Stella Blomkvist
Seite und
ziehe die Bettdecke über den Kopf.
Diese zwei Buchstaben können nur
Lilja Rós bedeuten. Das liegt doch auf der Hand. Die Gute weiß also doch mehr,
als sie zugibt. Die Maus, die sich davonschleicht!
Ich bin fest entschlossen, sie mir
mal anständig vorzuknöpfen. Aber das muss warten. Jetzt steht erst mal etwas
anderes auf dem Programm: Schäfchen zählen.
11
Sonne?
Ich öffne die dicken, weißen
Vorhänge.
Strahlender Sonnenschein!
Ist jetzt endlich der Sommer
ausgebrochen? Kann das sein?
Nein! Das glaube ich nicht. Diese
gleißende Helligkeit muss eine Täuschung sein. Nur irgendeine Kältesonne.
Seit ich heute Morgen im rosanen
Schlafzimmer wach geworden bin, habe ich meine Hausaufgaben gut gemacht. Ich
weiß jetzt, was ich zu tun habe.
Gewissen Typen ein bisschen Feuer
unterm Hintern machen!
Und Vorsichtsmaßnahmen treffen. Eine
Kopie vom Sprengstoff machen und ihn an einem sicheren Ort deponieren. Die
Originale ebenfalls gut unterbringen, zum Beispiel im Bankschließfach. Das
dürfte ein sicherer Ort sein.
Zuerst aber drucke ich Dossiers über
zwei Männer aus: Haukur und Sigvaldi. Ich möchte Raggi die Papiere zeigen. Mal
sehen, ob er Interesse daran hat.
Und wenn nicht?
Okay. Dann hätte ich jedenfalls mein
Schärflein zur Gerechtigkeit beigetragen. Kein Grund, sich in der Sache zu
überanstrengen. Das sind sowieso alles Kriminelle. Sigvaldi und Haukur waren
vielleicht schlimmer als alle anderen. Wenn man Hallas Dossiers Glauben
schenkt, waren die beiden seit einigen Jahren schon Verbündete, allerdings
unter Sigvaldis Führung. Mit Hallas Informationen in Händen könnten die
Goldjungs diese beiden Korruptionszwillinge festnageln, wenn sie denn überhaupt
irgendein Interesse daran hätten, sich mit so einflussreichen Ganoven
anzulegen.
Geht mich das eigentlich irgendwas
an? Vielleicht nicht. Ich bin schon lange zu alt für dieses Gerechtigkeitsbusiness.
Das ist deren Sache, nicht meine. Ich bin nur Anwältin.
Es hat eine halbe Stunde gedauert,
die Disketten zu kopieren. Ich hatte erst ein paar Probleme, unbenutztes
Plastik ausfindig zu machen. Ich wollte nicht andere Texte von Halla
überschreiben, obwohl ich den Eindruck hatte, dass es darin nur um
unbedeutende Politik ging. Zum Schluss fand ich einige Disketten mit Computerspielen
und kopierte die Texte darauf.
Halla würde sie wohl kaum vermissen,
da wo sie jetzt war. Keine Computerspiele im Himmel!
Oder vielleicht doch? Kleine Engel,
die Teufelchen abschießen? Warum nicht? Im Jenseits gibt’s bestimmt auch
schlaue Geschäftemacher.
Die Disketten mit den Kopien lege
ich wieder an die Stelle zurück, wo ich sie her habe: in eine kleine Kiste, die
mit anderen Computerspielen halb gefüllt ist. Lege sie dann in eine
Schreibtischschublade und stecke sowohl die Dossiers über Haukur und Sigvaldi
als auch die Originaldisketten von Halla in meine Aktentasche.
Danach springe ich kurz unter die
Dusche, ziehe mich wieder an und gehe hinaus in die Sonne. In die Kältesonne.
Der Mann am Informationsschalter der
Bank sieht sich zuerst mit ernstem
Gesichtsausdruck außer Stande, einer sündigen Frau wie mir Eintritt in das
Heiligtum zu gewähren. Er muss weichen.
Hallas Schließfach in diesem Tempel
des Mammon ist leer. Ich lege die Disketten auf den blanken Stahl, mache das
Fach zu und schließe es ab, lächele den ernsten Typen sündig an und gehe
hinaus in die Sonne.
Sonne? Wo
ist sie denn?
Ich hab’s doch gewusst! Sie ist
schon wieder hinter einer Wolke verschwunden.
»Am 9. Juli kommt der Sommer. Und
bleibt nur kurz.«
Sagt Mama.
12
Raggi gelingt es, die ganze Zeit ein
Pokerface zu bewahren, während er Hallas
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