Steirerkind
verschwinden.
»Das wissen Sie also auch schon. Was soll ich dazu noch sagen?«
»Dann stimmt es also?«
»Ja. Ich war mir anfangs nicht sicher, für wen ich mich entscheiden sollte. Für den Roman oder für den Werner.«
»Roman Wintersberger war aber doch gar nicht zu haben«, meinte Sandra, » immerhin war er verheiratet und hatte einen kleinen Sohn.«
Die Wirtin nickte nachdenklich.
Ob Astrid Knobloch, wie so viele Geliebte gebundener Männer, vergeblich darauf gewartet hatte, dass er sich für sie von seiner Frau trennen würde?, fragte sich Sandra insgeheim.
»Deshalb hab ich mich ja dann auch für den Werner entschieden. Schließlich wollte ich auch Kinder haben. Außerdem hat mein Mann die Tourismusschule in Bad Gleichenberg abgeschlossen und wollte später mit mir zusammen den Fischerwirt übernehmen. Was wir dann ja auch getan haben.«
Wie praktisch, dachte Sandra. Die Vernunft hatte wieder einmal über das Gefühl gesiegt.
»Ich nehme an, Ihr Mann war entsprechend verstimmt, als er damals dahinter gekommen ist, dass Sie zweigleisig fahren?«, fragte Bergmann.
Wieder nickte Astrid Knobloch.
»Werner war sehr verletzt, als er draufgekommen ist. Er wollte mich verlassen. Aber ich hab’s irgendwie wieder hingebogen und mich sofort vom Roman getrennt. Der hat meine Entscheidung ohne viel Tamtam akzeptiert. Er hat mir ja nie was versprochen, trotzdem hab ich natürlich die ganze Zeit über gehofft …«
Natürlich. Der Klassiker, bestätigte sich Sandras unausgesprochene Vermutung.
»Er hat Sie also sang- und klanglos Ihrem Mann überlassen?«, fragte sie.
Astrid Knobloch nickte mit geschlossenen Augen, als würde sie die Bilder der Vergangenheit so deutlicher sehen können. Mit offenen Augen fuhr sie schließlich fort.
»Der Roman hat mich so sehr geliebt, dass einzig und allein mein Glück für ihn gezählt hat. Er hat sich ganz uneigennützig für mich gefreut, dass ich einen so netten Kerl wie den Werner gefunden hab, mit dem ich eine Familie gründen kann.«
Soso. Gleich würden der Frau die Tränen kommen, befürchtete Sandra. Derlei selbstlose Liebe kannte sie zur Genüge von den Berichten ihrer Freundin, die mit Vorliebe an verheiratete Männer geriet. Allerdings sah Andrea ihre Beziehungen inzwischen als das an, was sie auch für die Männer waren: erotische Ausflüge abseits des grauen Alltags.
Dass ihr heißgeliebter Roman Wintersberger einfach nur froh gewesen sein könnte, sie ohne großen Aufwand wieder loszuwerden, war Astrid Autischer – wie sie damals noch geheißen hatte – wohl niemals in den Sinn gekommen.
»Ich hab gehofft, die beiden könnten irgendwann Freunde werden. Von Roman aus hätte das bestimmt auch geklappt, aber der Werner hat ihn abgrundtief gehasst, seit er uns draufgekommen ist«, erzählte sie weiter.
»Da hätten wir also ein Mordmotiv«, hakte Bergmann ein.
»Wie bitte? Nein!«, widersprach ihm Astrid Knobloch. »Mein Mann ist dem Roman aus dem Weg gegangen. Aber er hat ihn doch nicht umgebracht.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein?«, fragte Bergmann. »Wissen Sie denn genau, was Ihr Mann in der Mordnacht getan hat, während Sie geschlafen haben?«
»Ich hab einen sehr leichten Schlaf, seit der Jakob auf der Welt ist«, behauptete Astrid Knobloch. »Es wäre mir ganz bestimmt aufgefallen, wenn er in der Nacht aufgestanden wär.«
»Aber einen Schuss wollen Sie nicht gehört haben«, rief Bergmann der Zeugin ihre Aussage ins Gedächtnis.
Astrid Knobloch zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück. »Wie schon gesagt: Bei uns knallt’s öfter. Ich registrier das gar nicht mehr. Nicht einmal, wenn ich davon aufwache, kann ich mich am nächsten Tag erinnern.«
»Müssen Sie auch nicht. Als Ehefrau können Sie die Aussage verweigern, um Ihren Mann nicht zu belasten«, erklärte Bergmann trocken.
Astrid Knobloch sah den Chefinspektor entsetzt an.
»Nicht genug, dass Sie das Leben meines Bruders zerstören, beschuldigen Sie jetzt auch noch meinen Mann? Warum sollte er den Roman nach all den Jahren denn umbringen?«
»Vielleicht ist Ihr Verhältnis mit dem smarten Chefcoach ja wieder aufgeflammt«, mutmaßte Bergmann.
»Was unterstellen Sie mir da? Ich bin meinem Mann seither immer treu gewesen. Ich liebe ihn nämlich«, empörte sich Astrid Knobloch.
Immerhin kam nun doch noch die Liebe ins Spiel. Wenn auch reichlich spät, fand Sandra. Sie hatte schon zuvor ihre Zweifel gehabt, dass sie den richtigen Täter festgenommen hatten. Jetzt
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