Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
erbauen zu lassen, anstelle es dafür einzusetzen, sein Volk zu ernähren. Seine Leute haben die Schnauze voll.
Ich habe ihn sogar wegen seines Verhaltens verwarnt. Vor ungefähr einem Jahr ist unser Botschafter im Altai-Cluster abberufen worden. Reine Routinesache. Keineswegs Routine ist jedoch, daß ich bislang noch keinen Ersatz für ihn bestimmt habe.«
>Gegen den Khaqan anzutreten ist allerdings eine ziemlich schwierige Aufgabe<, dachte Sten. »Ich wundere mich nur, daß er inzwischen nicht aufgewacht ist«, sagte er.
»Ich auch. Aber wie gesagt, er ist alt, seine Wege sind fest eingefahren. Aber wenn er untergeht, haben plötzlich sämtliche ungläubigen Thomasse unter meinen Verbündeten die Hosen voll. Sie werden mehr. AM2 verlangen. Das wiederum bringt die Wirtschaft in unübersehbare Schwierigkeiten.«
Sten verstand. Sämtliches Geld war an den Wert der zugrundeliegenden Energieeinheit des Imperiums gebunden.
Wurde mehr davon produziert, setzte eine inflationäre Geldentwicklung ein. Produzierte man weniger, resultierte daraus eine Deflation. Es war also ein Doppelknaller: Da es wenig Energie gab, gab es auf dem Markt weniger Güter.
Infolgedessen schössen die Preise nach oben, was zu noch größerer Verknappung führte, zu Schwarzmärkten und unruhigen Bevölkerungen.
Der Imperator vollführte einen gewaltigen Drahtseilakt.
»Wer soll denn Nachfolger des Khaqans werden?«
erkundigte sich Sten.
Der Imperator seufzte. »Niemand. Er hat keinen lebenden Erben. Außerdem ist er ein Kleinklein-Krämer. Mischt sich in jede Kleinigkeit ein, angefangen von wieviel Wasser im Schwimmbecken des Hauptpalastes sein soll bis hin zu den Preisen, die ein A-Grav-Taxi verlangen darf. Er würgt jede Initiative ab. Als Kapitalist ist der Khaqan so la-la. Als Manager hingegen ist er unmöglich.«
Der Imperator stürzte mehr Bier hinunter. »Trotzdem wird er jetzt immer verzweifelter. Er bittet mich um ein Zeichen meiner Unterstützung. Etwas, das seinen Leuten zeigt, daß ich auf seiner Seite stehe. Zusammen mit dem AM2, natürlich.«
»Und Sie möchten, daß ich dieses Zeichen sein soll«, sagte Sten.
»Genau. Veranstalte eine große Show für ihn. Du bist einer meiner Top-Helden. Medaillen. Auszeichnungen. Siege.
Sowohl auf dem Schlachtfeld als auch auf diplomatischem Parkett und der ganze Schamott. Ich lasse meine Medienleute ein ganz großes Ding damit aufziehen. Was nicht heißen soll, daß du viel Unterstützung notwendig hättest.« Er blickte Sten an. Doch jetzt lächelte er nicht mehr; er sah besorgt aus. Sten kam zu dem Schluß, daß er nicht unbedingt wissen mußte, was sein Boß gerade dachte.
Der Imperator riß sich aus seinen Gedanken heraus und grinste. »Nimm dir mit, wen du willst - deine Bhor-Kumpane, irgendwelche Einzelkämpfer, deine übliche
Expertenmannschaft, wen auch immer. Sorge nur dafür, daß sie alle wie aus dem Ei gepellt aussehen. Und damit die ganze Angelegenheit auch wirklich eine Flaggenparade wird, sollst du mein privates Schiff dafür benutzen. Die Victory.«
Das wiederum zauberte ein Grinsen auf Stens Gesicht.
Der Imperator lachte. »Ich dachte mir schon, daß du dafür zu haben bist.«
Die Victory war ein Wirklichkeit gewordenes Traumschiff.
Ein Schlachtschiff/Einsatzschiff-Träger der neuen Klasse, aber nach den Sonderwünschen des Imperators umgebaut. Fürstlich von oben bis unten. Um die Eingeborenen zu beeindrucken, wie der Imperator zu sagen pflegte. Absolut alles an diesem Schiff war ultraluxuriös, von den Mannschaftsunterkünften bis hin zur Imperialen Suite.
»Na, das nenne ich wirklich eine gelungene
Stellenausschreibung«, sagte Sten und prostete seinem Boß zu.
»Aber wenn ich den Khaqan schon in der Öffentlichkeit umarmen und abküssen muß - wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten, wenn wir allein sind?«
»Unterkühlte Höflichkeit«, sagte der Imperator. »Eindeutig reserviert. So gruselig, wie nur möglich. Ich will, daß er meine Augen in deinen sieht. Sag ihm, daß ich versprochen habe, sofort einen neuen Botschafter einzusetzen. Außerdem ... Ich brauche auch ein paar Informationen darüber, wer denn sein Nachfolger sein wird, wenn er den Löffel abgibt. Auf diese Art kann ich mit dem Kerl schon mal ein paar Worte wechseln.
Vielleicht trägt es ja dazu bei, das Leben im Altai-Cluster ein wenig netter - und stabiler - zu gestalten, wenn der alte Knabe nicht mehr ist.«
Sten nickte. Er hatte die Anweisungen verstanden. Ihm war auch klar, daß
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