns in 20 Minuten unten beim Auto. Also, hopp«, ordnete der Chefinspektor an.
Sandra trennte die Verbindung. Erst jetzt nahm sie das warme Fellknäuel neben ihrem Kopfpolster wahr. Vorsichtig tastete sie nach der Stehlampe und suchte den Kippschalter am Kabel. Die dreifarbig gefleckte Glückskatze neben ihr hob langsam den Kopf, warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu und streckte sich dann genüsslich. Der rote Kater, der ihnen bei der Ankunft über den Weg gelaufen war, lag auf der schmalen Holzbank vorm Kachelofen, der über Nacht erkaltet sein musste, und leckte sich akribisch das Fell.
Schweren Herzens stand Sandra auf und schleppte sich barfuß in Höschen und T-Shirt über den kühlen Flur ins Badezimmer, das ebenfalls kaum geheizt war.
Fröstelnd stieg sie in die alte, emaillierte Badewanne und drehte das Wasser so heiß auf, dass das Abbrausen gerade noch auszuhalten war, ohne Verbrennungen zu riskieren. Das Glück, das sie eben noch im Traum empfunden hatte, war längst wieder der schmerzhaften Erinnerung an Julius gewichen. Dass sie ihm gestern mit einer hübschen, halbnackten Frau hatte begegnen müssen, trug nicht unbedingt zur Besserung ihrer Laune bei.
20 Minuten später hatte sich Sandra bei Toni für die Gastfreundschaft bedankt und sein Frühstücksangebot abgelehnt. Der naturtrübe Apfelsaft aus eigener Herstellung, den sie in einem Zug hinuntergekippt hatte, reichte ihr fürs Erste.
In der Morgendämmerung trat Sandra ins Freie. Bergmann lehnte schon am Auto und telefonierte. Sandra drückte auf die Fernbedienung, die die Schlösser des Dienstwagens freigab.
Das klackende Geräusch ließ den Chefinspektor das Gespräch beenden. Lächelnd wandte er sich Sandra zu.
»Na? Gut geschlafen?«, erkundigte er sich beinahe fröhlich.
Sandra hob ihre Reisetasche in den
Weitere Kostenlose Bücher