Sten 8 Tod eines Unsterblichen
die Freiheit zu erringen.
Stens Truppen - angefangen von den Resten seines Botschafterstabs über die Bhor und Gurkhas bis zu den verbliebenen Soldaten der Imperialen Raumflotte - litten noch unter den Strapazen des letzten, langen Einsatzes. Seit sie im Altai-Cluster angekommen waren, hatte eigentlich keiner von ihnen eine freie Minute gehabt. Sogar die Gurkhas waren müde und nicht die Spur mehr blutrünstig.
Müde Wesen begehen Fehler, und Sten konnte sich jetzt absolut keinen Fehler leisten.
Er verteilte seine vier Schiffe über die Wolfswelten, versteckte sie gut auf kleinen Raumhäfen und gab seiner Truppe Erholungsurlaub.
Stens einzige Sorge bestand darin, daß seine Anwesenheit bei den Bhor von Imperialen Agenten entdeckt wurde, doch Kilgour befahl ihm, sich gefälligst keine Sorgen zu machen. Er hatte bereits einen Plan und würde sich um diese nebensächliche Angelegenheit kümmern, bevor er selbst Ferien machte.
Letzteres hatte hauptsächlich mit Otho, reichlich Stregg und möglichst viel Putz, auf den er hauen konnte, zu tun.
Cind hatte den Befehl "Operation Ferien" bereits ausgeführt. Eine konventionellere Partnerin hätte vielleicht mit tropischen Ozeanen, verträumten aber erstklassigen Hotels und zwanzig Lakaien pro Gast geliebäugelt. Aber Cind stammte von den Jann ab, war bei den Bhor aufgewachsen, und sie war obendrein eine harte, erfahrene Feldsoldatin. Für sie bedeuteten Ferien Wildnis - und Stens eigene Vorstellungen zielten in eine sehr ähnliche Richtung.
Der Heimatplanet der Bhor war immer noch von Schnee und Eis bedeckt, obwohl die Bhor widerstrebend einige Gletscher weggeschafft hatten, als ihr Zivilisationsniveau und damit die Geburtenrate anstieg. Über diese Welt verstreut lagen vulkanische "Inseln" - Oasen inmitten des ewigen Eises. Die meisten davon waren schon vor Äonen von den Bhor besiedelt worden, einige trotz allem noch immer unbewohnt.
Cinds Plan war es, Sten auf eine davon zu entführen, und sie hatte versucht herauszufinden, welche dieser winterlichen Inseln die besten Möglichkeiten zum Skifahren und Klettern bot. Sten hatte Cind das Bergsteigen beigebracht, und sie hatte beschlossen, mindestens so gut zu werden wie er, womöglich noch einen Tick besser.
Aber auf einer neuen Luftaufnahme hatte sie etwas anderes, Passenderes entdeckt. Noch auf keiner Landkarte eingetragen. Völlig unbekannt.
Alles was man brauchte, um in einer Stunde dorthin zu kommen, waren ein Pilot und ein A-Grav-Gleiter.
Cind verzog verächtlich den Mund. Unter Ferien verstand sie etwas anderes. Schließlich bestand die Hälfte des Spaßes doch darin, hinzukommen.
Also brachten sie Kilgour dazu, sie mit dem Flugzeug an der Stelle abzusetzen, wo der Trampelpfad aufhörte; in fünf Tagen würde er wieder zurück sein, um sie abzuholen - oder die Suchtrupps losschicken. So schwerbepackt, daß sie unter der Last hin und her schwankten, machten sie sich anschließend allein auf den Weg.
Einer der Gründe dafür, warum sie so schweres Gepäck mitschleppten, war die Tatsache, daß weder Sten noch Cind Trockenrationen mitnehmen wollten
- dann konnten sie ebensogut in der Kaserne bleiben, auf ihren Einsatz warten und die standardisierten Rationen in sich hineinschaufeln. Sie waren eher bereit, sich für einen gewissen Komfort, der über die Grundverpflegung hinausging, ein bißchen zu schinden.
Sie arbeiteten sich auf Skiern durch die Ausläufer des eigentlichen Berges. Als der Weg immer steiler wurde, stiegen sie in einem gefrorenen Flußbett weiter bergauf, durch den Paß hindurch zu Cinds geheimer Stelle. Da die Landkarten für diese Wildnis nicht mehr taugten, mußten sie sich ab hier mit Hilfe der Luftaufnahme weiter durchschlagen.
So war es dann auch gekommen - bis sie ihren jetzigen Standort erreicht hatten, der nicht weit vom Berggipfel entfernt war. Der Fluß stürzte senkrecht in die Tiefe, ein dreißig Meter langer, gefrorener Wasserfall. Sie saßen in der Falle. Da hatte Cind ihn ja in eine wunderbare Klemme gebracht, dachte er.
Und äußerte es auch.
"Halt die Klappe", sagte Cind voller Fürsorge.
"Ich versuche mir gerade zu überlegen, ob wir vielleicht den Abhang wieder runterrutschen können
- bis zu der Schlucht, die wir vor einer Stunde oder so durchquert haben. Und vielleicht von dort aus zum Gipfel hochgehen. Vom Gipfel aus können wir dann zu unserem eigentlichen Ziel absteigen."
"Hört sich nach Arbeit an."
"Hör auf zu jammern."
"Ich jammere nicht. Meine Nase läuft.
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