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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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schon viel von Viren, Würmern, Trojanischen Pferden und dummen Internetspäßen gehört, aber dies hier schien mir doch eine andere Sache zu sein.
    Ich klickte bei Cetins Mail auf Antworten und schrieb ihm, dass er weitermachen sollte, lobte ihn zum wiederholten Male und fragte zum Schluss, ob es möglich sei, die wahre Identität eines chiffrierten Mail-Absenders herauszubekommen.
    Postwendend, mein Mitarbeiter schien ständig im Netz zu sein, kam die Antwort:
    Da sprechen wir später drüber. C.
    Ich bezahlte mein Frühstück plus Internetgebühren und fuhr zu dem Getränkegroßmarkt.
    Jürgen Dönges fuhr mit einem Gabelstapler aus der Halle und schob die Gabeln unter eine Palette mit Bierkästen, die auf der Ladefläche eines Lastwagens stand.
    »Hallo, Jürgen!«
    Er rollte mir beim Rückwärtssetzen nicht direkt über meine Füße, verfehlte sie aber nur um wenige Zentimeter. »Ach du, Elmar! Musst aufpassen!« Geschickt drehte er den Stapler auf der Stelle, hielt sich ein Nasenloch zu und schnaufte. »Was liegt an?«
    Sein Gesicht verriet mir, dass er wusste, wie weit ich inzwischen mit meinen Recherchen gekommen war. »Nur eine einzige Frage, Jürgen: Hattest du auch eins von Roy Appelts so genannten Schwellbildern gekauft?«
    »Nee, hab ich nicht, hätte ich schon, aber damals, als beim Klassentreffen die Sache verhackstückt wurde, fehlte mir die Kohle.«
    »Weil du die Kohle zuvor Peter Rugen geliehen hast und der hat sie dann Gewinn bringend in diese« – ich malte zwei Anführungszeichen in die Luft – »Sache investiert.«
    »Kann sein, Elmar. Bist ein Schlauer. Hatte dich gar nicht so in Erinnerung, warst in der Schule eher einer von den Stillen.«
    »Stimmt, habe mich erst entwickelt, nachdem ich raus war aus dieser muffigen Enge.«
    »Tja, der Großstadtdschungel. Dann mal viel Glück hier bei uns in den engen, muffigen Gassen.« Er brachte die Fuhre zur Lagerhalle.
    Der Bursche hatte Schneid, ließ sich nicht provozieren. Ich musste versuchen auf andere Weise an ihn heranzukommen.
    Als er zurückgekehrt war, fragte ich ihn, was er von Harry Kellers Themse-Boot hielt.
    »Wenn der Kahn jemals auf der Themse geschippert ist, dann bin ich in London zur Welt gekommen.«
    »Wenn nicht Themse, wo dann?«
    »Auf der Ruhr, aber Themse macht natürlich viel mehr her…«
    »Piccadilly Circus, Tate Gallery.«
    »Genau, Keller fährt ja auch ein Londoner Taxi, neben seinem Mercedes als Zweitwagen.«
    »Und das Taxi fuhr vorher in Lünen, Lippstadt oder Lütgendortmund?«
    »Nee, das stammt tatsächlich aus London, hat ihm ein Typ aus Oberhausen besorgt, der Schopinski.«
    »Schopper?«
    »Du kennst ihn?«
    »Dem Namen nach.« Ich fingerte einen Schein aus meiner Tasche. »Wollte eigentlich mit dir einen Kaffee trinken, aber da du keine Zeit hast.« Ich steckte ihm das Geld in den Overall, die alte Schmiermethode, die sogar bei ehemaligen Klassenkameraden ankam. »Und dieser Schopper hatte Keller auch das Ruhr-Themse-Boot besorgt?«
    »Ja, der hat es ihm sogar persönlich mit einem
    Spezialtransporter zum Möhnesee gebracht. Ich war dabei, als das Boot ins Wasser gelassen wurde. Bei der Aktion hab ich mir den Kahn auch genauer angeguckt und festgestellt, dass die englischen Schilder erst nachträglich angeschraubt worden waren. Übrigens, morscher Kahn, Trockenfäule im
    Unterwasserschiff, kaum zu reparieren. Der Schopinski hat Keller übers Ohr gehauen.«
    »Oder auch nicht.«
    »Oder auch nicht.« Er feixte, wippte mit dem Gasfuß.
    »Mach’s gut, Jürgen!«
    »Mach’s besser!« Dönges fuhr die Gabel hoch, ruckte die nächste Palette an und verschwand mit der Ladung in der Halle.
    Diesen Schopper musste ich mir bei Gelegenheit mal anschauen. Zunächst wollte ich jedoch in Soest bleiben.
    Harry Kellers neue Galerie war im Bogengang einer Stadtvilla untergebracht, nannte sich aber immer noch Kellers Kahn.
    Eine junge Frau war gerade dabei, die großen Flügeltüren aus Glas zu öffnen, die einen gelungenen Kontrast zu dem dunkelgrünen, fast blauen Soester Sandstein bildeten.
    Ich setzte mein kunstsinniges Gesicht auf und fragte nach dem Besitzer. Nachdem ich ihr meinen Namen genannt hatte, wählte sie eine Telefonnummer, hörte recht lange zu, um mir schließlich mitzuteilen: »Tut mir Leid, Herr Mogge, aber Herr Keller ist verreist.«
    Sie wurde rot bei der Lüge, was sie in meinen Augen sehr sympathisch machte und mir, nach den Ereignissen der letzten Tage, meinen Glauben an die Unverdorbenheit

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