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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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mich zutrat, breitbeinig, die Arme angewinkelt, wie Ringer es tun.
    »Und?«
    »Das kann ungesund sein.«
    »Schönen Helm haben Sie. Stammt sicher aus dem
    Windkanal und verkürzt den Weg zum Zigarettenautomaten garantiert um ein, zwei Sekunden.« Ich wollte Zeit gewinnen.
    Ich wollte den Kerl aber auch ärgerlich und somit unvorsichtig machen. Sein Fahrrad lehnte am Baumstamm. Mit zwei Schritten war ich da, wog es kurz in der Hand, es war leicht wie eine Feder und hatte sicher so viel wie ein
    Gebrauchtwagen gekostet. Ich hob das teure Stück über die Brüstung, rief: »Stehen bleiben!«
    Der Besitzer missachtete meine Warnung und ich warf das Rad über die Mauer. Sechs, acht Meter unter mir schepperte es und in einem Haus auf der Straßenseite zur Innenstadt ging das Licht an.
    Wieder ein Surren, diesmal hörte es sich an, als ob ein Lasso geschwungen würde. Ich konnte nicht nachschauen, was da auf mich zukam, ich musste den Kerl vor mir im Auge behalten.
    Das gelang mir auch. Aber nur kurz. Dann spürte ich einen Schlag auf dem Kopf und mit diesem Schlag erloschen die Lampen in dem Haus unterhalb der Mauer, und nicht nur die, alle Lichtquellen gingen aus, die Straßenlaternen, der Mond, die Sterne…
    Und ab ging es ins Mittelalter. Durch Nebelschwaden nahm ich wüste Gestalten in Wams und Lederhelm wahr, die bizarre Wurfmaschinen bedienten, neben ihnen Lanzenträger und Bogenschützen, die, zum Angriff bereit, Sturmleitern an die Stadtmauer legten. Und ich mitten unter ihnen, was gar nicht meine Art war. Sollte der Bischof von Köln seine Fehde gegen die abtrünnigen Soester doch selbst austragen. Was hatte ich, Elmar Mogge, keiner Kirche angehörend, mit diesem
    Glaubenskrieg zu tun? Der Kampf nähert sich dem Höhepunkt.
    Brandgeruch. Schreie. Stürzende Leitern. Fallende Leiber.
    Frauen schütteten durch die Pechnasen kochendes Wasser auf die Angreifer, während ihre Männer auf der Wallkrone mit Lanzen auf die Gegner einstachen, sie mit Steinen bewarfen und im Nahkampf lange Ketten schwangen, an denen mit Nägeln gespickte Kugeln hingen. Einen poetischen Namen haben diese Waffen. Wie hießen sie doch gleich? Mein Gedächtnis, irgendetwas schien mit meinem Gedächtnis nicht zu stimmen. Morgensterne? Ja, so hießen sie! Und so ein Ding musste mich getroffen haben.
    »Morgensterne.«
    »Morgenstern heißen Sie? Und Ihr Vorname? Jetzt sagen Sie nicht Christian!« Es war eine freundliche Stimme, sie gehörte einer Frau und diese Frau lachte. Bestimmt sah sie gut aus.
    Ich öffnete die Augen und erblickte eine Uniform. Eine Polizistin! Fast noch ein Kind, braune Haare, die unter der Mütze hervorlugten. Eine Taschenlampe hielt sie in der linken Hand, einen Gummiknüppel in der rechten. Der Morgenstern!
    Verdammt, ein weiblicher Bulle hatte mir einen übergezogen.
    Warum mir und nicht dem Kerl mit der Keule oder womit auch immer der zweite Radfahrer zugeschlagen hatte?
    Ich betastete meinen Hinterkopf, nickte mit dem Kinn zu dem Schlagstock. »Warum fuchteln Sie mit dem Ding vor mir herum?«
    »Sie waren drauf und dran, einem Spaziergänger ein Messer in den Bauch zu rammen.«
    Mein Messer, das ich immer am Unterschenkel trug, ich hatte es also noch vom Klettverschluss lösen und gegen die Angreifer richten können.
    »Einem? Sie waren zu zweit. Und im Übrigen keine
    Spaziergänger, sondern Radfahrer, Schlägertypen, die mich überfallen und mit Hockeyschlägern bedroht und wohl auch getroffen haben.« Ich richtete mich vom Boden auf. »Wieso sind Sie hier? Zufällig?«
    »Nein, mein Kollege, dem Sie etwas von einer Salzleiche erzählt haben, war der Meinung, Sie seien entweder ein Irrer oder einer vom Fernsehen, was auf das Gleiche rauskommt.«
    Sie lachte wieder. »Also bin ich Ihnen nachgegangen. Im Schein der Taschenlampe sehe ich einen Mann, der flieht, und einen mit einem Messer in der Hand – da konnte ich nicht lange Fragen stellen.«
    »Klar, erst einmal draufhauen. Ist das Soester Tradition?«
    »Nur auf Ihren Arm, damit Sie das Messer loslassen. Mehr war auch nicht nötig, plötzlich haben Sie weiche Knie bekommen, sind zusammengebrochen. Doch wohl nicht bei meinem Anblick?«
    Na, die war ja gut drauf. »Kann ich mein Messer
    wiederhaben?«
    »Wenn Sie sich ausweisen können.«
    Ich zeigte ihr meine Papiere, erzählte, dass ich selbst mal Polizist gewesen war und jetzt als privater Ermittler arbeitete, was sie jederzeit überprüfen könnte. Ich machte ein paar Angaben und nannte den Namen

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