Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
gedacht«, sagte Sten. Er drückte einige Tasten, und der Computer baute gehorsam über dem Tisch, an dem sie saßen, ein drei Meter großes Hologramm der Victory auf. Nach einer weiteren Tastenkombination fing der Computer an, das Hologramm aufzublättern und den neuen Schlachtkreuzer aus jedem Winkel darzustellen, Deck für Deck.
»Ich hab' schon gehört, daß das hier so 'ne Art Zwittergerät sein soll«, sagte Alex. »Es kommt mir allerdings eher vor wie in drei bis vier Richtungen ausgerichtet.«
Sten nickte zustimmend. Er fühlte sich in mehrfacher Hinsicht nicht sehr wohl. Da war zunächst einmal die eigentliche Bestimmung der Victory als Kriegsschiff. Sten hatte einige Erfahrungen mit Geräten, Fahrzeugen und Raumschiffen gesammelt, die einen doppelten oder gleich mehrere Zwecke erfüllen sollten. Fast ausnahmslos lief es darauf hinaus, daß das jeweilige Objekt eine ganze Reihe seiner Aufgaben schlecht erfüllte - und keine einzige davon richtig.
Schlachtkreuzer basierten beispielsweise auf äonenalten Entwürfen für Schiffe, die genug Saft hatten, um so gut wie alles wegzuputzen - bis auf die größten Schlachtschiffe und Monitore - und genug Schub, um den ganz Großen zu entwischen. In der Praxis geschah es jedoch oft, daß diese Klasse zu langsam war, um kleinere Schiffe zu jagen und zu zerstören, andererseits aber ihre liebe Not hatte, den Ungetümen zu entkommen. War ein solches Schiff einmal eingeholt, erwies sich seine Bewaffnung, die für einen vereinzelten Zerstörer allemal ausreichte, als nicht stark genug, um ein großes Schlachtschiff ernsthaft zu beschädigen, und seine Verteidigungssysteme - ob aktiv oder passiv - waren zu schwach.
Sten war sämtliche von den Konstrukteuren versprochenen Besonderheiten der Victory durchgegangen und hatte sie mit der tatsächlichen Leistung verglichen, die der Schlachtkreuzer bei seinen Tests an den Tag gelegt hatte. Falls sich die Imperialen Beschaffungsleute nicht kräftig hatten schmieren lassen, was nicht unmöglich, aber doch recht unwahrscheinlich war, dann sah es ganz so aus, als sei die Victory eine höchst effektive Waffe.
Das Problem lag in den Einsatzschiffqualitäten, auf die der Imperator offensichtlich sehr viel Wert legte. Das hintere Drittel der Victory bestand aus Hangars, Waffendepots und Mannschaftsunterkünften für eine komplette Flottille von Einsatzschiffen - drei Geschwader zu je vier Schiffen. Die Schiffe gehörten zur Baureihe der Bulkeley-II-Klasse, die während des Krieges mit den Tahn entwickelt und verbessert worden war. Es handelte sich um etwas über einhundert Meter lange Nadeln, deren einziger Zweck in Zerstörung bestand. Sie waren entwickelt und gebaut worden, um mit großer Geschwindigkeit anzugreifen, zuzuschlagen und wieder zu verschwinden. Alles weitere - Komfort für die Besatzung, Verteidigungsvorrichtungen, Panzerung - war sekundär oder fehlte gleich ganz. Geistig gesunde Piloten haßten Einsatzschiffe, denn sie erforderten ständigen Kontakt des Piloten mit dem Schiff, und sie sahen nicht den kleinsten Fehler nach - mit meist tödlicher Konsequenz. Sten liebte sie.
Deshalb hielt er diese zusätzlichen Qualitäten der Victory einerseits für etwas Positives. Andererseits hieß das aber auch, daß das Hinterteil der Victory eine fliegende Zeitbombe war, vollgepackt mit empfindlichen Sprengstoffen, Treibstoff und Waffenarsenalen. Die gewaltigen Hangar-und
Instandsetzungsbereiche bedeuteten, daß jeder Treffer in diesem Abschnitt den Schlachtkreuzer vernichten konnte.
Außerdem war die Victory dadurch um das Heck herum mehr als nur ein wenig blind und wehrlos. »Das wird ein Problem«, hatte Kilgour klar erkannt. »Falls wir also nicht rechtzeitig vom Acker sind, müssen wir uns im Rückwärtsgang zurückziehen, die Röcke bauschen und mit unserem damenhaften Schirmchen um uns schlagen.«
Dieses Bild aus den alten viktorianischen Tagen betonte die letzte Eigenart der Victory: ihren vollendeten Luxus. Sten wußte bereits, daß das Schiff auf Luxus ausgerichtet worden war - selbst der letzte Putzlappenschwinger hatte seinen eigenen Wohnbereich. Die Küche war mühelos dazu in der Lage, Imperiale Konferenzbanketts zuzubereiten und aufzutischen.
Bis zu einem gewissen Grad war Sten das nicht unangenehm. Eine schlanke, spartanische Kampfmaschine mochte zwar in den Livies einiges hermachen, aber Sten wußte aus seinen Tagen als Einsatzschiffkommandant noch sehr genau, daß man nach drei oder vier Wochen im Einsatz
Weitere Kostenlose Bücher