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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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mit Arbeit überlastet, wie Anne es vermutet hatte.
    Auf dem Rückweg in die Stadt legte ich mir zurecht, was ich meiner Klientin berichten würde. Vom Hotel aus rief ich sie dann an.
    »Wie weit sind Sie gekommen, Herr Mogge?«
    »Die Aussagen der Befragten wiederholen sich, was
    normalerweise bedeutet, dass mit Überraschungen nicht mehr zu rechnen ist.«
    »Nicht so kryptisch, Herr Mogge. Was haben Sie denn nun herausbekommen?«
    Nix kryptisch, Frau Lehrerin. Ich brachte Anne Mehringer auf den neuesten Stand, sagte ihr, dass Peter Rugen, unter seinen Freunden als Bruder Leichtfuß und Liebling der Frauen bekannt, an einem Versicherungsbetrug beteiligt gewesen war, bei dem es einen Toten gegeben hatte.
    An die Explosion auf Kellers Kahn und an den verbrannten Tippelbruder konnte auch Anne Mehringer sich noch erinnern.
    Sie nannte es eine Tragödie.
    Ich wurde deutlicher: »Eine Riesensauerei!«
    »Ja, wenn Sie es so ausdrücken wollen. Warum aber wurde Peter Rugen umgebracht, warum?«
    »Eines Tages wird er wohl mit der Wahrheit herausgerückt sein. He, Jungs, ich zeige mich selbst an, mag er gesagt haben, vielleicht um sein Gewissen zu erleichtern, vielleicht aber auch, um die anderen Beteiligten zu erpressen.«
    »Ah ja?« Anne Mehringer schien von meiner Theorie nicht sonderlich überzeugt zu sein. »Sie selbst, Herr Mogge, waren doch mal bei der Polizei. Was meinen Sie, warum ist der Versicherungsschwindel mit Todesfolge damals nicht aufgeklärt worden?«
    Jetzt hätte ich ihr antworten können, dass statistisch gesehen die Aufklärungsrate bei Mord zwar sehr hoch war, dass aber schätzungsweise nur jeder zweite Mord überhaupt als solcher erkannt wurde.
    Stattdessen sagte ich: »Ich denke, dass die Polizei nicht übermäßig an der Sache interessiert war. Und die Versicherung wohl auch nicht, die wollte im Ort weiter Abschlüsse tätigen.
    Anders ausgedrückt, der öffentliche Druck fehlte. Volkes Stimme, soweit sie überhaupt von dem Fall erfahren hat, wird gesagt haben: Ein Penner weniger, was macht der Kerl sich auch an fremdem Eigentum zu schaffen. Wäre ein Kind verbrannt, ein Prominenter oder ein Wurf Hundewelpen – wer weiß, wer weiß. Im Normalfall läuft es doch so ab: Man liest die täglichen Horrormeldungen, erregt sich zwischen zwei Schluck Kaffee: Hast du gehört, bei einem Brand ist ein Stadtstreicher umgekommen, na so was! – Jetzt muss ich aber los, Schatz, im Büro wartet ein Haufen Arbeit auf mich. Noch ein letzter Schluck Kaffee, raus auf die Straße, die Meldung ist vergessen. Neuer Ärger wartet: kein Parkplatz. So geht es bei Unfällen, bei Mord und Totschlag und auch bei politischen Skandalen.«
    Anne Mehringer räusperte sich.
    Schnell hängte ich an: »Und manchmal, in ganz seltenen Fällen, kommt jemand und beauftragt einen privaten Ermittler.«
    »Danke, dass Sie es erwähnen. Und wie lange wird der private Ermittler noch brauchen?«
    »Noch einen, höchstens zwei Tage.«
    Ich hörte, dass meine Klientin tief durchatmete – zu gerne hätte ich den Grund gewusst.
    20.
    Es kam der vierte Tag meiner Recherchen. Wie an den Vormittagen zuvor ging ich ins Café und schaute in mein elektronisches Postfach. Von Tom Becker, dem ich meine E-Mail-Adresse mitgeteilt hatte, lag eine Nachricht vor. Sein Brief enthielt einen Anhang, der aus einer Zeitungsnotiz bestand:
    … Opfer eines Verkehrsunfalls wurde ein Fahrradfahrer, der in den späten Abendstunden des gestrigen Tages durch den Stadtwald im Duisburger Süden fuhr. Bei dem Opfer handelt es sich um den 48-jährigen Yannick Gorgas, der am Unfallort verblutete. Nach Aussage der Polizei wäre der Mann bei rechtzeitiger Hilfe zu retten gewesen. Doch allem Anschein nach beging der an dem Geschehen beteiligte Verkehrsteilnehmer Fahrerflucht. Hinweise nimmt jede…
    Die Meldung bestätigte, was Kurt mir gegenüber angedeutet hatte.
    Die zweite Mail, daran hatte ich mich mittlerweile schon gewöhnt, kam von dem geheimnisvollen, aus Zahlen
    bestehenden Absender:
    Hallo Schnüffler, Sie befinden sich am falschen Ort.
    Nachschrift: Das Lamm, es schreit, es will geopfert werden.
    Ich schloss meinen Briefkasten, löschte den ›Verlauf‹, wie es empfohlen wird, und zückte mein Handy.
    »Galerie Kellers Kahn, Simone Engel, wie kann ich Ihnen helfen?«
    Ich erkannte die freundliche Angestellte an ihrer Stimme und fragte sie nach Harry Keller, doch der war, wie ich schon vermutet hatte, nicht zu sprechen, jedenfalls nicht für mich. Ich wollte schon

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