Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
Türknauf. Die Tür flog auf. Er erblickte eine schäbige Couch, einen Tisch und zwei flackernde Kerzen. Dann bauten sich links und rechts von der Tür zwei Schatten auf, ein schmutziges Handtuch wurde ihm über den Kopf gestülpt, die Arme an die Seite gepreßt, und er hörte das erstickte Gurgeln seines Bruders.
Mehr sah er nicht.
Gleich zu Anfang brannten sie ihm die Augen aus.
Die drei Wachen, die vor dem Haupteingang zu Iskras Palast auf und ab marschierten, fanden die Tukungbasi-Brüder.
Ihre Körper hingen an zwei eilig zusammengesteckten Dreibeinen, ungefähr fünfzig Meter vor dem Zaun des Militärgebiets.
Sie wurden erst identifiziert, als man ihre Abwesenheit bei einem eilig einberufenen Appell feststellte.
Ihre Folterer hatten sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
»Es gibt keinen vernünftigen Grund für den Tod dieser beiden jungen Soldaten«, knurrte ein grimmiger Colonel Jerety zu seinem Stab.
Genau das war der Grund, warum sie abgeschlachtet worden waren.
Sie waren die ersten.
»Ich habe eine Frage, Mr. Kilgour.«
»Bitte, Major.« Aus irgendeinem Grund schlug Cind einen offiziellen Ton an, und Alex ging darauf ein.
»Wenn jemand festgenommen wird und bis zu seiner Verhandlung in Haft sitzt, ist es da nicht üblich, daß ihm in irgendeiner Form eine rechtliche Vertretung gewährt wird?
Auch wenn die Verhandlung eine Farce ist? Sogar hier auf Jochi?«
»Denke schon.«
»Und ist es nicht normal, daß ein Gefangener mit seinen Angehörigen in Verbindung treten darf? Sogar hier auf Jochi?«
»Diesen logischen Sprung würde ich angesichts der Natur dieses charmanten Völkchens, mit dem wir es hier zu tun haben, nicht unbedingt mitmachen.
Sprechen Sie nicht in Rätseln mit mir, Major.
Was führen Sie im Schilde?«
Bevor Cind fortfahren konnte, fing Alex zu fluchen an. Er war selbst darauf gekommen.
Cind hatte sich Gedanken darüber gemacht, was mit den Personen geschehen war, die Dr. Iskra in der jüngsten Zeit hatte festnehmen lassen. Personen, von denen Iskra behauptet hatte, sie würden vor Gericht gestellt werden.
Ihr war nichts mehr davon zu Ohren gekommen, und eine rasche Suche in den Mediendatenbanken der Botschaft hatte ebenfalls nichts ergeben. Auch Freston, Stens überaus erfahrener Nachrichtenoffizier, konnte sich nicht erinnern, etwas in dieser Richtung gehört zu haben.
Als nächstes setzte sie sich mit Hynds, dem bereits eingetroffenen örtlichen Chef des Mercury Corps, in Verbindung. Nach dem Hinterhalt in den Slums hatte Hynds völlig das Vertrauen in seine spärlichen analytischen Fähigkeiten verloren und stufte alle seine Informanten nur als Grad III: unzuverlässig, Grad IV: womöglich von der Gegenseite umgedreht oder Grad V: Doppelagent, ein.
Er besaß drei Spitzel innerhalb des Militärs, alle von niedrigem Rang und alle außerhalb der wichtigen Kreise.
Hynds hatte sie kontaktiert. Sie waren alle verängstigt, keiner von ihnen erklärte sich dazu bereit, irgendwelche Daten zu beschaffen, und keiner von ihnen hatte etwas über den Verbleib der festgenommenen Militärs und Bürokraten gehört.
Bis auf eine Sache: Sie wurden, genau wie es Dr. Iskra Sten erzählt hatte, in der Festung Gatchin, weit im Norden von Rurik, festgehalten.
Kilgour ließ sich Cinds Fakten durch den Kopf gehen.
»Mmhmmm.«
»Hast du gerade etwas Unaufschiebbares vor?«
»Ja. Hast du schon nach dem Wetter gesehen?«
»Klar. Pack einen Parka ein.«
Kapitel 24
»Wir haben die vollständige Projektion -
mit
fünfundsechzigprozentiger Wahrscheinlichkeit - drüben im Strategieraum, falls Sie es sich genauer ansehen wollen, Sir.«
»Nein danke, Admiral«, antwortete Sten. »Ich verfüge mit Sicherheit nicht über Ihre Fähigkeit, diese blinkenden Lichtpunkte zu dechiffrieren - und die Zusammenfassung verrät mir auch so, wie angeschissen wir sind.«
»Ich erwarte Ihre Befehle.«
Sten hatte inzwischen genug von Masons Benehmen.
»Admiral? Dürfte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?«
Mason nickte dem Deckoffizier zu, damit er die Brücke übernahm, und folgte Sten in seinen Aufenthaltsraum.
»Admiral«, begann Sten ohne Umschweife, »ich selbst habe Sie für diesen Einsatz angefordert, weil ich Sie für professionell genug hielt, Befehle auszuführen und persönliche Animositäten beiseite zu lassen.
Ich habe mich getäuscht. Seit unserer Ankunft auf Jochi benehmen Sie sich wie ein trotziges Kind, das denkt, seine Streifen am Ärmel machen es zu einer Art
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