Sten 8 Tod eines Unsterblichen
bist das größte Lebewesen in diesem Ozean. Nein, bist du nicht. Es gibt etwas, das größer ist als du. Es sitzt direkt vor dir. Du bist ein Raubtier. Du kannst alles in diesem Ozean auffressen. Nein, kannst du nicht. Du hast schon probiert, ein Stück von diesem Ding abzubeißen.
Deine Zangen haben kein Stück abgekriegt. Das ist eine ungewöhnliche Situation. Du steckst in der Klemme. Besser, du verdrückst dich irgendwohin, wo diese Kreatur nicht ist.
Der riesige "Trilobit", wie Sten ihn getauft hatte, ließ seine "Beinchen" flirren und huschte davon, verschwand im wogenden Treiben der Algen.
Sehr gut. Sten ging noch einmal die letzten Überlegungen durch, die er sich zurechtgelegt hatte, bevor ihn diese Kreatur erschreckt hatte. Der Gliederfüßler stellte keine Gefahr für Sten dar, schon gar nicht, weil Sten einen Raumanzug trug.
Aber wenn diese verdammten Scheren einem so dicht vor dem Visier herumschnappten, fiel es schwer, daran zu glauben.
Der Richtstrahl aus dem Anwesen der "Familie Shahryar", den sie beinahe verpaßt hätten, hatte die Victory noch tiefer in das schwarze Jenseits geführt, tiefer in den noch kaum erforschten Weltraum hinaus. Der Strahl traf mehrere hundert Lichtjahre lang weder auf ein Sonnensystem noch auf ein anderes Objekt.
Doch dann kam dieses Sonnensystem. Drei Planeten, ein Mond und eine Sonne. Kein totes System, wie die Relaisstation, die Kyes entdeckt hatte, die Relaisstation, die sich nach seinem Eindringen selbst zerstört hatte. In diesem System war das Leben gerade am Entstehen.
Sten hatte die Victory am äußeren Rand des Sonnensystems gestoppt, aus Angst davor, der kleinste Fehler könnte den dünnen
Verbindungsfaden kappen, wie es schon bei so vielen anderen zuvor geschehen war. Dann mußten sie die nächste dieser Luxusherbergen ausfindig machen und versuchen, Cinds Erfolg zu
wiederholen. Oder diesem einen Strahl hinaus ins Unbekannte zu folgen. Wahrscheinlich würde es kaum mehr als eine oder zwei Lebensspannen dauern, bis sie den Topf voll Gold am Ende dieses beinahe unendlichen geraden Regenbogens fänden.
Freston kehrte erneut zu seinem eigentlichen Metier, der Funkkonsole, zurück. Er hatte Sten garantiert, daß der Richtstrahl aus dem Herrenhaus genau auf den zweiten Planeten dieses
Sonnensystems traf.
Sten verfrachtete Freston, Frestons
Funkspezialisten, Hannelore La Ciotat und sich selbst auf die Aoife und koppelte La Ciotats Einsatzschiff erneut an den Zerstörer.
Langsam und vorsichtig näherte sich die Aoife dem Planeten. Eine wirklich noch sehr junge Welt.
Die Kontinente versanken ganz langsam, und überall breiteten sich flache Ozeane aus. Kambrisch, lautete die korrekte Beschreibung; jedenfalls hatte ihn Gind darüber aufgeklärt und ihm nahegelegt, eines schönen Jahrhunderts in seiner Freizeit den einen oder anderen Kurs in Geologie zu belegen.
Sie suchten intensiv. Mit bloßen Augen und mit allen möglichen aktiven und passiven elektronischen Ortungsgeräten. Es dauerte eine volle E-Woche, bis Freston auf etwas stieß. Er hatte einige merkwürdige Signale von der Küste empfangen. Dort unten war etwas, das künstlich zu sein schien. Doch sämtliche Oberflächenabtastungen, von Infrarot bis hin zu Radar, besagten, daß es sich bei dem Gebiet lediglich um eine der vielen felsigen Erhebungen dieser noch sehr sterilen Landmasse handelte.
Freston schlug vor, eine Sekunde lang einen Funkstrahl auf der Frequenz des Richtstrahls von der Aoife loszuschicken. Bei dem Versuch fing er mehrere Strahlechos auf. Seiner Theorie nach hatte man in diesem Gebiet eine oder mehrere Antennen in der Oberfläche des Planeten vergraben. Antennen, die sowohl empfangen als auch weiterleiten und zurücksenden konnten.
Sten dachte darüber nach. Der kleine Mond, den Cind untersucht hatte, war vor lauter Antennen, einem versteckten Unterschlupf sowie einer Energieversorgung und einem Vorratslager völlig ausgehöhlt gewesen. Der Imperator war zu gerissen, um stets die gleiche Art von Planeten für seine Relaisstationen auszuwählen, aber es sah so aus, als hätte er jeweils die gleiche Ausstattung dafür verwendet und die meisten dieser Stationen aus Sicherheitsgründen unter der Planetenoberfläche verborgen.
Oder unter Wasser.
Bei diesem Gedanken hatte Freston verächtlich geschnaubt -warum sollte man ein zusätzliches Störfeld, wie es eine Flüssigkeit darstellte, akzeptieren, ganz abgesehen von Ablagerungen, Krustentieren mit Klauen und allem anderen? Sten
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