Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
sich sofort daran, vor dem Gebäude ein loderndes Feuer zu entfachen, in das Mobiliar, Dokumente und alles andere Brennbare geworfen werden sollten. Ein anderer Trupp setzte in aller Eile einen stählernen Rammbock zusammen und brach durch die
Doppeltür. Einen Augenblick später strömten Yelads Schläger in das Gebäude hinein.
Raschid lachte, als die Schläger die Treppe heraufeilten. Kurz bevor ihn die erste Welle erreichte, gab er das Signal. Seine Überfalltrupps sprangen aus ihren Verstecken hervor und gingen sofort zum Gegenangriff über. Es waren fünfhundert Leute, und jeder einzelne von ihnen ebenso groß, gemein und fest dazu entschlossen, dem Gegner kein Pardon zu geben, wie Yelads Truppe.
Raschid packte den ersten Schläger am Arm mit dem Schlagstock, woraufhin ein trockenes Knacken verkündete, daß die Knochen brachen. Dann wirbelte Raschid zur Seite, erwischte den nächsten Schläger am Ohr und benutzte es als Hebel, um ihn damit zu Boden zu schleudern. Das Ohr blieb in seiner Hand, als der Kopf des Angreifers schon gegen eine vorspringende Treppenstufe knallte.
Raschid warf das Ohr in das staunende Gesicht eines dritten Schlägers. Noch während er dem Kerl in den Unterleib trat und sich bereits dem vierten Opfer widmete, sah er, wie Yelads Truppe unter der Wucht des Gegenangriffs in die Knie ging.
Es lief hervorragend. Raschid liebte nichts mehr als handgreifliche Wahlhilfe.
Lieutenant Skinner erreichte das letzte Wahllokal wenige Minuten bevor es geschlossen wurde. Trotz der späten Stunde war sie nicht in Eile.
Die Wahlnacht gehörte normalerweise zu
Skinners bevorzugten Zeiten. Immer gab es hier und da eine nette Keilerei und bergeweise herrenlose Mordida einzusammeln.
Diesmal war die Polizistin jedoch ziemlich unmotiviert. Rings um sie herum schien der Saft wie ausgetrocknet. Sie sah sich bereits in den Krallen der Armut zappeln, und ihr Hauptmann heulte ihr vor, daß es ihm auch nicht viel besser gehe. Blöder Hund! Sie war sicher, daß er seine Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebracht hatte. Ihre Kollegen in anderen Bezirken stöhnten über ähnliche Probleme.
Also war sie ziemlich hoffnungslos und ohne große Lust auf die Straße gegangen. Dort erfuhr sie, daß sie sich nicht getäuscht hatte. Ihre Stimmung hob sich dadurch nicht gerade. Nicht nur, daß es keine Mordida einzusacken gab, obendrein schien auch noch jeder Bürger geradezu darauf versessen zu sein, sich mit ihr anzulegen oder sich über sie lustig zu machen.
Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Yelads falsche Wähler vor den Wahllokalen in Empfang zu nehmen. Sie und ihr sechsköpfiges Team sollten sie von den A-Grav-Gleitern jagen, sicherstellen, daß sie zügig und korrekt wählten, sie dann wieder auf die Fahrzeuge verfrachten, woraufhin sie zum nächsten Lokal gekarrt wurden.
Doch fast niemand zeigte sich. Skinner ging kurz nach ihrer Ankunft an den Hörer. Beim ersten Mal kreischte ihr die aufgeregte Stimme am anderen Ende ins Ohr, daß alles nur etwas durcheinander und dadurch in Verspätung geraten sei. Beim zweiten Mal die gleiche Geschichte. Von da an waren sämtliche Leitungen nach draußen blockiert.
Schockiert mußte Skinner erkennen, daß sich in ganz Dusable die gleiche Sache ereignete. Polizisten wie sie versuchten voller Panik den gleichen Anruf zu tätigen.
Na schön. Dann mußte sie sich eben möglichst bedeckt halten, ihren Job verrichten und sich zu Hause betrinken, sobald die Wahl vorüber war.
Während der ganzen Nacht kamen nur eine
Handvoll A-Grav-Gleiter an. Aber auch das war kein Trost. Denn bei jedem Wahllokal erwartete sie eine Überraschung. Joygirls und Joyboys waren massenhaft auf der Straße, beschützt von jeder Menge Gangsterzuhälter, denen Skinner sich nur mit ernsthaften Selbstmordgedanken in den Weg gestellt hätte. Die Lustverkäufer stolzierten auf die Wähler zu, versprachen ihnen ein wenig hiervon und etwas mehr davon, und schon war die Sache geritzt. Die Gunst der Wähler verlagerte sich von Yelad auf Walsh. Die Belohnung dafür: einige süße Minuten an einem nahegelegenen dunklen Ort.
Skinner konnte nichts daran ändern. Dazu hatte sie nicht genug Schlagkraft hinter sich. Nach einer gewissen Zeit wurde sie selbst geil, und als sie den letzten Anlaufpunkt erreicht hatte, wußte sie nicht mehr genau, ob sie zu sauer war, um geil zu sein, oder zu geil, um sauer zu sein.
Dann fiel ihr Blick auf einen der Joyboys, der vor der langen Schlange der Wähler paradierte. Als sie
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