Steirerkind
Ohren gehabt haben.« Bergmann grinste verschmitzt.
Wahrscheinlich war der Chefinspektor in jungen Jahren selbst der Alptraum seiner Lehrer gewesen, vermutete Sandra.
»Und was ist mit Drogen?«, wollte sie wissen.
»Davon will der Direktor nichts mitbekommen haben. Bei der Drogenfahndung scheint der Name Tobias Autischer auch nirgends auf.«
Das hatte Bergmann inzwischen also auch schon gecheckt, während sie sich mit Julius vergnügt hatte, meldete sich bei Sandra das schlechte Gewissen.
»Und was ist mit Homophilie oder sexuellen Übergriffen?«, fragte sie. Endlich hatten sie den zähen Verkehr hinter sich gelassen, und sie konnte aufs Gas steigen.
»Nichts. Ich denke, dass wir dieses Thema endgültig abhaken können. War wohl wirklich nur das dumme Gerede einer vernachlässigten Ehefrau«, meinte Bergmann.
»Wie kann man nur so dämlich sein?«, fragte sich Sandra einmal mehr. »Und so jemand schreibt Bücher, die anderen das Leben erleichtern sollen.«
»Hüte dich vor verschmähten Weibern«, sagte Bergmann. Dass Sandra ihn damals abgewiesen hatte, ließ er an dieser Stelle zwar unerwähnt, dennoch glaubte sie einen leisen Vorwurf herauszuhören.
»Was ist mit Katharina Knobloch?«, überging sie seine letzte Bemerkung.
»Die wartet schon auf uns«, fügte er hinzu. »Der Hausdurchsuchungsbefehl ist auch schon unterwegs. Mit allen weiteren Schritten möchte ich noch abwarten, bis wir uns vor Ort ein Bild gemacht haben. Tobias Autischer wird uns nicht so schnell davonlaufen, denke ich«, meinte Bergmann.
»Seh’ ich auch so«, bestätigte Sandra, »seine WM-Rennen wird er allerdings vergessen können, sollte sich der Mordverdacht gegen ihn erhärten.«
»Dafür könnte er einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen. So schnell wie ihn konnten wir noch keinen Täter überführen.«
»Warten wir’s mal ab«, warnte Sandra ihren Partner vor allzu voreiligen Schlüssen.
*
Am Parkplatz vor der Seewigtalhütte stand ein halbes Dutzend Autos, deren Insassen den traumhaften Wintertag vermutlich für eine Wanderung mit anschließender Jause beim Fischerwirt genutzt hatten. Vielleicht warteten sie dort auch schon auf ein frühes Abendessen. Demnächst würde die Sonne untergehen und eine weitere kalte, sternenklare Nacht folgen, so man den Wetterprognosen Glauben schenken durfte. Bisher hatten die Veranstalter der Alpinen Ski-WM und die ganze Region immenses Glück mit dem Wetter gehabt. Dass die Vorarlbergerin Marie-Therese Watteck mit wenigen Tausendstel Sekunden Vorsprung vor der zweitplatzierten Französin den Super-G für sich und das Veranstalterland entschieden hatte, sorgte ebenfalls für gute Laune. Für Montag bis Mittwoch war allerdings Wintertief ›Marcel‹ mit weiteren heftigen Schneefällen angekündigt, die den Organisatoren einiges abverlangen würden, um die bisher so gelungene WM auch weiterhin programmgemäß durchführen zu können.
Dem Streifenwagen auf dem Parkplatz entstieg ein fröhlich winkender Johann Seitinger, der den Schranken für die LKA-Ermittler und sich selbst öffnete, um ihn hinterher wieder abzusperren. Er folgte ihnen zum Fischerwirt, wo er seinen VW Touran direkt hinter ihrem Passat abstellte.
»Und? Wie laufen die Ermittlungen?«, fragte der Inspektionskommandant, nachdem sie sich ausführlicher begrüßt hatten.
Sandra hob ihre Tatorttasche aus dem Kofferraum. Mit Siebenbrunner und seinen Kriminaltechnikern, die aus Graz anreisten, war frühestens in einer Stunde zu rechnen.
»Besser, als wir hoffen durften«, antwortete sie und ließ den Deckel des Kofferraums wieder zufallen. »Wie es aussieht, wurde die Brieftasche von Roman Wintersberger gefunden«, berichtete sie dem uniformierten Polizisten auf dem Weg zum Eingang.
»Wirklich?«, fragte Seitinger überrascht. »Und wo?«
»Hier beim Fischerwirt.« Sandra betrat als Erste das Wirtshaus. Katharina Knobloch kam ihnen entgegen, kaum dass sie ihre Jacken aufgehängt hatten. Die Wangen der drallen Rotblonden waren noch stärker gerötet als bei ihrer letzten Begegnung. Trotz des kurzärmeligen Dirndls, das sie mitten im Winter trug, wirkte sie erhitzt.
»Super, dass Sie schon da sind«, meinte sie hektisch, »wir erwarten eine große Gesellschaft zum Abendessen.«
»Dann sollten wir uns beeilen. Haben Sie die Brieftasche?«
»Nein. Ich hab sie in Tobys Wohnung gelassen, wo ich sie gefunden hab.«
»Umso besser. Dann bringen Sie uns bitte gleich dorthin«, sagte Sandra.
»Ich geb nur rasch
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