Sten 8 Tod eines Unsterblichen
ihnen gleich irgendein gehöriger Mist aufgetischt werden. Sie hatte sich lange genug durch das Labyrinth Imperialer Politik geschlängelt, um zu wissen, daß gute Nachrichten sofort bekanntgegeben wurden. Schlechte Nachrichten hingegen wurden bis zum Ende verdrängt.
Sie bemerkte, daß Admiral Anders einen
flüchtigen Blick auf sie warf. Ihre Anwesenheit machte ihn eindeutig nervös. Guuuut! Sie schenkte ihm ihr widerlichstes Grinsen. Anders tat so, als hätte er nichts bemerkt, und widmete seine feierliche Aufmerksamkeit wieder seinem Presseoffizier.
"... als die größte Schwierigkeit", sagte der Mann,
"haben sich dabei die zahlreichen
schwerbewaffneten Verbände erwiesen, die jede dieser höchst unberechenbaren Spezies unter ihrem Kommando stehen hat. Zunächst einmal wurden diplomatische Anstrengungen unternommen, sich mit den Kommandeuren der Verbände, die Dr. Iskra feindlich gegenüberstehen, an einen Tisch zu setzen.
Außerdem wurden so schnell wie möglich Imperiale Truppen entsandt, um Dr. Iskra beim Erhalt des Friedens Hilfestellung zu leisten. Diese Truppen standen unter dem Kommando eines der fähigsten und loyalsten Offiziere des Imperators, Admiral Mason..."
In Ranetts Kopf begannen Alarmglocken zu läuten. Warum dieses verschwenderische Lob für Mason ? Ihr war auch der Gebrauch der
Vergangenheitsform nicht entgangen: "... die Truppen standen unter dem Kommando ..." Dann wurden die Alarmglocken sogar noch lauter. Der Presseoffizier hatte ohne nähere Erklärung den Namen des Mannes unter den Tisch fallenlassen, der die diplomatische Mission angeführt hatte: der Bevollmächtigte Sonderbotschafter Sten. Sie wußte, daß Sten eine der prominentesten Persönlichkeiten im Stab des Ewigen Imperators war. >Armer Wicht<, dachte Ranett. Ihrer Einschätzung nach wurde Sten entweder als Sündenbock aufgebaut oder zur Exekution vorbereitet. Sie fragte sich, ob letztere vielleicht schon stattgefunden hatte.
"Trotz der vielen Schwierigkeiten", fuhr der Presseoffizier fort, "sind wir froh, Ihnen heute mitteilen zu können, daß sich die Situation im Altai-Cluster stabilisiert hat. Die Ordnung wurde wiederhergestellt. Wir gehen davon aus, schon in naher Zukunft in der Lage zu sein, die
Kommunikation mit dem Cluster sowie die Reiseverbindungen wieder freigeben zu können."
>Genauuu!< dachte Ranett. Sie wußte, wann sie bis zu den Kniekehlen im Dreck watete. "Nahe Zukunft", das bedeutete höchstwahrscheinlich ...
nicht mehr in ihrem Leben.
"Damit wäre der Hintergrundteil der Tagesordnung abgeschlossen", sagte der Nachrichtenoffizier mit einem falschen Lächeln.
"Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, verehrte Vertreter der Presse. Und jetzt wird uns Admiral Anders auf den Stand der neuesten Entwicklungen bringen. Wir heißen ihn in unserem Kreis herzlich willkommen."
Verhaltener Applaus, während Anders nach vorne kam. Das machte Ranett wütend. Ihr entging nicht, daß der meiste Applaus von den Starmoderatoren kam. Ob Menschen oder Nonhumanoide, für Ranett sahen sie alle gleich aus: prächtig, reich und selbstzufrieden.
"Dies ist ein sehr ernster Augenblick für mich, verehrte Anwesende", stimmte Anders an.
"Schweren Herzens teile ich Ihnen mit, daß einer der Unseren all das verraten hat, wofür ich ... und Hunderttausende von Angehörigen der Imperialen Streitkräfte ... standen und stehen."
Ranett beugte sich vor. >Jetzt kommt's<, dachte sie.
"Erst vor wenigen Stunden kam Admiral Mason einem Plan auf die Schliche, Seine Majestät, den Ewigen Imperator, zu stürzen."
Unter den Pressevertretern brach ein schnell anschwellendes Gemurmel aus. Anders hob eine Hand, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er bekam sie.
"Der Putschversuch, der die Unruhen im Altai-Cluster als Tarnung benutzte, wurde bereits wenige Augenblicke, nachdem er Gestalt annahm, enttarnt.
Admiral Mason stellte die Täter - und vernichtete sie.
Diese Aktion kostete ihn selbst das Leben.
Ebenso wie alle anderen Truppen an Bord seines Schiffes."
Das grollende Gegrummel verwandelte sich in einen Donnerschlag. Nachrichtenleute sprangen auf die Beine und versuchten sich schreiend Gehör zu verschaffen. Ranett blieb sitzen und beobachtete Anders mit voller Konzentration. Sie bemerkte, daß seine linke Wange zuckte. Und seine Augen leuchteten allzu hell. Ihre Schlußfolgerung: der Admiral war ein verlogenes Stinktier.
Wiederum hob Anders die Hand. Wieder kehrte Ruhe ein. "Der Putsch wurde von einer Person gesteuert", sagte er,
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